Kleve. Das Schuhhaus Thissen stellt seinen Betrieb auf der Großen Straße in Kleve ein. Warum das familiengeführte Unternehmen nach 98 Jahren schließt.

Zwei Jahre noch, und Susanne und Franz Osterkamp hätten das 100-jährige Bestehen ihres Geschäfts feiern können, doch soweit wird es nicht mehr kommen, das steht fest. Zum Ende des Sommers wird das Schuhhaus Thissen in der Großen Straße seinen Geschäftsbetrieb einstellen – und damit wird eines der letzten familiengeführten Unternehmen aus der wichtigsten Klever Einkaufsmeile verschwinden.

400 Quadratmeter Verkaufsfläche auf zwei Etagen

Das Schuhhaus wurde 1925 vom Schuhkaufmann Albert Thissen und seiner Frau Johanna an der Nassauerallee gegründet, dort, wo sich heute das Gesundheitsamt befindet. Es folgten mehrere Umzüge, bevor das Unternehmen Anfang der Dreißigerjahre am heutigen Standort an der Großen Straße ansässig wurde – doch das Gebäude wurde bei dem Bombenangriff auf Kleve im Oktober 1944 zerstört.

Das alte Ladenlokal in der Großen Straße.
Das alte Ladenlokal in der Großen Straße. © Ralf Daute

Deshalb erfolgte die Wiedereröffnung im November 1945 zunächst auf der Herzogstraße. Damals im Angebot: Holzpantinen und Lederfett. 1951 dann die Rückkehr ins Herz der Stadt. Zunächst nur eingeschossig, ab 1958 dann mit einer ersten Etage. Doch der dortige Raum wurde erst beim Umbau 1986 als Verkaufsfläche erschlossen. Die heutigen 400 Quadratmeter auf zwei Etagen bilden eine der größeren Verkaufsflächen in der Klever Innenstadt. Franz Osterkamp, 62 Jahre alt, führt das Geschäft nun schon in der dritten Generation. In der zweiten Generation waren es Magdalene und Johannes Bork, die das Haus leiteten.

Drei verdiente Verkäuferinnen gehen im Herbst in Rente

Aber warum ist nun Schluss? Zum einen sieht Osterkamp die Geschäftswelt generell in einem gewaltigen Umbruch. „Es wird den Einzelhandel auch weiterhin geben“, so Osterkamp, „aber anders, als wir ihn heute kennen. Produkte, die nicht ‚High End‘ sind und die im Netz gut verglichen werden können, werden es sehr schwer haben.“ Da habe das Internet Kostenvorteile, Fachkräfte und Beratung seien weniger gefragt, eine günstige Lagerhalle auf der grünen Wiese reiche aus, um solche Geschäfte zu betreiben.

Beratung aber war immer eine Kernkompetenz des Fachgeschäfts aus der Fußgängerzone. Doch ausgerechnet da zeichnete sich ein Aderlass ab: Gleich drei verdiente Verkäuferinnen, allesamt seit Jahrzehnten dabei, gehen im Herbst in Rente: Gisela Ender, Margit Berndsen und Karin Postma. Karin Postma arbeitet seit 44 Jahren für das Schuhhaus Thissen – ein Rekord. Bei der Suche nach neuen Mitarbeitern war es für Franz Osterkamp so schwer wie überall anders im Einzelhandel. Er fand keinen neuen Mitarbeiter. Daraufhin fiel die Entscheidung, das Fachgeschäft im 98. Jahr seines Bestehens zu schließen.

Das Schuhhaus Thissen bei der Wiedereröffnung 1951.
Das Schuhhaus Thissen bei der Wiedereröffnung 1951. © Ralf Daute

Abverkauf beginnt in den kommenden Wochen

„Ich bedanke mich bei unseren vielen freundlichen Kunden, die über all die Jahre unsere Beratung wertgeschätzt haben“, sagt Osterkamp. In den kommenden Wochen wird der Abverkauf beginnen. Wahrscheinlich wird Ende August die endgültige Schließung erfolgen. Osterkamp sagt, dass er schon mit Nachmietern im Gespräch ist, verrät aber noch nicht, ob und wie es an der Großen Straße 37-39 weitergehen wird.