Kleve. Das Altenheim der Evangelischen Stiftung Kleve wurde wegen der Bombenentschärfung am EOC evakuiert. Wie Musik, Spiele und Eierlikör halfen.

Es war ein langer Freitagabend, 29. September, für die Senioren und ihre Begleiter aus dem Alten- und Pflegeheim der Evangelischen Stiftung Kleve, doch alle haben ihn gut überstanden. Wie berichtet, mussten wegen der Entschärfung der Weltkriegsbombe nahe dem EOC-Einkaufszentrum auch 119 Frauen und Männer aus der Einrichtung an der Hagschen Straße evakuiert werden. Sie wurden mit großem Aufwand in die Notunterkunft in der Mehrzweckhalle Materborn gebracht, zwei Personen auch ins Klever Krankenhaus. Alle waren gegen 22.30 Uhr wieder zurück in ihren Zimmern.

Heimleiter Holger de Lange zeigte sich im Gespräch mit der NRZ erleichtert, dass der Kraftakt geschafft war, und lobte insbesondere die Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften: „Die hat ganz hervorragend und reibungslos geklappt. Allergrößtes Kompliment dafür.“

„Allergrößtes Kompliment“: Heimleiter Holger de Lange lobte die Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften. 
„Allergrößtes Kompliment“: Heimleiter Holger de Lange lobte die Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften.  © NRZ | Niklas Preuten

„Gelöste Stimmung“ in der Mehrzweckhalle Materborn

In der Mehrzweckhalle in Materborn stimmte diesmal nicht nur die Verpflegung durch die Stadt Kleve. Die Evakuierten aus dem Alten- und Pflegeheim hatten auch einen ganzen Raum nur für sich und konnten zudem einen Sichtschutz für diejenigen aufbauen, die liegen mussten. Die Stimmung sei gelöst gewesen, berichtete Holger de Lange. „Unsere Betreuungsassistenten hatten Musik und Spiele dabei, wir haben selbst gemachten Eierlikör getrunken und das Ganze ein wenig als Event verkauft.“ Ab 20 Uhr hätten die meisten Bewohnerinnen und Bewohner dann müde auf ihren Rücktransport gewartet. Per Linienbus, Kleinbussen und Krankenwagen ging es schließlich zurück in die Innenstadt.

„Ich möchte einen besonderen Dank an unsere Mitarbeitenden ausrichten, die teilweise freiwillig nach Dienstschluss da geblieben sind, um die Evakuierung, den Aufenthalt und den Rücktransport für die Bewohner so angenehm wie möglich zu machen“, sagte Heimleiter de Lange. „So etwas ist nur mit einem guten Team möglich.“

Erfahrungen mit Evakuierungen aus dem Jahr 2021

Bereits im Jahr 2021 hatte die Einrichtung der Evangelischen Stiftung dreimal wegen Bombenfunden an der Kapitelstraße geräumt werden müssen. „Ich hoffe, dass wir so etwas so schnell nicht wieder erleben, aber ich rechne eher damit, dass es nicht das letzte Mal war“, sagte Holger de Lange.

+++ So berichteten wir am Freitag über die Evakuierung und die Entschärfung +++

Nahe dem EOC-Einkaufszentrum in Kleve ist am Freitagvormittag, 29. September, eine Zehn-Zentner-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden worden, die noch am Freitag entschärft wurde. Gegen 19:59 Uhr kam die Entwarnung: „Die Entschärfung der Weltkriegsbombe auf dem Gelände der Joseph Beuys Gesamtschule war erfolgreich. Die Sicherheitsbereiche sind mit sofortiger Wirkung aufgehoben.“

Die Bombe wurde bei Bauarbeiten auf dem Gelände der Joseph-Beuys-Gesamtschule an der Hoffmannallee in einer Baugrube angrenzend zur Agentur für Arbeit entdeckt. Sie befindet sich somit auch in unmittelbarer Nähe zum EOC. Es handelt sich dabei um eine amerikanische Bombe mit Heckzünder.

Um 19.30 Uhr war die Evakuierung abgeschlossen. Der Kampfmittelräumdienst begann unmittelbar danach mit der Entschärfung der 10-Zentner-Bombe.

Evakuierung startete um 16 Uhr

Die Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg wurde in dieser Baugrube gefunden.
Die Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg wurde in dieser Baugrube gefunden. © NRZ | Niklas Preuten

Gegen 16 Uhr haben die Evakuierungsmaßnahmen begonnen, ursprünglich hatte die Stadt Kleve damit bereits um 15 Uhr beginnen wollen. Gleichzeitig wurden dann die Sperrposten besetzt und somit der Straßenverkehr für den betroffenen Bereich rund um den Fundort der Bombe gesperrt.

Stadt Kleve: „Evakuierung schreitet gut voran“

„Bislang schreitet die Evakuierung gut voran. Die Stadt Kleve dankt allen betroffenen Bürgerinnen und Bürgern für die bislang sehr gute Kooperation und das große Verständnis für die notwendigen Maßnahmen. Es wird daher weiterhin davon ausgegangen, dass um 19 Uhr mit der Bombenentschärfung begonnen werden kann“, teilte die Stadt Kleve um kurz vor 18 Uhr mit.

Um 18.20 Uhr kam ein Update: „Die ersten Bereiche konnten bereits vollständig geräumt werden. Um den Aufwand der Maßnahme zu verdeutlichen: Bedienstete des Ordnungsamtes müssen im Sicherheitsbereich an jeder einzelnen Haustür klingen und sich vergewissern, dass die dort lebenden Personen die Zone verlassen haben“, schreibt Stadtsprecher Niklas Lembeck.

Es sind noch Menschen in den Wohnungen

Um 18.50 Uhr dann die Meldung: Die Entschärfung zieht sich hin. „Aufgrund der umfangreichen und zeitaufwändigen Räumungsarbeiten des Alten- und Pflegeheims verzögert sich der Abschluss der Evakuierung leider etwas“, so die Stadt Kleve. Neben der andauernden Evakuierung der Evangelischen Stiftung fallen am frühen Abend bei einbrechender Dunkelheit nun auch vereinzelt noch erleuchtete Räumlichkeiten und laufende Fernseher auf. Die Stadt appellierte erneut, den Sicherheitsbereich zu verlassen.

Gegen 20 Uhr war dann die Entschärfung perfekt, die Evakuierungsmaßnahmen konnten aufgehoben werden. Die Rettungskräfte aus Duisburg und Oberhausen sind weiterhin im Einsatz und sorgen für den sicheren Rücktransport aller Bewohnerinnen und Bewohner des betroffenen Alten- und Pflegeheimes sowie aller Personen, die nicht aus eigener Kraft in ihre Wohnungen zurückkehren können.

Nach der Entwarnung wird der Sicherheitsbereich unmittelbar aufgehoben

Über 200 Einsatzkräfte arbeiten Hand in Hand, um die Menschen sicher aus dem Gefahrenbereich herauszubringen. Es helfen 37 Feuerwehrmänner- und -frauen mit, 47 Mitarbeiter der Stadt Kleve, 80 Polizeibeamte sind im Einsatz und 80 Einsatzkräfte von Hilfsorganisationen.

Die Sperrzone mit einem Radius von 500 Metern um den Punkt des Bombenfundes.
Die Sperrzone mit einem Radius von 500 Metern um den Punkt des Bombenfundes. © Stadt Kleve

4500 Menschen müssen evakuiert werden

Um die Sicherheit der Bevölkerung während der Entschärfungsarbeiten zu gewährleisten, wurde eine Sperrzone mit einem Radius von 500 Metern um den Punkt des Fundes eingerichtet. Alle Personen, die innerhalb dieses Sicherheitsbereiches arbeiteten oder wohnen, mussten ihre Häuser oder Betriebe verlassen. Notwendige Evakuierungen wurden durch Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr, der Polizei, von Rettungsdiensten und der städtischen Ordnungsbehörde durchgeführt. Hochauflösende Karten der Sicherheitsbereiche sowie der einzurichtenden Sperrpunkte für den Straßenverkehr waren auf www.kleve.de/bombe zu sehen. Die Stadt Kleve hat eine Notunterkunft für Betroffene der Evakuierung in der Mehrzweckhalle Materborn, Dorfstraße 28, 47533 Kleve, eingerichtet.

„Einsatzkräfte aus dem näheren und weiteren Umkreis werden zusammengezogen“, so die Stadt Kleve. „Neben der Feuerwehr Kleve unterstützt uns der Bereitschaftsdienst der Polizei aus Bochum und Mönchengladbach sowie Personentransportzüge aus Krefeld und Wesel. Insgesamt werden auf diese Weise weit über 100 Personen im Einsatz sein.“

Insgesamt sind von der Evakuierung laut der Stadt Kleve rund 4500 Personen betroffen, die im Sperrradius wohnen, zusätzlich zu den Personen, die in den umliegenden Gewerbebetrieben arbeiten.

Vom Altenheim in die Notunterkunft nach Materborn

Auch die Bewohnerinnen und Bewohner des Alten- und Pflegeheims Evangelische Stiftung Kleve werden in der Notunterkunft in Materborn untergebracht. 119 Personen müssen aus der Einrichtung evakuiert werden, darunter einige, die nur liegend transportiert werden können. Hinzukommen zahlreiche ältere Frauen und Männer in Rollstühlen und mit Rollatoren. Es ist eine aufwendige Aktion für alle Beteiligten.

An vielen Stellen in der Stadt sind die Straßen gesperrt worden: hier die Triftstraße an der Ecke zur Liesegangstraße.
An vielen Stellen in der Stadt sind die Straßen gesperrt worden: hier die Triftstraße an der Ecke zur Liesegangstraße. © NRZ | Niklas Preuten

Bereits im Jahr 2021 war das Alten- und Pflegeheim dreimal innerhalb von wenigen Wochen wegen Bombenfunden an der Kapitelstraße evakuiert worden. „Wir sind in der Vorbereitung routiniert und entspannt“, sagte Heimleiter Holger de Lange im Gespräch mit der NRZ. „Wir richten uns auf eine Abendveranstaltung ein. Klar ist aber auch: Je später es wird, desto größer wird die Herausforderung für die Bewohner und uns.“

Evakuierung mit Bussen und Krankenwagen

Mit einem Linienbus, Kleinbussen und Krankenwagen werden die älteren Frauen und Männer in die Notunterkunft nach Materborn gebracht. Die Verantwortlichen atmeten auf, als um 16.10 Uhr endlich die ersten neun Einsatzfahrzeuge unter einem Konzert ihrer Martinshörner auf den Hof des Alten- und Pflegeheims fuhren. Zuvor hatten Einsatzkräfte des Deutschen Roten Kreuzes und der Malteser vor den Haupteingang ein Zelt gebaut, damit die Bewohnerinnen und Bewohner möglichst trocken in die Fahrzeuge kommen konnten.

Die Atmosphäre am Nachmittag war konzentriert, aber nicht angespannt. „Wir werden versuchen, mit unserem Betreuungsangebot die Stimmung hochzuhalten und von möglichen Ängsten abzulenken“, sagte Kevin Fitten, Pflegedienstleiter im Alten- und Pflegeheim Evangelische Stiftung. Zahlreiche Mitarbeitende verzichteten auf ihren Feierabend und halfen bei der Evakuierung mit. Sowohl die Verpflegung mit Essen und Trinken durch die Stadt Kleve als auch mit Medikamenten durch das Alten- und Pflegeheim selbst ist in der Mehrzweckhalle in Materborn vorbereitet worden.

In Kleve wurde am EOC eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden.
In Kleve wurde am EOC eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden. © NRZ | Andreas Gebbink

Edeka Schroff bleibt nach Entschärfung geschlossen

In den Geschäften am EOC bereitete man sich am Nachmittag ebenfalls auf die Evakuierung vor. „Wir werden nach der Entschärfung nicht mehr aufmachen, weil sie sich erfahrungsgemäß eher verzögert. Der logistische Aufwand würde sich nicht lohnen“, sagte Stefan Servos, Marktleiter von Edeka Schroff, im Gespräch mit der NRZ. Der Supermarkt hat normalerweise täglich bis 22 Uhr geöffnet.

„Wir informieren unsere Mitarbeiter, dass sie heute entweder früher Feierabend haben oder zur Spätschicht gar nicht erst erscheinen müssen. Zudem müssen wir schauen, dass wir beispielsweise den Frischebereich heute früher ausräumen, damit wir rechtzeitig zur Evakuierung fertig sind“, beschrieb Stefan Servos die nötige Organisation.

Lautsprecherdurchsagen durch die Feuerwehr

Personen, die sich im Sperrradius befinden, diesen nicht aus eigener Kraft evakuieren können und somit auf einen Krankentransport angewiesen sind, steht die folgende Rufnummer zur Verfügung: 02821/73646101.

Die Stadt Kleve bittet darum, dass sich Betroffene hier melden, falls Sie oder eine Ihnen bekannte Person per Krankenwagen evakuiert werden muss. Bitte wenden Sie sich für Krankentransporte nicht an die normale Nummer der Leitstelle des Kreises Kleve, sondern ausschließlich an die extra bereitgestellte Nummer. Nach aktueller Planung werden die in unseren Karten auf kleve.de/bombe eingezeichneten Sperrposten ab 16 Uhr besetzt. Ab diesem Zeitpunkt ist das Gebiet nicht mehr für den Straßenverkehr zu erreichen.

Hotline für Bürgerinnen und Bürger der Stadt Kleve

Die Stadt Kleve hat für dringende Fragen rund um den Bombenfund und die anstehenden Evakuierungsmaßnahmen eine Hotline für Bürgerinnen und Bürger eingerichtet, die unter der folgenden Rufnummer zu erreichen ist: 02821 84474.

Folgende Straßenzüge werden evakuiert

Straßennamen A bis F

Ackerstraße (ab Görresstraße), Thaerstraße, Arnulfstraße komplett, Backermatt ab Hagsche Straße, Graf-John-Straße, Beatrixstraße komplett, Beuthstraße komplett, Borselstege komplett, Brahmsstraße ab Hoffmannallee – Hausnummer 52, Dietrichstraße komplett, Feldmannstege komplett, Flandrische Straße ab Arnulfstraße - Hausnummer 18, Fleischhauerstraße komplett, Flinckstraße komplett, Flurstraße komplett, Frankenstraße ab Backermatt – Hausnummer 44, Fritz-Pannier-Straße komplett,

Straßennamen G bis K

Gabriele-Münter-Straße komplett, Gartenstege komplett, Gärtnergasse komplett, Görresstraße ab Hoffmannallee – Hausnummer 20, Graf-Otto-Straße komplett, Hagsche Poort ab Casinostraße bis Nassauermauer, Hagsche Straße ab Lindenallee – Hausnummer 43, Haydnstraße komplett, Hoffmannallee ab Lindenallee – Hausnummer 69b, Holbeinstraße komplett, Jägerstraße ab Siegertstraße – Hausnummer 26, Kapitelstraße Hausnummer 1 - 6, Kasinostraße komplett, Kleine Rembrandtstraße ab Rembrandtstraße bis Jägerstraße, Kleiststraße komplett, Klombeckstraße Hausnummer 2 - 6, Kockstege komplett, Kolpingstraße ab Hagsche Poort – Hausnummer 30, Krohnestraße ab Siegertstraße – Hausnummer 26,

Straßennamen L bis R

Liesegangstraße Hausnummer 10 - 60• Lindenallee ab Hausnummer 8 – Mittelweg• Mausgarten ab Weyerstege bis Rubensweg• Mittelweg ab Lindenallee - Mozartstraße

Mozartstraße komplett, Nassauerallee Hausnummern 2, 6, 24, 26, 30, Nassauermauer ab Hagsche Poort – Hausnummer 14, Rembrandtstraße Hausnummer 8 - 22, Richard-van-de-Loo-Straße Hausnummer 1, 3, Ringstraße ab Lindenallee bis Hausnummer 13, Rubensweg Hausnummer 2 - 9,

Straßennamen S bis W

Sackstraße ab Triftstraße bis Hausnummer 82, Schlußgasse komplett, Siegertstraße komplett, Thaerstraße komplett, Triftstraße ab Hoffmannallee – Hausnummer 74a, Von-Galen-Straße Hausnummer 3, Wagnerstraße Hausnummer 1 – 2, Weyerstege komplett. (nip/AG)