Moers. Die Polizei geht davon aus, dass der vermisste Moerser Kazim Tatar Opfer eines Verbrechens geworden ist. Sie setzt erneut Leichenspürhunde ein.
Dramatische Wende im Fall des vermissten Kazim Tatar: Die Polizei geht nun davon aus, dass der 56-jährige Moerser Opfer eines Tötungsdeliktes geworden ist. Man habe „belastbare Hinweise“, nach denen Tatar in seiner Wohnung an der Homberger Straße im Stadtteil Scherpenberg getötet wurde, erklärte der Leiter der Mordkommission, Arno Eich, am Freitag vor der Presse. Die Polizei setzte für die Suche nach der Leiche des deutschen Staatsangehörigen im nahen Scherpenberger Wäldchen Leichenspürhunde ein.
Kazim Tatar hat an der Homberger Straße 335 eine Änderungsschneiderei und gleich nebenan eine Heißmangel betrieben. An den verschlossenen Türen zu beiden Geschäftsräumen kleben jetzt die lilafarbenen Siegel der Polizei. Blusen, Röcke, Hosen und Wäschekörbe in Regalen weisen darauf hin, dass längst noch nicht alle Auftragsarbeiten von ihren Eigentümern abgeholt worden sind.
Die Wohnung von Kazim Tatar liegt dahinter in einem Anbau. Fest steht: Dorthin ist Tatar am 12. September nach einem mehrwöchigen Türkeiurlaub zurückgekehrt. Ein Zeuge habe gesehen, dass er vor dem Haus aus einem Pkw gestiegen sei, berichtete Arno Eich. Offenbar hatte ihn ein der Polizei Unbekannter vom Flughafen Düsseldorf abgeholt und zu Hause abgesetzt.
Mysteriöses Schild im Fenster
Anschließend jedoch blieb Tatar verschwunden. Tage danach hing, so sagen es Zeugen aus, am Schaufenster seiner Schneiderei ein Schild, auf dem vermeintlich er mitteilte, dass er aus familiären Gründen in die Schweiz verreist sei.
Sah die Polizei zunächst keinen Anlass, von einer Gefährdung des Mannes auszugehen, so änderte sich die Einschätzung schlagartig mit dem 7. Oktober: An diesem Tag brannte es zwischen 13 und 15.30 Uhr in der Wohnung, in der Kazim Tatar alleine lebte. Verletzt wurde glücklicherweise auch von den beiden Mietparteien im ersten und zweiten Obergeschoss des Hauses niemand. Die Untersuchungen ergaben aber, dass das Feuer gelegt wurde, so Kriminalhauptkommissar Eich. Zudem habe das Verhalten von Spürhunden gezeigt, dass der Scherpenberger in seiner Wohnung getötet wurde. Und es gebe dafür weitere Indizien, versicherte Eich. Diese wollte er aus ermittlungstaktischen Gründen nicht nennen.
Das mysteriöse Schild mit dem Hinweis auf die angebliche Reise in die Schweiz war nach dem Brand verschwunden. Wahrgenommen hatte es zuvor auch Gordon Pizerak, Inhaber des benachbarten Edeka-Marktes: „Das war untypisch für Kazim“, sagte Pizerak im Gespräch mit der Redaktion. Tatar sei Kunde in seinem Lebensmittelmarkt gewesen, er habe noch nach seiner Rückkehr aus der Türkei bei ihm eingekauft: „Es ist beängstigend, was jetzt möglicherweise geschehen ist.“
Fahndung mit Plakat
Über die Bundesgrenzen hinweg hat die Kripo Recherchen angestellt, um herauszufinden, was mit Kazim Tatar passiert sein könnte. Mit Fahndungsplakaten wendet sie sich nun an die Öffentlichkeit.
Die Kriminalpolizei fragt: Wer hat am Montag, 12. September, oder am Dienstag, 13. September, Beobachtungen am Haus auf der Homberger Straße 335 in Scherpenberg gemacht, die ungewöhnlich waren? Wer hat am Freitag, 7. Oktober, zwischen 13 und 15.30 Uhr in Zusammenhang mit dem Brand an diesem Haus Verdächtiges bemerkt? Da keine Leiche gefunden wurde, muss sie weggebracht worden sein, folgert die Mordkommission. Möglicherweise ist eine Person oder sind Personen mit einem großen Sack oder mehreren kleineren Säcken beobachtet worden, so Arno Eich. Am Freitag hängten die Ermittler Fahndungsplakate in Moers auf, außerdem in Homberg und Krefeld, wo sich Tatar ebenfalls aufgehalten hat. Sie hofft, dass dadurch Zeugen auf den ungewöhnlichen Fall aufmerksam werden (siehe Anhang).
Die Frage nach ungewöhnlichen Beobachtungen richtet sich nicht nur auf die Wohnung, sondern auch auf das Scherpenberger Wäldchen. Ein Spürhund habe seinen Hundeführer in diese Richtung gezogen, berichtete Kommissionschef Arno Eich. Eine Hundestaffel mit vier Tieren durchsuchte deshalb am Freitag die nahe Grünanlage. Ein Ergebnis der Aktion lag bei Redaktionsschluss nicht vor.
>>> Zeugen gesucht <<<
Für Hinweise, die zur Ermittlung des Täters oder der Täter führen, lobt die Staatsanwaltschaft Kleve/Moers eine Belohnung in Höhe von 3000 Euro aus.
Unter der Rufnummer 0203/280 4195 oder 280 4196 oder anonym unter 0203/280 3333 können sich Zeugen an die Polizei Duisburg wenden. Auch jede andere Polizeidienststelle nimmt Hinweise entgegen.