Kleve. In der Klever Innenstadt stehen mittlerweile 19 Geschäfte leer. Dabei sind die Mieten zum Teil um 50 Prozent gesunken. Gründe für die Probleme.
In der Klever Innenstadt macht sich Tristesse breit: 19 Ladenlokale stehen mittlerweile leer. „Zu vermieten“ ist in den Schaufenstern von Großer Straße, Wasserstraße oder Gasthausstraße zu lesen. „Die Situation ist zurzeit schwierig“, sagt Immobilienmakler Magnus Losch, der gleich mehrere Ladenlokale in Kleve anbietet. Die Nachfrage sei extrem eingebrochen - dabei sind die Vermieter mittlerweile bereit, bis zu 50 Prozent Mietnachlässe zu gewähren.
Hohe Zinsen lassen viele Unternehmer vorsichtig agieren
Woran liegt es, dass in Kleve der Leerstand so stark zugenommen hat? Erfasst die Stadt zudem ein allgemeiner Abstieg? Werden die Lokale immer banaler: Handy, Shisha, Nagelstudio? Die NRZ hakt nach.
Für Immobilienprofi Magnus Losch spiegelt sich die aktuelle wirtschaftliche Lage in der Klever Innenstadt wider. Die Förderkulisse sei sehr unübersichtlich und viele Unternehmer kämpfen mit zahlreichen gesetzlichen Regelungen. Hinzu kommen die hohen Zinsen für Fremdkapital – diese Trends lassen Unternehmer vorsichtig werden.
Kunden fehlt die Kaufkraft
Für ein Ladenlokal in der Gasthausstraße habe er jetzt einen junges Start-Up gewinnen können. „Der junge Mann hat eine richtig gute Idee, doch er hat sich viel Zeit gelassen, diese umzusetzen. Das ist kennzeichnend: Unternehmen überlegen zurzeit drei Mal, bevor sie eine Investitionsentscheidung treffen“, so Losch.
Auch im Klever Rathaus weiß man um die kritische Situation im Einzelhandel. Bürgermeister Wolfgang Gebing erinnert an die schwierigen Corona-Jahre und an die Gesprächsrunden, die man mit Einzelhändlern und Immobilienbesitzern geführt habe. Da geht es um hohe Mieten, um Einzelhandelsketten, die sich aus den Innenstädten zurückziehen oder um die fehlende Kaufkraft der Kunden.
Mieten sind zum Teil um 50 Prozent gesenkt
Dabei seien die Mieten zurzeit gar nicht das Problem, versichert Makler Losch: „Die Mieten liegen zum Teil nur noch um die Hälfte aus der Vor-Corona-Zeit“, sagt er. Der Mietzins in der Innenstadt ist sehr unterschiedlich und branchenabhängig. Als grobe Hausnummer nennt er fünf Euro pro Quadratmeter für die Gasthausstraße und 12 Euro je Quadratmeter in der Großen Straße. „Die Vermieter sind alle bereit, über den Mietzins zu sprechen“, sagt Losch. Wer eine gute Geschäftsidee habe, mit dem könne man Kompromisse schließen. Aber: „Zurzeit ist einfach keine Bewegung im Markt.“
Die Stadt tue alles, was möglich ist, sagt Gebing. Dazu zähle auch eine Stärkung der Aufenthaltsqualität: „Der stationäre Einzelhandel in der Innenstadt funktioniert nur, wenn die Innenstadt insgesamt attraktiv ist“, so der Bürgermeister. Daher sei es wichtig, dass man Plätze erneuere und Aufenthaltsqualität schaffe. Am Wochenende sieht er nach wie vor eine hohe Nachfrage. Gerade die Niederländer seien immer noch ein starkes Zugpferd für den Einzelhandel.
Stadt lehnt Subventionen für Einzelhändler ab
Auch achte die Stadtverwaltung darauf, dass die Einkaufszone nicht ausfranst und dass genügend Parkplätze zum Einkaufen zur Verfügung stehen. Direkte Subventionen für Einzelhändler lehnt Gebing ab: „Wenn die Mieten zu hoch sind, dann müssen die Mieten runter. Das sollte der Markt regeln“, sagt er. Mit öffentlicher Hand gegenzusteuern hält er für falsch, auch weil man sonst in Erklärungsnöte kommt gegenüber denjenigen, die brav ihre (teure) Miete zahlen.
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Und doch – liegt unter dem Einzelhandelsproblem noch ein größeres, soziales Problem? Verschlechtert sich die soziale Zusammensetzung in der Stadt derart, dass am Ende nur noch Döner-Läden, Nagel-Studios und Billig-Läden übrigbleiben? Ein Gang durch die Innenstadt lässt diese Vermutung aufkommen. Bürgermeister Wolfgang Gebing möchte nicht wegdiskutieren, dass Trading-Down-Effekte eingesetzt haben und diese letztlich auch soziale Ursachen haben. Diese ließen sich allerdings sehr viel schlechter steuern.
Die Schuhbranche kämpft
Die Probleme im Einzelhandel sind je nach Branche unterschiedlich. Der Schuh-Markt scheint gänzlich eingebrochen zu sein. In der Klever City finden sich kaum noch Schuhläden. Einige Textiler machen noch gute Geschäfte, hört man.
So unterschiedlich die Situation in den Branchen, so unterschiedlich sind auch die Online-Auftritte der Klever Einzelhändler. Einige Händler seien online sehr gut unterwegs und generieren auch Geschäfte außerhalb der Klever Stammkundschaft. „Aber eine eigene Homepage zu führen, erfordert auch viel Aufwand. Und man muss solche Seiten auch dauerhaft pflegen“, sagt Kristina Janßen vom Standortmarketing Kleve. Die Projektseite „mein-kleve.de“, die als Unterstützung für den lokalen Einzelhandel gedacht war, soll einen neuen Push erfahren. Zurzeit wird die Seite mangels Interesse der Einzelhändler wenig angeklickt.