Kleve. Das neue Obstbaum-Arboretum auf der ehemaligen Wiese hinter der Münze im Tiergarten hat 340.000 Euro gekostet. Warum ist das so teuer geworden?

Die Projektbeschreibung hört sich gut an: Das Klever Obstbaum-Arboretum im Tiergarten steigert die Aufenthaltsqualität durch die Herstellung einer „hochwertigen Grünanlage“ und dient als „sozialer Begegnungsort für Bürger“. Alte Obstbaumsorten werden erhalten und wissenschaftlich erforscht. Mittels eines Informationsschildes und einer Baumbeschilderung werden die Bäume präsentiert. Das ist ein tolles Projekt.

340.000 Euro wurden ausgegeben

Ist aber auch ganz schon teuer. Die Anlage des neuen Obstbauarboretums im Klever Tiergarten (hinter dem Gasthaus Zur Münze) hat nach Auskunft der Stadt Kleve 340.000 Euro gekostet. Und da taucht schon die Frage auf: Wofür wurde so viel Geld eigentlich ausgegeben?

Die Wege wurden als Trampelpfade angelegt. 
Die Wege wurden als Trampelpfade angelegt.  © Andreas Gebbink

Beim Spaziergang über die Streuobstwiese werden die enormen Summen nicht offensichtlich. Die Wege wurden bewusst als Rasenwege angelegt, die man auch als Trampelpfad bezeichnen könnte. Es sind 52 neue Hochstammbäume zu sehen, die teils schon in einem ausgewachsenen Zustand gepflanzt worden sind. Die eingesäte Saatmischung ist üppig gewachsen und mutet wie eine Wildwiese an. Eine Brücke zum Forstgarten wurde errichtet und zwei Fahrradständer sind zu sehen, die sich in ihrer Funktion allerdings nicht sofort erschließen. 60 Sträucher wurden gepflanzt und 11.000 Narzissenzwiebeln.

70.000 Euro hat die Planung gekostet

Die NRZ hakte bei der Stadt Kleve nach: Ist das Arboretum jetzt fertig oder kommt da noch was? Denn Gras und Wildblumen wachsen auch ohne eine Investition von 340.000 Euro. Und schließlich gab es ja auch schon vor der Neugestaltung an dieser Stelle eine Wildwiese mit Bäumen.

Ein Findling auf der Wildwiese.
Ein Findling auf der Wildwiese. © Andreas Gebbink

Stadtsprecher Jörg Boltersdorf hat die wesentlichen Positionen für die Anlage aufgeschlüsselt: So wurden gut 20.000 Euro für die Pflanzen ausgegeben und 2300 Euro für das Saatgut. Die Blumenzwiebeln haben 2900 Euro gekostet. Heftig zu Buche schlagen allerdings die Planungskosten mit 72.000 Euro und die Arbeiten des ausführenden Unternehmens, welches 213.000 Euro bekommen haben soll. Für die Metallarbeiten wurden gut 8000 Euro ausgegeben.

220.000 Euro an Fördermitteln

„Hinzu kommen voraussichtlich noch circa 20.000 Euro für die Entwicklungspflege, die noch für weitere zwei Jahre beauftragt werden muss. Im Anschluss übernehmen die USK. Die für das Arboretum insgesamt investierte Summe liegt somit bei unter 350.000 Euro. Davon sind circa 220.000 Euro als Fördermittel an die Stadt Kleve geflossen“, schreibt Boltersdorf.

Die Fahrradabstellanlage liegt versteckt im Gras. 
Die Fahrradabstellanlage liegt versteckt im Gras.  © Andreas Gebbink

Die Wege seien bewusst als Trampelpfade angelegt: „Die ,Wildkräuter’ sind Bestandteil des regionalen Saatgutes. Die Gestaltung insgesamt ist sehr schlicht gehalten, weil diese Fläche zu keiner Zeit ein parkähnlich angelegter Teil der historischen Gartenanlagen war. Dieser Eindruck sollte mit der Neuplanung auch nicht erzeugt werden. Deshalb sollten die Brücken auch so wenig auffällig gestaltet werden wie möglich. Dies ist das Ergebnis aus intensiven Abstimmungsgesprächen mit der Denkmalpflege“, schreibt Boltersdorf. Und: „Die Balkenkonstruktion ist übrigens eine Fahrradabstellanlage, auch sehr einfach gehalten, ganz bewusst.“

Unterhaltungskosten seien kaum noch zu finanzieren

In Zeiten des Klimawandels werde anders geplant und gebaut als dies bisher der Fall war, schreibt die Stadt. „Zum einen aus ökologischen und klimatischen Gründen, wurde in diesem Fall bewusst eine Obstwiese angelegt, als auch aus Gründen der Unterhaltungskosten, die ansonsten, wenn nicht zunehmend auf extensive Pflege umgestellt wird, kaum noch zu finanzieren sind. Die Maßnahme ist mit der Bezirksregierung als zuständige Behörde für den Denkmalschutz bis ins Detail abgestimmt. Eine parkähnlichen Gestaltung hätte die Denkmalbehörde nicht zugestimmt, da dies historisch gesehen nicht korrekt gewesen wäre“, so Boltersdorf.

Das noch fehlende Informationsschild sei jetzt an eine Grafikerin vor Ort vergeben worden und eine Schlosserei sei mit der Fertigung des Rahmens beauftragt worden, so Boltersdorf. Im Juli soll das Schild aufgestellt werden. Das Arboretum werde wissenschaftlich von der Hochschule Rhein-Waal begleitet. Prof. William Megill und Prof. Rolf Becker werten die Klimadaten aus und Prof. Jens Gebauer begleitet die Obstbäume. Für Juni ist eine Exkursion geplant.

Schröpfschnitt war notwendig

Dass die Wiese jetzt Mitte Mai bereits gemäht worden ist, habe seine Richtigkeit, so Boltersdorf auf Nachfrage. Normalerweise wird eine Mahd erst Ende Juni vorgenommen, damit Insekten und Vögel geschützt sind. Bei einer Neuanlage könne es aber sinnvoll sein, eine sogenannten „Schröpfschnitt“ vorzunehmen, dies sei in diesem Falle notwendig gewesen, so Boltersdorf.

Der Stadtsprecher schreibt: „Blumenwiesen brauchen Zeit und Geduld, um sich zu etablieren. Gerade zu Beginn kann es sein, dass Unkräuter das Erscheinungsbild dominieren. Fast in jedem Boden schlummern Samen unerwünschter Beikräuter oder auch unerwünschte Distelarten. Diese wachsen schnell und können die langsam wachsenden Wiesenpflanzen überwuchern. In diesem Fall ist es wichtig, die Fläche rechtzeitig zu mähen, um das Unkraut in seiner Entwicklung zu bremsen und den Wiesenpflanzen Licht zu verschaffen. Vor allem einjährige Ackerunkräuter können so im Zaum gehalten werden.“

Unser Kommentar: Wo ist das viele Geld geblieben?