Kalkar/Rees. Falls der Strom ausfällt, müssen Pumpen in Rees und Kalkar das Schmutzwasser weiter zum Klärwerk befördern. Wie das jetzt geregelt ist.

Die Zeiten haben sich geändert, seitdem Russland nicht nur den Gashahn zugedreht, sondern auch das Nachbarland Ukraine überfallen hat. Allerorten geht‘s jetzt um Energiesicherheit bei uns, auch im Klärwerk in Kalkar-Hönnepel, das in Kalkar und Rees für die Schmutzwasser-Beseitigung zuständig ist.

„Wir müssen darauf vorbereit sein, dass es auch bei Strom zu einem längerfristigen Blackout kommen kann“, sagt Betriebsleiter Heinz Arntz. Deshalb habe man jetzt mobile Notstrom-Aggregate angeschafft.

Förderprogramm zur Vorbeugung

Denn in Rees und Kalkar sind große Pumpwerke im Einsatz, die für die Abwasserbeseitigung zum Klärwerk gebraucht würden. Heute stehen davon drei stationäre Anlagen in Kalkar sowie in Rees. Nur was ist, wenn etwa die Russen durch einen Cyber-Angriff oder Sabotage die Energie-Versorgung für länger lahm legen?

Um dem vorzubeugen, hat die NRW-Landesregierung ein Förderprogramm aufgelegt - davon wurden jetzt auch vom Abwasserbehandlungsverband Kalkar-Rees insgesamt drei mobile Strom-Aggregate angeschafft, die zu 50 Prozent bezuschusst wurden.

Windkraftanlage geht jetzt ans Netz

„Zwei davon sind im Fall eines Falles für Rees vorgesehen, eins für Kalkar“, erklärt Lukas Reinders. Der 36-jährige Halderner ist Arntz rechte Hand und entwickelt derzeit ein Konzept, wie die Notstromaggregate im Ernstfall eingesetzt werden müssten. 330.000 Euro kosten die mobilen Geräte, die Hälfte davon zahlt das Land.

Einen Blackout hat es beim Klärwerk übrigens noch nicht gegeben, „aber vor etwa zwei Jahren einen vierstündigen Stromausfall, von dem wegen eines Unfalls beim Energieversorger Westnetz das Kalkarer Stadtgebiet betroffen war“, erinnert sich Reinders.

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Start hat sich verzögert

Apropos Energie: Die neue, 99 Meter hohe Windkraftanlage wird noch in dieser Woche ans Netz gehen und Strom erzeugen. „Gerade eben haben noch Tests mit Notbremsungen stattgefunden“, sagt Heinz Arntz.

Das die Anlage, die schon seit November steht, nicht eher in Betrieb gehen konnte, habe mit unerwarteten Schwierigkeiten bei der Kabelversorgung zu tun. Jetzt sei aber alles für den Start bereit. Damit ist die Kläranlage, was die Stromversorgung angeht, jetzt autark.

Wir müssen darauf vorbereitet sein, dass es auch bei Strom zu einem längerfristigen Blackout kommen kann.
Heinz Arntz - Betriebsleiter des Klärwerkes

3,5 Millionen Tonnen Wasser aufbereitet

„Mit unserer Windanlage, dem Blockheizkraftwerk, das mit Methan-Gas betrieben wird, was wiederum aus unseren beiden Faultürmen stammt, und schlussendlich den Vererdungsanlagen, die mit Schilf den Klärschlamm klimaneutral entwässern, sind wir schon sehr vorbildlich - und wohl auch Vorreiter“, sind Reinders und Arntz schon stolz auf das bislang Erreichte.

Eigentlich hätte das kleine Klärwerk, das 2023 etwa 3,5 Millionen Tonnen Schmutzwasser (inklusive Niederschlagswasser) aufbereitet hat, schon eine Auszeichnung dafür verdient.

Die neue Windkraftanlage geht diese Woche ans Netz.
Die neue Windkraftanlage geht diese Woche ans Netz. © NRZ | remy

Dabei denken die beiden Klärwerk-Chefs schon an den nächsten Schritt: „Künftig wollen wir das Wasser, das gereinigt aus der Kläranlage läuft, zu hygienisch gutem Brauchwasser aufbereiten“, erläutert Reinders. Denn bislang beziehe die Kläranlage Wasser, das etwa für die Reinigung von Maschinen eingesetzt wird, aus einem tiefen Grundwasser-Brunnen. Vielleicht könnte später ja auch die Landwirtschaft dieses Wasser einsetzen...

Auf einem hervorragenden Weg

Wobei das Projekt, das bereits angegangen wird und täglich 50 Kubikmeter Wasser säubert, in kleinem Maßstab ein Vorläufer eines Gesetzes ist, das die EU als vierte Reinigungsstufe wohl in Kürze verabschieden wird.

Dadurch sollen künftig auch Mikro-Schadstoffe wie Bakterien, Viren oder kleinste Kunststoffteilchen aus dem Wasser herausgefiltert werden können. „Das wird technisch schon eine Herausforderung“, ahnt Lukas Reinders, der Umbau von Anlagen sei dafür aber nicht notwendig. Ziel sei jedenfalls, das Kläranlagen künftig klimaneutral werden sollen.

In Kalkar-Hönnepel ist man da ganz offensichtlich schon auf einem hervorragenden Weg, „und das seit Jahren“, hebt Heinz Arntz hervor. Immerhin erzeugt das Klärwerk schon seit Jahren mehr Energie, als es für den Betrieb der Anlagen benötigt - selbst das Verwaltungsgebäude wird mit Wärme versorgt, die im Blockheizkraftwerk neben der Strom-Erzeugung anfällt.

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