Goch. Seit September ist die Gocher Fußgängerzone ganztags für Radverkehr freigegeben. Wie 502 Reaktionen an die Stadt ausfielen und was sie bewirken.
Jürgen Vennmanns vom Bürgerforum Goch (BFG) versuchte sich bei der Diskussion ums Radfahren in der Fußgängerzone als Philosoph: „Man sagt ja so schön: Versuch macht klug. Aber jetzt sind wir auch nicht viel schlauer als vorher“, so der BFG-Vertreter im Ausschuss für Umwelt und Verkehr der Stadt Goch achselzuckend. Erörtert wurden die Ergebnisse des Verkehrsversuchs „Freigabe der Fußgängerzone für den Radverkehr“. Vennmanns bewertet die Reaktionen aus der Bevölkerung und der Geschäftswelt der Voßstraße als „Patt-Situation“.
Ordnungs-Fachbereichsleiter Wolfgang Peiter berichtete von 502 Meldungen, die zu dem Versuch bei der Stadt eingegangen seien. Daraus ergebe sich „kein klares Votum für oder gegen eine dauerhafte Öffnung für den Radverkehr“.
„Während sich bis Februar noch 55 Prozent für eine Freigabe ausgesprochen haben, sind es jetzt 49 Prozent“, so Peiter zu der Einschätzung aus der Bevölkerung. Von den 73 angeschrieben Gewerbetreibenden habe es leider nur 23 Rückmeldungen gegeben, von diesen hätten sich 43 Prozent für eine Freigabe ausgesprochen.
Erhöht sich die Sicherheit – oder sinkt sie?
Dann nannte er einige Gründe, die für und auch gegen eine Freigabe für den Radverkehr sprachen und aus den über 500 Reaktionen der Bevölkerung abzuleiten seien. Dabei scheiden sich am Thema Sicherheit offenbar die Geister: Manche argumentierten, die Sicherheit – gerade für Schüler – erhöhe sich, wenn sie nicht über andere Straßen mit Kfz-Verkehr fahren müssten. Andere wiederum sorgten sich um ihre Sicherheit, durch zu schnelle Radfahrer in der Voßstraße.
Letzteres ist „theoretisch“ gar nicht möglich, denn in dem gesamten testweise geöffneten Bereich müssen alle Radfahrer Schrittgeschwindigkeit fahren. „Tatsächlich fahren aber alle schneller, als es rechtlich erlaubt ist“, gestand auch Peiter ein. Und der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) der Stadt könne leider nichts sanktionieren, sondern nur den erhobenen Zeigefinger und mahnende Worte einsetzen.
Die Polizei habe mehrere Beschwerden zu Fahrradfahrenden erhalten, die zu schnell gefahren seien und dabei Fußgänger behindert oder sogar gefährdet haben sollen. Auch der Ordnungsdienst stellte bei den Rundgängen in der Fußgängerzone fest, dass der weit überwiegende Teil der Radfahrenden sich nicht an die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit halte, so Peiter. Und: „Einmal musste der KOD auch direkt eingreifen, da ein Kind fast von einem Radfahrenden erfasst worden wäre.“
Kann eine andere Beschilderung Raser-Radler ausbremsen?
Was also tun gegen die „Raser-Radler“? Vennmanns hat sich dazu auch Gedanken gemacht, wie man zu schnelle Fietser ausbremsen könne. Er plädierte dafür, „die Kontrollen zu verschärfen“ sowie für „eine andere Beschilderung“. In der Tat ist weder die Angabe „7 km/h“ noch der Begriff „Schrittgeschwindigkeit“ an den Eingängen der Fußgängerzone zu lesen. Dort heißt es auf einem blau-weißen Schild: „Miteinander – mit Rücksicht“.
Der BFG-Mann brachte auch noch einen zusätzliche optischen Hinweis auf dem Straßenbelag ins Spiel. Sollte dies alles nicht die gewünschte Wirkung erzielen, müsste die Polizei mit Restriktionen eingreifen. Werden also zu flotte Radfahrer künftig in der Voßstraße geblitzt, wenn sie dort mit 20 km/h unterwegs sind?
Jürgen Vennmanns sagt: „Ich gehe jetzt nicht soweit, dass ich einen E-Scooter-Blitzer einführen möchte, aber die stellen für die Leute eine echte Gefahrensituation dar.“ E-Scooter seien in der Fußgängerzone grundsätzlich verboten, stellte die Verwaltung dazu klar. Wolfgang Peiter sagte außerdem zu, die Polizei anzusprechen, in der Hoffnung, dass dies dann die gewünschte Wirkung entfalte, denn: „Das Interesse der Leute beginnt, wenn es an ihr Portemonnaie geht.“
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Relativ schnell einig waren sich die Ausschussmitglieder, dass es sinnvoll sei, den Verkehrsversuch zu verlängern. Bisher seien vor allem die Wintermonate getestet worden, in den kommenden Sommermonaten könnten sich ganz neue Erkenntnisse ergeben, wenn etwa deutlich mehr Menschen in den Außenbereichen der Eisdielen und Lokale in der Fußgängerzone sitzen.
Einstimmig für eine Verlängerung des Versuchs bis zum 30. September
Einstimmig entschied der Ausschuss also, dass der Verkehrsversuch, die Fußgängerzone ohne Zeitbeschränkung für den Radverkehr zu öffnen, bis zum 30. September fortgesetzt werden soll. Die endgültige Entscheidung könne dann in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Verkehr getroffen werden, die für den 10. September terminiert ist.
Jürgen Vennmanns ist grundsätzlich der Meinung, die Öffnung für Radfahrer stünde auch der Stadt Goch – wie jeder fahrradfreundlichen Stadt am Niederrhein – gut zu Gesicht.