Neukirchen-Vluyn. Beim Mittelstandsforum in Neukirchen-Vluyn wurde über die Zukunft der Landwirtschaft diskutiert. Warum sich viele Bauern allein gelassen fühlen.
Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) aus Moers und Neukirchen-Vluyn lud in die Kulturhalle ein, um die Zukunft der Landwirtschaft zu diskutieren. Viele fühlten sich im Stich gelassen von der Regierung. Das solle sich zukünftig ändern, mit Hilfe der MIT als Wirtschaftsverband der CDU/CSU. Michael Darda aus dem MIT-Bundesvorstand begrüßte die Gäste und wurde sofort deutlich: „Die Landwirtschaft ist in der Krise – und das ist keine leere Worthülse. Unter anderem durch die Bürokratie bereitet sie uns schlaflose Nächte.“
Vor allem hätte man den angekündigten Besuch von Silke Gorißen, der Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW, erwartet. Sie hatte krankheitsbedingt abgesagt, doch Darda hätte eine Alternative aus dem Ministerium erwartet und wurde erneut deutlich: „Das ist ein Zeichen von Gleichgültigkeit.“ Viele hätten an dem Abend gerne mit der Politik gesprochen, denn sie wurde verantwortlich gemacht. „In unserem Staat ist einiges faul“, fuhr Darda fort.
Landesregierung NRW hätte bessere Entscheidungen treffen müssen
Er sehe das Tempo durch die Ampel-Bundesregierung erhöht und auch unter Bundeskanzlerin Merkel seien Fehler in der Landwirtschaft gemacht worden. Auch in der Landesregierung hätten Entscheidungen besser getroffen werden sollen.
Michael Darda nannte als Gründe die wachsende Abhängigkeit von Staaten außerhalb der EU, Inkompetenz und zu wenig Erfahrung in den Parlamenten und den Einzelhandel, der die Landwirtschaft im Griff habe. „Ich sehe die Landwirtschaft durch Dritte an den Pranger gestellt“, sagte Michael Darda. Aber man müsse sich auch an die eigene Nase packen, denn die Verbraucher erwarten meist die günstigsten Produkte, sollten jedoch heimische Bauern unterstützen. Er teile den Zorn und die Ohnmacht der Bauern und die MIT habe die Verantwortung für die Landbauern.
Stellvertretender Geschäftsführer des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes äußert sich
Nach Dardas Rede versprach auch Wolfgang van Bebber von der Volksbank Niederrhein: „Wir helfen individuelle Lösungen zu finden und in diesen turbulenten und herausfordernden Zeiten mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.“ Anschließend betrat Bernd Lüttgens das Rednerpult, die Gast-Alternative zur Ministerin Gorißen, als stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Rheinischen Landwirtschafts-Verband (RLV). Der RLV ist die Berufsvertretung für Bauern und ihre Familien im Rheinland und Lüttgens kannte sich dementsprechend aus, konnte Stellung beziehen. Probleme sehe er in den brechenden Wertschöpfungsketten durch sinkende Arbeitsplätze, Konsum-Reaktionen der Verbraucher und ebenfalls der zu wenig mutigen Politik.
Lüttgens Lösungen seien hier beispielsweise die in anderen Ländern auf der Welt akzeptierte Genscheren-Methode, um Naturpflanzen zu züchten und mehr Förderung für Bio-Bauern. Er appellierte aber auch an die lokale Landwirtschaft: Anpassung an den Konsum und Verbrauch sowie die Transformation der CO2-Neutralität, die kommen müsse. Ein gesellschaftlicher Konsens müsse her, den es aktuell nicht wirklich gebe. Ein Versuch, diesen zwischen Politik, Vertretern und Landwirtschaft herzustellen, gab es nach einer Stunde mit einem rund fünfundvierzig-minütigen Dialog.
Neukirchen-Vluyner äußern sich in der Debatte
Zuerst meldete sich Burkhard Lieftink aus Neukirchen-Vluyn zu Wort, der in der Ferkelerzeugung arbeitet. Er sehe die Schuld in den Landwirtschaftsministern der letzten Jahre, die von der Union gestellt wurden, aber keine Erfahrung hätten. „Die Leute haben keine Ahnung, aber erzählen uns, was wir machen sollen“, sagte Lieftink und bekam Applaus von den Anwesenden im Saal. Bernd Lüttgens vom RLV entgegnete ihm, dass es ein sehr kompliziertes rechtliches Problem in der Schweinehaltung gebe, welches sich verheddert habe.
Ein Kamp-Lintforter kritisierte die staatliche Unterstützung in der Bio-Förderung und diese an den Markt anzupassen. Lüttgens sagte, dass hier eine richtige Förderung gewährt werden und die politische Zielstellung nach dem Faktor der Nachfrage gehen soll. Ebenfalls wurden Probleme in der Energieerzeugung, Flächenzukunft und Konsumverhalten kritisiert. Nun müsse man die Punkte aus der Kulturhalle an die Politik herantragen. Vor Ort waren dafür neben den Rednern der Landrat des Kreises Wesel, Ingo Brohl, der Bürgermeister von Neukirchen-Vluyn Ralf Köpke und die stellvertretende Bürgermeisterin von Moers, Claudia van Dyck.