Kreis Kleve. Der Ramadan beginnt voraussichtlich am 22. März. Muslime dürfen dann tagsüber weder essen noch trinken. Ein Arzt erläutert, wie gesund das ist.

Von morgens bis abends nichts essen? Aber trinken dürft ihr doch oder? Diese Fragen hat vermutlich jeder Muslim in Deutschland schon mindestens einmal gehört. Doch warum fasten Muslime und wie gesund ist das Fasten für den Körper eigentlich?

Beim Fasten geht der Körper an die Fettreserven

Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Arun Subburayalu aus Emmerich empfiehlt sowohl gesunden Muslimen als auch Nicht-Muslimen zu fasten. Dabei sollen Fastende sich vor allem mit dem Thema Entgiftung auseinandersetzen, rät er. Erkrankten Patienten, die fasten wollen empfiehlt er „eine gründliche Untersuchung“. Dabei wird eine Blutuntersuchung durchgeführt, um zum Beispiel die Cholesterinwerte oder auch den Blutzucker zu kontrollieren. Damit soll ein potenzieller Vitaminmangel früh erkannt werden.

Das menschliche Gehirn habe rund um die Uhr einen Energiebedarf von 25 Prozent. Für gewöhnlich, hole es sich diese Energie aus der Nahrung, die man über den Tag verteilt zu sich nimmt, erklärt der Arzt. Um diesen 25-Prozent-Energielevel aufrecht zu erhalten, wird das Gehirn, während des Fastens gezwungen, an die Fettreserven des Körpers zu gehen. Dieser Prozess wird als Ketose bezeichnet und trete erst nach etwa zwölf Stunden ohne Nahrung auf, erklärt Subburayalu.

Mit der Ketose steigt die Leistung. Diesen Zustand würden viele Fastende versuchen zu erreichen, weiß der Mediziner. Er selbst habe das Fasten auch schon mitgemacht, erzählt er. Als evangelischer Christ, hatte das für ihn ausschließlich gesundheitliche Gründe. „Beim Fasten kann die Leistung und das Wohlbefinden sehr ansteigen“, so Subburayalu.

Fasten entgiftet den Körper

Früher hätten Nahrung und Luft wenig Giftstoffe enthalten, erklärt der Mediziner. Somit hätten auch unsere Fettreserven kaum Giftstoffe enthalten. Heute sei das aber anders, sagt Subburayalu. Durch den Abbau der Fettreserven würden diese Giftstoffe freigesetzt werden. Daher sei die Auseinandersetzung der Fastenden mit Entgiftung äußerst wichtig, so der Arzt.

VIK Vorsitzender Rachid Oulfil und Gesamtschullehrerin Nesrin Basal erzählen über den Ramadan in Kleve
VIK Vorsitzender Rachid Oulfil und Gesamtschullehrerin Nesrin Basal erzählen über den Ramadan in Kleve © NRZ Emmerich | Sabrina Ouazane

Für Muslime ist der Monat Ramadan jedoch mehr als nur Fasten. „Während der Fastenzeit sollen der Körper und die Seele gereinigt werden“, erklärt Rachid Oulfil. Er ist Vereinsvorsitzender des Vereins für Islamische Kultur (VIK) in Kleve und sagt, dass mit dem Fasten „auch die Gemeinschaft und die Solidarität mit den Schwachen und Armen gestärkt werden“.

„Zur Teilnahme am Ramadan sind alle Muslime verpflichtet, die körperlich und geistig in der Lage dazu sind“, erklärt er. Kinder, die noch nicht pubertieren, schwangere oder menstruierende Frauen, kranke und alte Menschen sind allerdings vom Fasten befreit. „Wir haben besonders viele Kinder aus der Türkei, aus Marokko oder aus Syrien, die sehr gerne mitfasten“, erzählt Nesrin Basal aus Syrien. Sie unterrichtet Physik und Mathe an der Gesamtschule in Emmerich und hatte bisher den Eindruck: „Das Fasten macht die Kinder gar nicht müde“. Der erste Ramadan-Tag sei für einige schwer, da sie sich erst an das Fasten gewöhnen müssen, erklärt sie.

„Energiereiches Frühstück“ für fastende Schüler

Fastende Schüler sollten erst eine Stunde nach dem Aufstehen frühstücken, rät Dr. Arun Subburayalu. Der Grund: Das in der Nacht gebildete Hormon Melatonin, das für den Tag-Nacht-Rhythmus zuständig ist, arbeite gegen das Hormon Insulin, was der Körper braucht, um den Blutzucker zu senken, nachdem man etwas gegessen hat. Besonders Kinder sollten ein „energiereiches Frühstück“ zu sich nehmen, um den Energiebedarf des Gehirns zu sichern, sagt der Mediziner. Erwachsene sollten, wenn es geht, morgens nur zwei Gläser Wasser trinken.

Oulfil kann die oft geäußerte Kritik, dass es ungesund für den Körper sei, den ganzen Tag nichts zu trinken, nicht nachvollziehen. „Wissenschaftlich ist es schon bewiesen, dass ein Körper drei bis vier Tage ohne Flüssigkeit auskommen kann, ohne einen Schaden davonzutragen“, sagt er. In der Nacht würden die meisten Menschen auch nichts trinken, sagt Subburayalu. Erst tagsüber würde der Wasserhaushalt aufgestockt werden, so der Mediziner. „Die Muslime drehen das um“, sagt er. Sie trinken während des Ramadans tagsüber nichts und dafür aber nachts.

Die fünf Säulen des Islams

„Man sollte sich an die Regeln, die im Koran stehen halten“, sagt der Mediziner, denn so ist sich Subburayalu sicher: „Zur Selbstkontrolle ist es gut.“ Durch das Fasten bietet sich den Fastenden die Chance, ihre Ernährung dauerhaft umzustellen und zukünftig gesünder zu essen. Er ist der Meinung: „Wenn Ramadan nicht gesund wäre, hätte der sich nicht bewährt.“

„Der Ramadan gehört zu den so genannten fünf Säulen des Islams“, sagt Oulfil. Der Monat Ramadan ist der neunte Monat des islamischen Mondkalenders und verschiebt sich jährlich um etwa zehn Tage zurück. Das genaue Anfangsdatum richtet sich nach der Sichtung des Neumondes. Ebenso gibt es auch die Möglichkeit, das Anfangsdatum zu berechnen. „Diese zwei Richtungen werden immer noch praktiziert“, sagt der VIK-Vorsitzende. Jede Gemeinde entscheide individuell, welche der beiden Methoden sie anwenden will, erklärt er. In diesem Jahr wird der erste Ramadantag voraussichtlich am Mittwoch, den 22. März sein. Die Bestätigung wird in der Regel am Abend vorher verkündet.