Moers. Brecht, Dostojewski und eine Art Unterwasser-Rave: Das Schlosstheater Moers stellt für die Spielzeit 2023/2024 sein umfangreiches Programm vor.
Schlosstheater-Intendant Ulrich Greb ist ganz unbescheiden: „Wir stellen den Kapitalismus auf die Bühne. Und zwar komplett.“ Dazu bedient er sich in der ersten Inszenierung der neuen Spielzeit 2023/2024 dreier Dinge, die ebenso unbescheiden sind: Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“, der originalen Musik von Paul Dessau in einer Bearbeitung der Improviser in Residence „Recursion“ – „Das wird laut und forsch“, sagt Greb – und eines Organismus, der sich stark verändern und anpassen kann und „am Ende immer dicker wird“, verrät der Intendant.
Dieser Organismus werde nicht unähnlich einem überdimensionierten Corona-Virus aussehen. Das hört sich nach einem rasanten Start in die neue Spielzeit an, die auch musikalisch besondere Akzente setzen wird. Kehrt doch Marissa Möller („Abbakustik“) zurück zum Ensemble. Ob die Greb-Inszenierung im Gegensatz zum Brecht’schen Original eine Antwort auf die Frage „Gibt es ein richtiges Leben im falschen?“ findet, lässt der Intendant offen.
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Die Spielzeit wird erstmals seit langem kein Motto haben. „Wir haben uns gegen einen Begriff entschieden, um dem allgemeinen Geschnatter nicht noch etwas hinzuzufügen.“ Vielmehr wolle man als Theater einen „trickreichen Abwehrzauber entfachen, um die Resilienzkräfte zu stärken.“ Nur so könne man handlungsfähig bleiben.
Inszenierung einer berühmten Geschichte
Auch die zweite Inszenierung wird ein Pfund: „Verbrechen und Strafe“, die eigentlich korrekte Übersetzung von „Schuld und Sühne“. Der Wälzer von Dostojewski hat 700 Seiten, die Carlotta Salamon für das Schlosstheater bearbeiten wird. So viel ist schon mal klar: Sie wird sich auf die Kriminalgeschichte konzentrieren, weniger auf die moralisch-religiösen Momente. Trotzdem sei die Kapelle an der Rheinberger Straße „hervorragend geeignet“, findet Greb.
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Auf das Kinderstück blickt das Ensemble mit besonderer Spannung, stammt es doch aus der Feder des Kinderbuchautors und IllustratorsKai Pannen. Der gebürtige Moerser traut sich erstmals an ein Theaterstück, anscheinend mit Erfolg: „Ich musste oft laut lachen beim Lesen“, berichtet Dramaturgin Sandra Höhne. Es geht um das Thema „Lügen“ und einen Angelfisch, dessen Stirnlampe immer dann angeht, wenn er lügt. Mit Licht findet er auch Nahrung. Schwierige Sache, sich dann gegen das Lügen zu entscheiden. Untermalt wird das Stück „Flunkeln im Dunkeln“ von elektronischer Musik von Emma Kaufmann: „So eine Art „Unterwasser-Rave“ kündigt Kathrin Leneke an.
Das Scheitern von Überlebenskünstlern
Wenn im Herbst die Stimmung düster wird, dann kommt das Schlosstheater krachend komisch mit Goldonis „Diener zweier Herren“ um die Ecke. „Eine tolle Komödie“, findet der Intendant, der das Stück auch selbst inszenieren wird. Er setzt bei dem Spaß vor allem auf den gerne saftig agierenden Matthias Heße. Es geht um prekäre Arbeitsverhältnisse. „Wir schauen Überlebenskünstlern beim Scheitern zu.“ Als Gast ist Lena Entezami dabei, die das Ensemble vor wenigen Jahren verlassen hat.
Das „Dream-Team“, so Greb über Damian Popp, Tanja Maderner und Jonas Schilling, knöpft sich Bernhard Shaws „Pygmalion“ vor, das bei ihnen zu „My fairest Lady“ wird. Das Trio hat in der vergangenen Spielzeit mit „Zwei Fleischfachverkäuferinnen“ auf sich aufmerksam gemacht.
Auch das Junge Schlosstheater bereitet sich auf die neue Spielzeit vor, unter anderem mit dem Stück „Etwas Besseres als den Tod finden wir überall.“