Moers/Kleve. Prozessauftakt im Mordfall Kazim Tatar am Landgericht Kleve: Angeklagt ist ein Mann aus Neukirchen-Vluyn. Er belastet jemand anderen schwer.
In Handschellen wird der mutmaßliche Mörder von Mitarbeitern des Klever Landgerichts in den Schwurgerichtssaal geführt. Die Kapuze seines schwarzen Hoodies hat er tief heruntergezogen, mit einer Akten-Mappe in der Hand verdeckt er sein Gesicht vollständig. Der Angeklagte bietet den Anwesenden im Saal am Donnerstagmorgen ein Bild der Scham. Kurz darauf, gleich zu Beginn der Verhandlung, leugnet er den Mord aus Heimtücke und Habgier, den ihm die Staatsanwaltschaft zur Last legt.
Moers- Spürhunde finden Leiche von Kazim Tatar in WaldstückBeim Prozessauftakt um die Tötung von Kazim Tatar hat der Angeklagte abgestritten, den Schneider aus dem Moerser Ortsteil Scherpenberg am 12. September 2022 getötet zu haben. Auch die ihm von der Staatsanwaltschaft vorgeworfene Brandstiftung in der Wohnung des Opfers am 7. Oktober, um Spuren zu verwischen und das Verschwinden Tatars zu erklären, bestreitet der Mann aus Neukirchen-Vluyn. „Ich glaube immer noch nicht, dass Kazim tot ist“, sagte der Beschuldigte, welcher derzeit in U-Haft in der JVA Kleve einsitzt.
Moerser Mordprozess Kazim Tatar: Angeklagter belastet Ex-Frau des Opfers
Wie er gegenüber der Kammer um den Vorsitzenden Richter Gerhard van Gemmeren schildert, sei er sowohl mit Tatar als auch mit dessen Ex-Frau befreundet gewesen. Diese habe ihn im August 2022 gebeten, jemanden zu finden, der dem nun Verstorbenen „die Arme und Beine brechen“ könne. Diesen Auftrag, den die Frau mit einer Belohnung von 10.000 Euro ausgerufen habe, gab der Angeklagte an einen Kollegen weiter, wie er berichtet.
Angeblich wollte die Frau erreichen, dass ihr Ex-Mann nicht mehr arbeiten könne. Nach der Scheidung habe es heftige Streitigkeiten um Geld und Eigentum zwischen den Eheleuten gegeben, so der Angeklagte. Nach seiner Darstellung habe er Tatar am Morgen des 12. September bei dessen Rückkehr von einer vierwöchigen Türkeireise am Flughafen Düsseldorf abgeholt.
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Nach einem gemeinsamen Frühstück in der Wohnung Tatars habe sich dieser nach seiner Reise ausruhen wollen, der Angeklagte habe sich in dieser Zeit Arbeiten im Garten seines Freundes gewidmet. Plötzlich, so der Angeklagte, hätten drei Männer an der Tür geklopft und sich im Anschluss laut mit Tatar im Inneren der Wohnung unterhalten. Nach einiger Zeit habe er zwei Schüsse gehört.
Diese Schüsse mit einer Pistole des Kalibers 9 Millimeter, von denen einer Tatar tödlich im Genick traf, schreibt die Staatsanwaltschaft jedoch dem Angeklagten zu. Wie dieser hingegen schildert, hätte er nach dem Knall die Gartenarbeit abgebrochen und einen Fluchtversuch gestartet. Diesen hätten die unbekannten Männer aber vereitelt, ihn geschlagen und mit Kabelbindern fixiert.
Ex-Frau des ermordeten Moersers in U-Haft – Anklage gegen Schwägerin aufgehoben
Die Ex-Frau des verstorbenen Moersers habe der Angeklagte am 4. Oktober 2022, etwa drei Wochen nach dem Tod, zufällig getroffen. Dabei soll diese gesagt haben, dass es nur zu der Tötung gekommen sei, weil ihr früherer Gatte mit einem Messer auf die Männer losgegangen sei, wie der Angeklagte berichtet. Von der Brandstiftung, welche die Staatsanwaltschaft ihm ebenfalls zur Last legt, habe er lediglich im Nachhinein durch ein Telefonat mit besagter Ex-Frau erfahren.
Diese ist zurzeit in Dinslaken inhaftiert. Gegen sie wird ein gesondertes Verfahren eingeleitet. Die Anklage wirft ihr vor, die Tötung ihres Ex-Mannes aus Habgier initiiert und sich an dessen Geld und Gold bereichert zu haben. Als Zeugin im Prozess gegen ihren Bekannten aus Neukirchen-Vluyn machte sie von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch. Die Anklage gegen ihre Schwester, der Schwägerin Tatars, wurde indes mangels dringenden Tatverdachts aufgehoben. Das bestätigte Alexander Lembke, Sprecher des Landgerichts Kleve, im Vorfeld der Verhandlung am Donnerstag.
Moerser Mordprozess: Angeklagter machte widersprüchliche Aussagen
Der Angeklagte hatte in der Vergangenheit bereits mehrere widersprüchliche beziehungsweise falsche Aussagen getätigt, wie Richter Gerhard van Gemmeren bemerkte. Zunächst hatte der Angeklagte gegenüber der Polizei beteuert, er habe Kazim Tatar zuletzt vor dessen Urlaub gesehen. Dann sagte er, er hätte das Mordopfer zwar vom Flughafen abgeholt, sei dann aber sofort nach Hause gefahren. In einer dritten Aussage sagte er, Tatar hätte ihn bedroht, woraufhin er ihn aus Notwehr erschossen habe. Diese Aussage zog er vor Gericht zurück. Er habe gelogen, da ihn die Männer, die angeblich für die Tötung verantwortlich seien, unter Druck gesetzt hätten und er Angst um das Leben seiner drei Kinder gehabt habe.
Für den künftigen Verlauf des Prozesses sind sechs weitere Termine anberaumt. Die Verhandlung wird am Donnerstag, 12. Oktober, fortgeführt und nach aktuellem Plan voraussichtlich am Montag, 20. November, abgeschlossen.