Kreis Kleve. Das Wetter macht den Landwirten im Kreis Kleve das Leben schwer. Landwirt Michael Seegers erklärt die Folgen für Aussaat und Erträge.

Geplagte Landwirtschaft: 2022 machte die Dürre den Landwirten im Kreis Kleve zu schaffen, der Herbst 2023 war extrem nass, das Jahr 2024 startet mit Hochwasser.

„Im Moment wird nichts ausgesät. Es ist einfach viel zu nass“, erklärt Michael Seegers, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Kleve, auf Nachfrage der NRZ.

Wenn das Getreide lange unter Wasser steht

Im Herbst würden die letzten Kulturen, Rüben und Kartoffeln, geerntet, danach folgte klassischerweise die Aussaat des Wintergetreides. Hier blieb es beim Versuch: Dort, wo man meinte, es könnte funktionieren, machten Seenlandschaften einen Strich durch die Rechnung. „Da kann man jetzt eigentlich schon sagen, dass es unglaubliche Ertragseinbußen geben wird. Wenn das Getreide länger als vier, fünf Tage im Wasser steht, ist es hinüber“, so Seegers.

Der Landwirt erklärt: Mitte August fängt man mit den Zwischenfrüchten an, ab Ende August beginnt die Aussaat für den Winterraps, ab etwa 20. September Wintergerste, ab 15. Oktober Winterweizen, die klassischen Kulturen im Herbst. „Das funktionierte in fast ganz Deutschland nicht. Es war einfach viel zu nass: Im Vergleich zu Niedersachsen sei man aber mit einem blauen Auge davongekommen, „hier wurden Hunderte Hektar überschwemmt, es wird definitiv etwas anderes angebaut werden müssen.“

Dann eben doch wieder Mais

Problematisch: Landwirte müssten die Kulturen in jedem Jahr wechseln. „Das wird dieses Jahr spannend. Wo letztes Jahr Mais stand, darf er dieses Jahr nicht gepflanzt werden. Da wird Getreide angebaut – das wurde aber überflutet.“ Ob noch was zu retten ist, sei fraglich. Irgendwas müsse aber gepflanzt werden. „Als nächste Kultur dann eben doch wieder Mais.

Ändern könne man das Prozedere nicht, das sei so vorgeschrieben. „Wir erhalten Fördermittel von Brüssel. In diesen Fördermitteln ist eine Regelung, dass man jedes Jahr eine andere Kultur auf den Ackerflächen säen muss.“ Michael Seegers hat seine Zweifel, ob die Entscheidungsträger in Brüssel mehr Ahnung von den Böden haben, als die Landwirte selbst… „Aus diesem Grund haben wir so ein Harakiri im Herbst gemacht, weil man es halt muss. Damit man die Fördermittel bekommt. Und das ist mal voll in die Hose gegangen!“.

Sommerkulturen bringen den Ertrag nicht

Das kommende Frühjahr wird „eine ganz schwierige Baustelle“. Erstmal müsse auf den Rückzug des Wassers gewartet werden, die Flächen müssten wieder befahrbar sein. Dann könne man erst überlegen, was überhaupt angebaut werden kann. Wintergerste und Winterweizen würde im Herbst bzw. Frühwinter gesät, nicht im Februar. „Dann muss ich Sommerkulturen säen und die bringen den Ertrag nicht“, weiß Seegers.

Wie groß die Schäden tatsächlich sind, sei noch nicht absehbar. Neu einsäen oder retten, welche Kultur ist überhaupt noch anbaubar? „Wenn ich die Bilder aus Niedersachsen sehe, wo Flächen Tage und Wochen unter Wasser stehen – da wird kein Getreide groß werden.“

Anbau anderer Kulturen muss möglich sein

Michael Seegers nimmt die Politik in die Pflicht: In einem so nassen Jahr müsste auch der Anbau anderer Kulturen möglich sein. „Wir Landwirte haben den Job gelernt in drei Jahren Ausbildung plus zwei Jahren Fachschule. Ich glaube, dass wir am besten mit unseren Böden umgehen können, aber wir haben zu viele Experten, die es anscheinend besser wissen!“

Eingestellt sind die Landwirte auf die Veränderungen des Klimas. So gäbe es Saatgut, das in Dürrezeiten weniger Wasser brauche, auch Gentechnik spiele eine Rolle. „Nicht weil es Gentechnik ist, ist es automatisch schlecht“, sagt der Landwirt. Wenn Saat zum Beispiel so verändert werden könnte, dass es von Pilzen befreit ist oder mit den Klimaveränderungen besser zurechtkommt. „Damit setzen wir uns schon länger auseinander.“

Alles muss dokumentiert werden

Jeden zweiten Tag wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben, mit der wir uns dann auseinandersetzen müssen
Michael Seegers - Vorsitzender der Kreisbauernschaft Kleve

Wenig Verständnis hat Michael Seegers für die anfallende Bürokratie: „Ich bin als Betriebsleiter mindestens zweimal die Woche im Büro.“ Alles müsse dokumentiert werden, bevor sich ein Landwirt auf den Trecker setzen und die Mähmaschine anhängen könne.

Eine Vorbereitung auf die nächsten Jahre sei aufgrund der fehlenden Planungssicherheit gar nicht möglich. „Jeder neue Politiker meint, er hätte eine neue Idee zum Thema Tierwohl, Stromsparmaßnahmen, Bauvorhaben etc. Jeden zweiten Tag wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben, mit der wir uns dann auseinandersetzen müssen.“

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