Mülheim. Mülheimer sind entsetzt über die Enthüllungen aus der rechten Ecke. Am Sonntag ist eine Demo durch die City geplant. Das weckt Erinnerungen.
Die Protestwelle erreicht auch Mülheim: Eine große Demonstration gegen rechtes Gedankengut soll am kommenden Sonntag, 21. Januar, durch die Innenstadt ziehen. Getragen von zahlreichen Verbänden, Parteien, Akteuren und Vereinen. Angemeldet wurde sie von Nadia Khalaf, Co-Vorsitzende der Mülheimer SPD. Die Kundgebung unter dem Motto „Es reicht! Aufstehen für Vielfalt, Toleranz und Zusammenhalt“ startet um 15 Uhr auf dem Rathausmarkt.
Aktueller Anlass sind die Enthüllungen des Recherchenetzwerks „Correctiv“, das Geheimtreffen unter Beteiligung von AfD-Politikern, bei dem eine millionenfache Vertreibung aus Deutschland geplant wurde. Die Empörung darüber bringt derzeit in vielen Städten die Menschen auf die Straße, so demonstrierten am Montagabend rund 7000 Personen in der Nachbarstadt Essen. Nadia Khalaf sagt nun: „Ich glaube, dass auch in Mülheim viele entsetzt sind über die aufgedeckten Details.“ Leute hätten sie angeschrieben, gefragt, warum denn in Mülheim nichts stattfinde in Sachen Protest. Nun soll etwas passieren.
Demo durch die Mülheimer City, Kundgebung auf dem Rathausmarkt
Die SPD-Politikerin hat die Demo als Privatperson angemeldet, für 650 erwartete Teilnehmer, was die Polizei auf Anfrage bestätigt. „Ich habe tief gestapelt“, sagt Nadia Khalaf, „hoffe aber, dass es mehr werden.“ Geplant ist zunächst ein Demonstrationszug durch die Mülheimer City, anschließend eine Kundgebung auf dem Rathausmarkt mit kurzen Botschaften u.a. von Oberbürgermeister Marc Buchholz, dem SPD-Landtagsabgeordneten Rodion Bakum und dem Vorsitzenden des Mülheimer Integrationsrates, Hasan Tuncer. Gegen 17 Uhr soll die Kundgebung beendet sein.
„Die schweigende Mehrheit möchte nicht mehr tatenlos zusehen, wie sich rechtes Gedankengut bis hin zu Deportationsphantasien in unserem Land verbreitet“, heißt es in dem Aufruf, den Khalaf in der Stadt vielfältig verbreitet hat, wie sie sagt, an alle demokratischen Parteien, etliche Vereine und Verbände, die Kirchen, den Integrationsrat, das Theater an der Ruhr.
Bündnis „Mülheim stellt sich quer“ ist etwas eingeschlafen
Eine breite Front gegen Rechts hatte sich bereits vor mehr als vier Jahren in Mülheim formiert. Ende Oktober 2019 demonstrierten rund 2500 Menschen aller Altersgruppen gegen eine AfD-Veranstaltung in der Stadthalle, bei der Alice Weidel als Gastrednerin auftrat. Viele Mülheimerinnen und Mülheimer werden sich noch lebhaft an diesen Abend erinnern. Die Größe und Wucht des Protestes hatte damals überrascht.
Organisiert wurde die Anti-AfD-Demo im Herbst 2019 vom damals neu gegründeten Bündnis „Mülheim stellt sich quer“. Als Sprecher der Initiative fungierten Andrea Mobini (Die Linke), Fabian Jaskolla (Grüne) und Nadia Khalaf (SPD). Vier Monate später trat das Bündnis erneut öffentlich in Erscheinung - mit einer spontan organisierten Demo gegen ein AfD-Treffen in der Gaststätte Lierberg an der Saarner Straße. Und im Januar 2022 rief „Mülheim stellt sich quer“ zu einer Solidaritätsaktion in der Corona-Pandemie auf: Auf dem Rathausmarkt wurden etliche Kerzen entzündet, um ein Zeichen zu setzen gegen die sogenannten „Montagsspaziergänger“, gegen die Querdenker-Szene.
„Leider ist das Bündnis ,Mülheim stellt sich quer‘ momentan nicht aktiv“, erklärt Nadia Khalaf nun. „Es ist etwas eingeschlafen.“ So sei es nicht möglich gewesen, auf die Schnelle ein breites Bündnis für eine Kundgebung zu schaffen. Daher habe sie selber die Demo angemeldet. Ursprüngliche Idee sei gewesen, auf dem Kurt-Schumacher-Platz vor dem Forum zu starten, doch davon habe die Polizei abgeraten: Falls doch mehr als 650 Teilnehmer kommen, sei der Platz nicht geeignet. Die genaue Route des Demonstrationszuges durch Mülheim solle vorher nicht bekannt gemacht werden, erklärt die Polizei auf Anfrage.
Evangelische Kirche in Mülheim unterstützt den Demo-Aufruf
Zu den Ersten, die die Aktion öffentlich unterstützen, gehört die evangelische Kirche in Mülheim. Der Kirchenkreis An der Ruhr mit seinem neuen Superintendenten Michael Manz hat bereits am Donnerstagmorgen einen Appell an alle evangelischen Gemeinden und Einrichtungen in der Stadt gesendet: Alle Gemeindemitglieder, alle Mülheimerinnen und Mülheimer werden aufgerufen, an der Kundgebung teilzunehmen.
„Wir rufen dazu auf, friedlich zu zeigen, wofür wir stehen“, erklärt Superintendent Michael Manz. Für eine Gesellschaft, in der jeder und jede als Mensch respektiert werde, „ganz gleich, wo die Person herkommt oder woran sie glaubt. Wir sind alle Gottes Kinder und von gleicher Würde.“ Ihm persönlich, sagt Manz, bereite die immer größere Spaltung der Gesellschaft große Sorge, die er auch im Alltag wahrnehme: „Die Ausgrenzung von Menschengruppen. Das darf nicht sein.“ Das Engagement der evangelischen Kirche in Mülheim gegen diese Tendenzen soll sich nicht nur auf die Kundgebung am 21. Januar beschränken. Im Mai und Juni, vor der Europawahl, soll es Gottesdienste und Abendveranstaltungen zum Thema Antidemokratismus geben, kündigt der Superintendent an, unter dem Motto: „Unser Kreuz hat keine Haken.“
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