Rees-Helderloh. Gerade erst waren die Milchpreise für Landwirte auf einem guten Weg, da stürzen sie wieder ab und liegen bei 40 Cent pro Liter. Was das bedeutet.

Noch sind sie nicht auf dem Hof eingetroffen, die Smartwatches, die künftig jede der 260 Milchkühe im Stall von Landwirt Markus Hübers überwachen sollen. „Wenn die Kühe den Chip im Ohr haben, weiß ich jederzeit, ob sie gesund sind oder irgendetwas nicht in Ordnung ist mit ihnen. Und zwar rechtzeitig, bevor sie vielleicht krank werden“, sagt der 48-Jährige. Dafür investiert er eine fünfstellige Summe.

55 Cent/Liter in 2022 – das war ein auskömmlicher Preis

Investieren könne er gerade in außerplanmäßige Projekte, weil der Milchpreis im vorigen Jahr bei zirka 55 Cent je Liter lag und damit auskömmlich war. Jetzt sei der Milchpreis schon wieder im freien Fall. „Weil die Verbraucher einfach nicht bereit sind, mehr für gute Lebensmittel zu zahlen“, ärgert er sich.

2022 sei auch für ihn als Milchbauer ein ganz ordentliches Jahr gewesen, erzählt Hübers. Etwa Mitte des Jahres hätten sich die Probleme, zum Beispiel was den teuren Einkauf von Futter-Getreide betraf, wieder relativiert. „Wobei die Preise schon vor dem Ukraine-Krieg weltweit stark angezogen sind, weil Lebensmittel an sich schon überall knapp geworden waren“, sagt der Landwirt. Damals hätten wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage viele Milchbauern aufgegeben, auch im Kreis Kleve.

Ein weiterer Reinigungs-Roboter für den Stall ist bereits bestellt

„Mit den zirka 55 Cent je Liter Milch haben wir die deutlich gestiegenen Kosten, auch für Energie, dann aber gut ausgleichen können“, so Hübers, der froh war über die gestiegene Nachfrage nach Milch-Produkten während der Corona-Zeit. Da sei auch Geld übrig geblieben, um beispielsweise Tierwohl- und Nachhaltigkeits-Projekte auf dem Hof umzusetzen. Bestellt, aber auch wegen Lieferproblemen noch nicht eingetroffen, ist etwa ein weiterer Reinigungs-Roboter für die Laufwege der Kühe im Stall. Ein Gerät sei bei ihm schon länger im Einsatz.

Landwirt Markus Hübers am Computer. Wenn er in Kürze die Smartwatch für jede Milchkuh hat, weiß er sofort, ob die Tiere etwa gesundheitliche Probleme haben – und kann unverzüglich reagieren.
Landwirt Markus Hübers am Computer. Wenn er in Kürze die Smartwatch für jede Milchkuh hat, weiß er sofort, ob die Tiere etwa gesundheitliche Probleme haben – und kann unverzüglich reagieren. © NRZ | Remy

Doch leider wären die Verbraucher einfach nicht gewillt, im Laden die gestiegenen Lebensmittel-Preise zu zahlen. Eine Folge: Der Milchpreis ist in nur drei Monaten auf zirka 40 Cent je Liter abgestürzt. Was wiederum zur Folge habe, dass viele Landwirte hinschmeißen werden. Deshalb sieht er ein „Riesenproblem“ aufziehen. In Deutschland würde deutlich weniger Milch produziert – und dann aus anderen Ländern, ähnlich wie bei der Gas-Versorgung, vermehrt Milch aus dem Ausland eingekauft. Hübers: „Dadurch machen wir uns auch bei Lebensmitteln abhängig, ähnlich wie beim Gas.“

Bedarf an Medikamenten für die Milchkühe auch in Rees hat sich enorm verringert

Was die Smartwatch betrifft: Die seien hervorragend dafür geeignet, das Wohlbefinden der Tiere zu erhöhen. „Weil ich einfach schneller reagieren kann, sobald ich das Signal bekomme“, erklärt der Fachmann. Dadurch würde auch der Bedarf an Medikamenten noch weiter abnehmen. „Wobei wir schon heute deutlich weniger Antibiotika einsetzen müssen als noch vor Jahren“, meint der Landwirt. Dem natürlich an der Gesundheit seiner Tiere gelegen ist. Denn ein gesundes Tier gibt auch mehr Milch, in der Spitze bis zu 60 Liter am Tag.

Und noch etwas hat der engagierte Agrar-Techniker in Angriff genommen, gemeinsam mit seiner Molkerei, der Arla-Genossenschaft. Er will den CO2-Ausstoß der Milchkühe weiter deutlich reduzieren. Weltweit liegt der pro Liter bei 2,8 Kilogramm, „auf unserem Hof sogar bei unter einem Kilogramm, was damit zu erklären ist, dass unsere Tiere ziemlich gesund sind“.

Mit Enzym-Hemmern soll Methan-Ausstoß der Kühe weiter reduziert werden

Jetzt will man mit Enzym-Hemmern, die nicht chemisch sind, dafür sorgen, dass sich – wissenschaftlich begleitet – der Methan-Ausstoß der Milchkühe weiter reduziert. Möglich sei das durch eine Kombination von Futtermitteln. „Ich hoffe nur, dass unsere Anstrengungen auch für die Umwelt von den Verbrauchern honoriert werden. Wobei ich da skeptisch bin“, sagt Markus Hübers etwas desillusioniert. Zwar würden viele sagen, wie wichtig ihnen gesunde und nachhaltige Lebensmittel seien und der Schutz der Umwelt: „Nur dafür mehr Geld ausgeben wollen die allermeisten nicht. Die geben lieber Geld fürs Reisen aus – siehe Abflug-Rekorde am Düsseldorfer Flughafen in den Osterferien.“