Kamp-Lintfort. Lecker: Die Bäckerei Büsch lädt zu Verkostungsabenden ein. Dabei lebt der Mensch nicht vom Brot allein. Und Bäcker Büsch hat eine Mission.
Heute Abend bleibt keiner hungrig: Sommelier-Abend bei der Handwerksbäckerei Büsch am Krummensteg. Sechs Brotsorten warten auf die Verkostung. 15 Interessierte haben sich dazu eingefunden. Und dem Chef, Norbert Büsch, ist es sichtlich eine Freude, den Gästen alles über Getreidesorten, Anbau, Verarbeitung und Geschmack zu berichten.
Gekommen ist beispielsweise Roswitha Dickmann aus Xanten. Ihr Mann hat ihr den Abend geschenkt. Sie backe viel, berichtet die 73-Jährige. Daher verspreche sie sich von dem Abend auch ein paar Tipps. Weitere Fans der Bäckerei sind heute aus Dortmund, Bochum, Essen und Duisburg angereist.
Salz verdirbt die Zunge, sagt der Meister
Zum Weizenbrot „Kartoffelkruste“, 90 Prozent Weizen und zehn Prozent Kartoffelflocken, reicht Mitarbeiterin Katja Becker milden Tortenbrie und eine Riesling Spätlese. „Schmeckt echt lecker“, bekundet die Xantenerin genießerisch. Derweil berichtet der Sommelier (die Ausbildung an der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk in Weinheim dauert anderthalb Jahre), dass Salz die Zunge verderbe. „Die Leute müssen wieder schmecken lernen.“
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Die „Missionare für Brot“, wie Büsch sich und seine Kollegen nennt, wollten nach Zeiten des „Geiz ist geil“, in denen das Toastbrot für 27 Cent zu haben war, eine Lanze für gutes Brot, für Handarbeit, Geschmack und Qualität brechen. „Heute Abend gibt es daher auch nur Weine von ehrlichen Winzern und guten Käse dazu“, erklärt Norbert Büsch. Das sei nicht wirklich eine Frage des Geldes: „Ein Brot unter 3,50 Euro ist ein preiswerter Luxus,“ ist seine Devise.
Ein Unterschied: Wo die Industrie schnellstmöglich backen müsse, denn Zeit sei Geld, gebe der Handwerksbäcker der Hefe und dem Sauerteig noch ausreichend Zeit bei der Verarbeitung. „Bei Weizen kann es sonst zu Unverträglichkeiten kommen, ein bestimmtes Enzym kann nur in langer Teigführung abgebaut werden“, erfahren die Brot-Verkostenden. Hefe, so die Antwort auf eine Teilnehmerfrage, brauche viel Zeit und niedrige Temperaturen bei der Verarbeitung, die erst am nächsten Tag stattfinden sollte. „Vor allem sollte man wenig Hefe nehmen.“
Brot zu schneiden, kann man lernen
Zum „Multikorn“, einem Weizenmischbrot, gibt es milden Ziegenkäse mit Bockshornklee. Die richtige Verkostung: „Nehmen Sie ein Stück aus dem Innern der Krume und speicheln es gut ein. Dann muss alles rund und harmonisch schmecken. Nichts soll herausschmecken.“ Eine Frage zur Lagerung: „Ein ungeschnittenes Brot hält sich länger. Und das Schneiden kann man lernen.“ Zur Aufbewahrung eigne sich beispielsweise ein Römertopf.
Für schmackhaft und würzig befinden die Verkoster das „Emmer-Dinkel-Vollkornbrot“. Diese uralten Getreidesorten entdeckte der Chef vor ein paar Jahren wieder. Das im Anbau heikle Emmer-Getreide bauten sechs Landwirte für ihn an, erzählt Büsch. Dann das „Klosterbrot“, ein Roggenmischbrot: Es sei sein Liebling, meint der Fachmann. Verkostet wird auch das große Roggenbrot „Lintforter Bergmann“, Reminiszenz an den Bergbau, als Büsch noch – wegen des Nachtbackverbotes – Tausende Brötchen zum Backen in der Zechen-Kantine lieferte.
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Puh, so langsam sind alle gesättigt von den vielen Leckereien. Es folgen aber noch „Milcheiweiß“ und nicht zu vergessen das Stangenbrot „Picco“ mit einem Mango-Knoblauch-Dipp. Das Rezept dafür entlockte Norbert Büsch einem italienischen Handwerksbäcker einst in einem Urlaub. Noch ein Tipp für lange Sommertage: „Das Picco zuhause kurz in den Backofen, dann mit dem Dipp und einem guten Rotwein im Garten essen, einfach, aber super lecker!“
Zum Schluss die Bitte des Experten: „Denkt auch an die anderen Handwerksbäcker. Sie sind es wert!“ Und die Dame aus Bochum fasst zusammen: „Man geht jetzt mit einem ganz anderen Bewusstsein einkaufen!“ Gut gestärkt, sahen sich die Gäste anschließend noch in der Produktion der Bäckerei um.
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