Rees-Bienen. Seit November ist Dr. Kristin Scharnweber Wissenschaftliche Leiterin der Uni-Außenstelle am Standort in Rees. Was die 40-Jährige plant.
Eine Wissenschaftlerin, die es aufs Land zieht? Und das, nachdem sie in Hamburg, Potsdam und Texas studiert, ihre Doktorarbeit in Berlin gemacht und nach der Promotion sieben Jahre im schwedischen Uppsala geforscht hat? „Ich komme halt aus der Nähe von Eckernförde in Schleswig-Holstein, also auch vom Land, deshalb fühle ich mich hier in Rees richtig wohl“, sagt Dr. Kristin Scharnweber. Die 40-jährige Biologin ist seit Dezember Wissenschaftliche Leiterin der Außenstelle der Uni Köln – und möchte den neuen Standort, der erst im Februar eröffnet wurde, zu einem internationalen Standort für die Wissenschaft ausbauen.
Es riecht naturgemäß noch alles neu in dem hochmodernen Gebäude. Jetzt ist der Tagesbetrieb angelaufen. Eine Bachelor-Studentin arbeitet seit zwei Wochen hier, wird von Dr. Scharnweber betreut. An einem Scanner testet Fenja Tietler gerade die automatische Bilderkennung. Wasserasseln liegen dort auf dem Glas, auch Bachflohkrebse und Wasserwanzen, alles winzige Tiere, die die 23-jährige Kölnerin selbst per Hescher im Altrhein gefangen hat. „In meiner Bachelor-Arbeit geht es um Insekten und Zoo-Plankton“, erklärt die junge Frau.
Master-Studenten zu Gast
Wobei schon weitere Gruppen im Hause waren, auch Nicht-Wissenschaftliche, wie etwa der örtliche Heimatverein, aber auch die Bürgermeister-Konferenz des Kreises Kleve. Sie alle wollten sich ein Bild vom Neubau und dessen Ausstattung machen. Im Juni folgen weitere Kurse mit Studenten der Uni-Köln. Drei Wochen hat die Außenstelle dann zehn Master-Studenten zu Gast, die sich wie alle anderen Forschenden selbst in der modernen Küche verköstigen können.
Schwerpunkt der Forschungsarbeit in der Uni-Außenstelle wird weiterhin sein, wie sich „die Nahrungsnetz-Beziehungen in den Gewässern entwickeln“, erklärt die gebürtige Bonnerin. Soll heißen: Wer frisst wen und warum? Geforscht wird an Kleinfischen wie Grundeln ebenso wie an Insekten, die jetzt mehr in den Fokus rücken. Gearbeitet werde wohl mit neueren Methoden, etwa mit Fettsäure-Analysen oder auch Stabilen Isotopen. Das sei ihr Spezial-Gebiet, sagt Dr. Kristin Scharnweber. Wobei nicht mehr so sehr das Gewässer im Einzelnen untersucht werde, sondern im Landschafts-Kontex, wie es im Fachjargon heißt.
Viele Insekten fliegen aus, nachdem sie im Wasser geschlüpft sind, sagt die Wissenschaftlerin, um dann als wichtige Nahrung auch für am Land lebende Tiere wie Vögel und Fledermäuse zu dienen. „Sie überfliegen also Öko-System-Grenzen“, führt sie weiter aus. Aber wie wirken sich die Klimaveränderungen oder Artenschwund auf diese Beziehungen aus? Das soll herausgefunden werden. Und hier sei es sehr gut, dass man mit den Kollegen des benachbarten Naturschutzzentrums kooperiere.
Es gibt keinen Lehrstuhl mehr
Dankbar ist die Forscherin, dass ihr Professor Dr. Borcherding, der die Uni-Außenstelle 30 Jahre lang geleitet hat, weiter beratend zur Seite steht. „Schließlich hat er dieses neue Haus, das natürlich noch mit Kinderkrankheiten zu kämpfen hat, bis ins Detail über Jahre geplant“, betont die Mutter von zwei Kindern. Die übrigens jetzt Geschäftsführerin der Außenstelle ist und diese gemeinsam mit einem neu gegründeten Vorstand, der sich aus Wissenschaftlern der Uni Köln zusammen setzt, führt. Einen zugeordneten Lehrstuhl, wie man ihn vom ehemaligen Standort in Grieterbusch kannte, gibt es nicht mehr.
Wie gesagt: Mit dem Neubau-Bezug und dem Wechsel an der Spitze habe eine neue Generation von Wissenschaftlern Einzug gehalten, „die natürlich mit anderen Methoden arbeitet“. So konzentriere man sich jetzt etwa verstärkt auf genetische Analysen und verfüge nun über die dazu notwendige Ausstattung. Wobei sich die Wissenschaftlerin freut, sich künftig verstärkt mit Fachleuten aus anderen europäischen Ländern auszutauschen. „Kollegen von einem Forschungsinstitut aus Tschechien etwa kommen bald für zehn Tage hierher, um Gewässer zu untersuchen“, sagt sie. Sie würden im Haus übernachten und das Labor nutzen. Wobei die Übernachtung für Auswärtige, die nicht zur Uni Köln gehören, trotzdem sehr günstig sei.
Einweihungsfeier am 3. Mai
Die Uni in Bienen, sagt Dr. Scharnweber, möchte diese auf jeden Fall zu einer Stätte der wissenschaftlichen Begegnung gerade mit Blick auf den Klima-Wandel ausbauen. Das liege ihr ganz besonders am Herzen. Apropos am Herzen liegen: Der Förderverein der Station hat auch schon eine Einweihungs-Fete geplant, und zwar am 3. Mai. Dann werde auch ihr Vorgänger im Amt, Professor Jost Borcherding, den sie so sehr schätzt, offiziell verabschiedet.
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