Moers/Kleve. Zeugenaussagen und verdächtige Baumarkt-Einkäufe belasten den Angeklagten im Mordprozess Kazim Tatar schwer. So äußert er sich zu den Vorwürfen.

Der Druck auf den Angeklagten im Moerser Mordfall Kazim Tatar wid größer. Am zweiten Verhandlungstag vor dem Landgericht in Kleve haben Zeugenaussagen Zweifel an der Einlassung des 49-jährigen Mannes aus Neukirchen-Vluyn aufgeworfen. Es geht um die die gewaltsame Tötung eines Änderungsschneiders aus Scherpenberg am 12. September 2022.

Beim Prozessauftakt hatte der Angeklagte ausgesagt, er habe seinen Freund vom Flughafen abgeholt und hätte sich nach einem gemeinsamen Frühstück Arbeiten im Garten Tatars gewidmet. Dann seien drei unbekannte Männer aufgetaucht, hätten Tatar erschossen und den Angeklagten im Anschluss geschlagen, gefesselt und gezwungen, mit dessen Auto Müllsäcke mit Teilen der zerstückelten Leiche in einen Wald auf seinem Arbeitsgelände zu bringen. Im November 2022 fanden Spürhunde den Körper dort 1,40 Meter unter der Erde.

Moerser Mordprozess: Freund und Ex-Frau nach Tötung von Kazim Tatar vor Gericht

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, selbst der Mörder zu sein und zudem einige Wochen nach der Tat einen schweren Brand in der Wohnung des zunächst vermissten Schneiders gelegt zu haben. Er soll laut Anklage aus Heimtücke und Habgier gehandelt haben, um sich am Geld und Gold des Verstorbenen zu bereichern.

Selbigem Vorwurf muss sich die Ex-Frau des Verstorbenen in einem separaten Verfahren stellen. Sie wird von der Staatsanwaltschaft als Initiatorin der Tötung beschuldigt. Zu der Ex-Frau seines engen Freundes soll der Angeklagte ein romantisches Verhältnis gepflegt haben, darauf deuten Chatnachrichten des Angeklagten sowie Aussagen von dessen Tochter bei der Polizei hin.

Mordfall aus Moers: Auffällige Einkäufe passen zu Standortdaten des Angeklagten

Auch andere Auswertungen von Handydaten erhöhen den Druck auf den 49-Jährigen, der beruflich mehrere Jahre bei Fleischereibetrieben in der Zerlegung tätig war. Mithilfe von nahezu zentimetergenauen Standortdaten konnten die Ermittler nachweisen, dass sich das Smartphone des Angeklagten zur Zeit der Tötung am Tatort befand und im Laufe des Tages immer wieder den Standort zwischen der Wohnung von Kazim Tatar und dem Wohnort des Angeklagten in Neukirchen-Vluyn wechselte.

Das Gerät erfasste ebenfalls zwei Besuche bei einem Baumarkt an der Franz-Haniel-Straße in Moers. Diesen konnte die Polizei auch zwei mutmaßlich passende Einkäufe zuordnen. Um 15 Uhr wurde dort Maurer- und Malermaterial erworben. Dieses könnte der Angeklagte genutzt haben, um die nachgewiesene Schussbeschädigung in der Küchenwand zu reparieren. Bei einem Baumarktbesuch gegen 19 Uhr wird ein Einkauf von mehreren Sägen, einem Winkelschleifer und einer Astschere in Verbindung mit dem Angeklagten gebracht.

Mord in Moers: Beschuldigter soll von Kazim Tatars Geld und Gold gewusst haben

Auch bei zwei Einkäufen an Tankstellen, welche bei einer Auswertung des Bankkontos des Beschuldigten aufgefallen sind, deuten die Beamten einen Zusammenhang mit der Tat. Sowohl nach dem Brand in der Wohnung als auch am Fundort der Leiche haben Ermittler laut Zeugenaussagen den Geruch von Benzin wahrgenommen.

Bei einem Blick auf die Kontobewegungen bemerkte die Polizei zudem, dass der Angeklagte am Tag nach dem Tod Tatars einen 200-Euro-Schein eingezahlt haben soll, einen Tag später waren es 3000 Euro in 50-Euro-Scheinen. Laut Anklage soll der 49-Jährige von Geld und Gold in einem Lüftungsschacht im Badezimmer Tatars sowie in einem gewaltsam geöffneten Tresor gewusst haben. Zudem habe der Beschuldigte mit einer Chatnachricht Monate nach dem Tod Kazim Tatars veranlasst, dessen BMW im Ausland für eine fünfstellige Summe zu verkaufen.

Angeklagter aus Neukirchen-Vluyn reagiert auf Aussagen: „Alle falsch“

Auch ein Zettel an der Tür der Änderungsschneiderei belastet den Angeklagten. Dieser soll am Tag des Todes Tatars aufgehangen worden sein und sollte dessen Verschwinden mit einer Verlängerung seines Urlaubes erklären. Nachdem der Zettel wieder abgelöst wurde, fanden die Ermittler Fingerabdrücke des Beschuldigten an den Resten eines Klebestreifens an der Tür.

Der Angeklagte wies die Zeugenaussagen mehrerer Polizeibeamter zurück. Standortdaten und Anklageschrift seien „alle falsch“.