Moers. Der Mord an Kazim Tatar ist eines der blutigsten Verbrechen der Stadtgeschichte. Nach zwei Jahren Corona blüht die Kultur in Moers wieder auf.
Ein brutaler Mord bedrückt immer noch viele Menschen in Moers. Dabei war lange nicht klar, dass es sich um eines der blutigsten Verbrechen der Stadtgeschichte handelt. Zunächst wurde der Schneider Kazim Tatar lediglich vermisst.
Im September war er aus einem längeren Türkei-Urlaub nach Moers zurückgekehrt. Hier betrieb er an der Homberger Straße eine Änderungsschneiderei und eine Heißmangel. Ein Zettel hinter der Glasscheibe schien darauf hinzuweisen, dass er „aus familiären Gründen“ in die Schweiz gereist war. Wochenlang passiert nichts, dann brennt es in der Wohnung, in der der Moerser gelebt hat. Das Feuer, stellt sich heraus, wurde gelegt. Die Polizei beschäftigt sich näher mit dem Vermisstenfall – und kommt Schritt für Schritt einem ungeheuren Verbrechen auf die Spur. Schon als die öffentliche Fahndung Anfang November beginnt, steht auf den Plakaten „Mord“, doch von einer Leiche fehlt jede Spur.
Ende November fahndet die Polizei nach einem Auto, das im Zusammenhang mit der Tat stehen könnte. Wieder ein paar Tage später nimmt die Polizei schließlich den 20-jährigen Sohn des Opfers und einen Bekannten (48) aus Neukirchen-Vluyn fest, gegen die beiden Männer erlässt die Staatsanwaltschaft Haftbefehle.
Es ist dann akribische Polizeiarbeit, die zu der Leiche führt. Am 24. November schlagen Spürhunde in einem kleinen Waldstück im Moerser Stadtteil Hülsdonk an. Am Ende eines umfangreichen Polizeieinsatzes gibt es dann schreckliche Gewissheit: Kazim Tatar wurde ermordet, seine Leiche zerstückelt und in 1,40 Meter Tiefe vergraben.
Doch die Ermittlungen gehen noch weiter, möglicherweise gibt es weitere Beteiligte an der Bluttat.
>>Das Comeback der Kultur<<
2022: das war auch das Jahr, in dem Kultur wieder Kultur sein durfte. Zwei lange Jahre hatte Corona den Machern alle möglichen Verrenkungen abgefordert, von der Absage bis zum reinen Video-Event.
Wie viele andere Kulturschaffende hatte auch das Ensemble des Schlosstheaters unter der Corona-Pandemie gelitten. Jetzt konnten Intendant Ulrich Greb und sein Team endlich wieder weitgehend ohne Einschränkungen arbeiten.
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Im Wallzentrum feierte im Mai ein Stück Premiere, das Regisseurin Paulina Neukampf für das Wallzentrum in Moers geschrieben hat: „Die Brutalität der Schönheit“. Die Zuschauerinnen und Zuschauer, so ist die Idee, begeben sich auf einen Rundgang durch ein Museum, ein Blick hinter die Kulissen inklusive – einfallsreich und brillant gespielt. Apropos Wallzentrum: Im Juni endete das auf drei Jahre angelegte, erfolgreiche Projekt „Das W“. Es hat Menschen zusammengebracht und ein neues Bewusstsein für das Gebäude und seine Bewohnerinnen und Bewohner geschaffen.
Jetzt geht plötzlich wieder ‘was, das merken zum Beispiel die Gäste des Moers Festivals zu Pfingsten. Auf gleich drei Bühnen, in der Enni-Eventhalle, am Rodelberg und am Gymnasium in den Filder Benden bieten der künstlerische Leiter Tim Isfort und sein Team ein großes Spektrum an Musik.
Auftritte wie die der Gamo-Singers aus Äthiopien oder der Geigerin Sana Nagano lösen endlich wieder Begeisterung aus. Auch die Festival-Märkte überzeugen, wenngleich der vor der Halle mit dem durchaus begrenzten Charme einer Baustelle fertig werden muss.
Eine gute Nachricht gibt es für Isfort und sein Team im November: Das Moers Festival erhält auch in den kommenden Jahren finanzielle Unterstützung durch den Bund. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat entschieden, das renommierte Festival ab 2024 mit 1,6 Millionen Euro zu unterstützen. Für 2023 war die Finanzierung ohnehin gesichert.
Zu alter Stärke findet auch das ComedyArts-Festival zurück, allerdings mit einem neuen künstlerischen Leiter. Carsten Weiss war für Betti Ixkes gekommen und hatte einen breiten Comedy-Bogen gespannt. Satire, Comedy, Slapstick: Es war für jede und jeden etwas dabei, die Eventhalle war nicht immer ausverkauft, aber immer gut gefüllt.
Wie groß der Einschnitt war, den Corona beim ComedyArts hinterlassen hat, machte Bürgermeister Christoph Fleischhauer vor dem Start des Festivals klar: „Es ist wichtig, dass wir etwas Neues spüren.“ Neues kam dann zum Beispiel mit dem Duo Ulan & Bator. Die Männer mit den ulkigen Strickmützen trafen mit ihren skurrilen Szenen und absurden Dialogen nach und nach den Nerv der Zuschauerinnen und Zuschauer: „Darf ich als Pazifist die Zeit totschlagen?“ (alf)