Emmerich. Bürgermeister erklärt, warum der Erhalt der Notfallambulanz schon länger das Hauptziel ist. Worum es bei Fusionsgesprächen auch ging.
Mit ziemlich viel Realismus betrachtet Bürgermeister Peter Hinze die Perspektiven für das St. Willibrord-Spital in Emmerich. Bekanntlich wurde am Freitag, 24. Mai, ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Schon länger wuchsen die Sorgen um die Zukunft des Krankenhauses: „Dass es schwierig war, hatte sich abgezeichnet. Aber ich war dennoch überrascht. Nachdem es Montag noch ein Gespräch gab, war die Nachricht am Freitag doch überraschend. Das hatte sich nicht abgezeichnet.“
Strukturreform auf Bundesebene macht es schwer für Emmerich
Aber der Bürgermeister mahnt zu Realismus in der Diskussion um die Zukunft des Emmericher Krankenhauses an. Dass es mittel- bis langfristig schwierig würde, das Haus in seiner jetzigen Form zu erhalten, war ihm auch vor Freitag schon bewusst: „Was ich in den bisherigen Gespräche verstanden habe, würden die Strukturreformen auf Bundesebene – so deutet es sich zumindest an – den Erhalt des Krankenhauses, wie wir es in den letzten Jahren gekannt haben, auf Dauer kaum möglich machen. Der Insolvenzverwalter muss sich die Lage anschauen und prüfen, wie und ob es mit dem Krankenhaus in Emmerich weitergehen kann. Wir müssen uns darauf einstellen, dass es kein Spital in der jetzigen mehr Form in Emmerich mehr geben wird. Langfristig hätten wir uns ohnehin damit befassen müssen. Jetzt kam diese Entwicklung allerdings ehrheblich schneller als erwartet.“
Realistischer erscheint Hinze, eine Notfallambulanz zu erhalten. Und diese sei auch dringend nötig. Deshalb sucht Hinze das Gespräch mit dem Reeser Amtskollegen Sebastian Hense, um gemeinsam mit Landrat Christoph Gerwers die Lage zu besprechen, dass wenigstens eine Notfallversorgung gesichert wird.
Verkehr macht kurzen Weg nach Kleve oftmals unmöglich
Denn zum Beispiel aus Elten oder Bienen komme man je nach Tageszeit und Wochentag nicht in 20 Minuten bis zur Notfallambulanz nach Kleve. Da drohe neben dem Herz- der Verkehrsinfarkt. „Wir erleben das ja häufiger. Da werden wetterbedingt die Rheinbrücken gesperrt. Oder an der B220 ist ein Unfall, der den Verkehr über die Brücke lahm legt. Das kann schnell passieren und ist kein Ausnahmefall. Ohne Spital kommt aber nur der Rettungsdienst ohne Notarzt.“ Klar wisse Hinze auch, dass im Falle eines Schlaganfalls gleich der Weg zur Föhrenbachklinik eingeschlagen wird. Aber es gebe weit mehr akute Lagen, die ein schnelle Behandlung erforderten.
Millionen fürs Spital? Nicht zu leisten
Die BGE hat ins Spiel gebracht, dass das Spital mit städtischen Mitteln unterstützt werden könnte, ähnlich wie es bei der Sparkasse 2016 gemacht wurde. Peter Hinze sieht diese Option beim Blick auf die städtische Haushaltslage nicht gegeben: „Der Ruf ist schnell gemacht, aber wie viel Not sollen wir mit wie viel Millionen lindern, wenn jetzt schon der Insolvenzverwalter am Werk ist? Das ist ein Fass ohne Boden.“
Wenn jemand die Finanzierung aufzeige, gerne, aber ansonsten könne die Kommune nicht die Verantwortung in allen Bereichen übernehmen. Emmerich sei noch nicht davor gesichert, mittelfristig in die Haushaltssicherung zu rutschen.
Schon im Mai 2023 habe Peter Hinze mit NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann besprochen und die „besondere geopolitische Lage Emmerichs“ erklärt. Nämlich eingekesselt zwischen dem Rhein und der niederländischen Grenze: „Das gibt es so in Deutschland nicht noch einmal.“
Wäre Fusion vor allem für Umbauzeit relevant gewesen?
Vor vier Wochen hatte Dr. Günther Bergmann, CDU-Landtagsabgeordneter, für ihn und Hinze ein weiteres Gespräch mit Laumann arrangiert, wo überlegt wurde, wie es langfristig ohne Spital in Emmerich aussehen würde. Auch ein Vertreter des NRW-Gesundheitsministeriums war dabei. So konnte man in Düsseldorf für die besondere Lage sensibilisieren. Aktuell werde Bergmann den Minister über die neue Entwicklung informieren.
„Das Thema Fusion stand immer mal wieder auf der Agenda. Kleve und Emmerich standen beide vor den gleichen Problematiken. Es geht darum, sich zukunftsfähig aufzustellen“, sagt Hinze. Er erklärt, dass es bei den Fusionsgesprächen auch um die Überlegung gegangen sei, in der Phase eines Krankenhausumbaus ein Ausweichspital zu haben. Aber wäre der Erhalt von zwei Häusern nach den Umbaumaßnahmen dann noch erforderlich? Womöglich würden jetzt ganz andere Gespräche geführt werden, so Hinze.
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Viele Familienschicksale hängen am Spital
Neben der nüchternen Betrachtung der Lage fühlt Hinze mit den Beschäftigten und den Bürgern mit. „Gesundheit ist immer ein emotionales Thema. Es ist schwer, das sachlich zu diskutieren.“ Das Spital zählt über 500 Mitarbeiter: „Da hängen Familien dran, die ein Haus finanzieren, einen Garten umgebaut haben, die nun ins Tal der Tränen rücken. Es sind Leute, die in Teilzeit arbeiten, um die Kinderbetreuung noch hinzubekommen, teils sind beide Ehepartner im Spital beschäftigt. Da werden Lebensplanungen durcheinander geschmissen.“