Emmerich. Gesamtschule: Politik will möglichen Baustopp am Grollschen Weg nochmal besprechen. Diese Argumente wurden im Schulausschuss ausgetauscht.

Über einen Baustopp bei der Sanierung des Gesamtschulgebäudes Grollscher Weg wird nochmal an einem Runden Tisch diskutiert. Darauf einigte sich der Schulausschuss am Donnerstagabend einstimmig. Noch vor der Ratssitzung am 14. Februar sollen Politik, Verwaltung und Gesamtschule über den CDU-Antrag sprechen. Dann entscheidet der Rat, wie es nun weitergeht.

Reintjes schlägt vor, die Mitte zwischen 30 Millionen Euro plus X und Null zu suchen

Wie berichtet hat die CDU Sorgen um die Haushaltsentwicklung in Emmerich: „Es wird in den nächsten Jahren schwer“, sagte Fraktionschef Dr. Matthias Reintjes. Als Vorschlag zur Güte regte er den Runden Tisch an: „Zwischen 30 Millionen plus X und Null gibt es auch eine Mitte. Man muss sich ehrlich machen. Vielleicht können wir bis Mitte Februar einen Kompromiss finden.“

Zuvor schimpften vor allem SPD und Grüne. „Wir fühlen uns durch den CDU-Antrag vor den Kopf gestoßen. Das ist nicht erforderlich. Wenn ich sehe, was wir jetzt an Geld verpulvern, dann fasse ich mir an den Kopf“, sagte Ludger Gerritschen (SPD) mit Bezug auf einen Vortrag von Markus Dahms, Zweiter Beigeordneter, der in Zahlen ausdrückte, was ein Stopp des Projektes zum jetzigen Zeitpunkt bedeuten würde. Nämlich, dass wie berichtet bis zu 2,7 Millionen Euro für die schon geleistete Planungsarbeit zu zahlen oder schon bezahlt sind. Und dass weitere 2,5 Millionen Euro an Renovierungsarbeiten erforderlich wären, um das alte Gebäude für die kommenden Jahre in einen Zustand zu versetzen, der den Schulbetrieb ermöglicht.

Kritik von SPD und Grünen

Auch eine Verquickung der erforderlichen Maßnahmen an den Grundschulen, um ab 2026 den Ganztag für alle zu ermöglichen, mit der Gesamtschulmaßnahme passte Gerritschen nicht. Dies seien verschiedene Fördertöpfe.

Auch für Hermine Swajohr, Die Grünen, sei eine „Millionen-Verschwendung“ nicht hinnehmbar. Sowohl der Gesamtschulausbau als auch Maßnahmen an den Grundschulen seien durchzuführen. Gespart werden müsse bei anderen Projekten. „Was ist das für eine Wertschätzung gegenüber den Heranwachsenden?“, fragte sie. Ihr Antrag auf namentliche Abstimmung fand im Anschluss keine Mehrheit.

Verwaltung versichert: Es gibt keinen Sanierungsstau an den Grundschulen

Johannes ten Brink, CDU, regte an, auch mal eine Liste der aufgeschobenen Renovierungsmaßnahmen an Grundschulen vorzulegen. Aber Dahms versicherte: „An den Grundschulen haben wir nicht so einen Renovierungsstau, den wir zwei, drei, vier Jahre vor uns her schieben.“ Im Haushalt 2023 sind zudem rund 700.000 Euro für Bauunterhaltungen an Grundschulen vorgesehen, der höchste Betrag seit Jahren.

Christopher Papendorf, BGE, begrüßte den Vorschlag zum Runden Tisch: „Wir brauchen einen Konsens, mit dem wir alle leben können.“

+++ Das berichtete die NRZ am 20. Januar +++

Bürgermeister Peter Hinze wundert sich sehr über den Antrag der CDU, das Sanierungsprojekt für die Gesamtschule am Grollscher Weg für 26,7 Millionen Euro bis auf Weiteres pausieren zu lassen: „Aus pädagogischer Sicht ist es ein fatales Signal an die Schüler, Eltern und die Bildungslandschaft in Emmerich.“ Nach der jahrelangen Vorplanung wolle man nun bei zwei Dritteln stoppen? „Man ist hier schon relativ weit. Es wird schon diskutiert, wohin welche Steckdose kommt. Hier wird eine sachliche Diskussion um die Gesamtschule gegen eine emotionale Diskussion bei den Grundschulen geführt“, findet der Bürgermeister.

Es ist offen, was in Emmerich für den Ganztag an Grundschulen investiert werden muss

Die CDU hatte den Antrag gestellt, weil sie den Bedarf sieht, Finanz- und Personalressourcen für den Ganztagsausbau freischaufeln zu müssen. Bis 2026 muss auch Emmerich 100 Prozent aller Kinder einen Ganztagsplatz an den Grundschulen anbieten können. So sieht es der Gesetzgeber vor. Allerdings werden hierfür auch Mittel von Land und Bund fließen, erinnert Hinze, somit sei noch völlig offen, ob wirklich Geld in Emmerich fehle. „Und wir fangen nicht bei 20 Prozent an“, erinnert Hinze an den jetzt schon guten Betreuungsgrad. Bisher sei kein Kind ohne Betreuung geblieben.

Die Lehrküche wurde zum Teil in den 1960er-Jahren eingerichtet. Zum Teil ist sie ziemlich veraltet.
Die Lehrküche wurde zum Teil in den 1960er-Jahren eingerichtet. Zum Teil ist sie ziemlich veraltet. © Stadt Emmerich

Bei den personellen Ressourcen würde ein Baustopp auch erstmal keine Kapazitäten freischaufeln, verdeutlicht Markus Dahms, Zweiter Beigeordneter der Stadt Emmerich: „Die Renovierung des bestehenden Gebäudes bindet auch Personal.“ Stephan Glapski, Fachbereichsleiter Immobilien, ergänzt: „Wir haben jemanden extern eingekauft für die Fachbauleitung am Grollschen Weg. Am Ende wäre die Belastung ähnlich, wie bei einer Renovierung.“

2,7 Millionen Euro schon investiert

Für die Planung sind 1,3 Millionen Euro schon tatsächlich ausgezahlt worden. Weitere 1,1 Millionen Euro sind beauftragt. „Nach aktueller Rechtssprechung müssen wir davon ausgehen, dass im schlimmsten Fall bis zu 100 Prozent auch gezahlt werden müssen“, erklärt Dahms. Inklusive Vorplanungskosten von 168.000 Euro sind also schon bis zu 2,7 Millionen Euro in die Hand genommen worden. Eine Investition, die – je nach Verzögerung des Projekts – teils vergeblich gewesen sein würde.

Die fest verbauten Teile sind hier in einem ziemlich abgenutzten Zustand.
Die fest verbauten Teile sind hier in einem ziemlich abgenutzten Zustand. © Stadt Emmerich

Und dann wäre da noch der Renovierungsstau. Wird das Projekt pausiert – und hier muss die Verwaltung zwingend wissen, wie lange die Politik tatsächlich pausieren will –, dann muss üppig renoviert werden, um den Schulbetrieb für geschätzt zehn Jahre erstmal zu erhalten, wie Glapski darlegt. Die Lehrküche zum Beispiel ist mit Elementen aus dem Jahr 1966 völlig überaltert. Fünf Fachräume müssen renoviert werden. Grob müssten 1,23 Millionen Euro investiert werden, je nachdem wie lange pausiert wird. Und dann hätte man noch keine moderne Schule, die für 40, 50, 60 Jahre und mehr Bestand hätte.

2,5 Millionen Euro wären auch bei einem Baustopp in die Hand zu nehmen

Zudem, ergänzt Dahms, müsse in die Ausstattung der Schule rund 1,2 Millionen Euro investiert werden: „Wir müssten also insgesamt weitere 2,5 Millionen Euro in die Hand nehmen.“ Völlig offen sei dann noch, wie mit den fehlenden Mensa- und den Ganztagsflächen umzugehen sei. Der Aufbau von Container, die auch Geld kosten, wäre wohl die Folge. „Das ist nicht optimal, um eine neue Schulform zu etablieren“, findet Dahms.

Dahms versichert, dass die Stellung des Bauantrages am 22. Dezember – nach dem CDU-Antrag zur Baupause – nicht gegen den CDU-Antrag gerichtet sei. Vielmehr sei dies monatelang in Bearbeitung gewesen und man wollte verhindern, dass ab 2023 andere Regeln zu beachten seien. Bei einer Baugenehmigung hätte man drei Jahre Zeit mit dem Bau zu starten, bevor diese abläuft.

Bei einer Finanz-Debatte wurden diese Punkte nicht berücksichtigt

Glapski hat zudem eine Diskussion über Einsparpotenziale bei den Planungen vermisst. Sei es durch eine Flächenreduzierung oder andere Qualitäten – Linoleum- statt Parkettböden zum Beispiel. „Über diese Dinge ist nie gesprochen worden.“

Weiterer Finanzaspekt: „Wir sind in 2022 mit einem Haushalt von minus 12,1 Millionen Euro gestartet. Aber wir konnten ihn immer weiter verbessern“, so Hinze. Selbst die minus sechs Millionen, die zuletzt im Quartalsbericht Stand der Dinge waren, werden sich noch verbessern.

In Sachen Ganztag an den Grundschulen, stellt die Verwaltung fest, sei man noch nicht so weit. Bauliche und organisatorische Maßnahmen seien zu besprechen. Und setzen ein pädagogisches Konzept voraus, so Dahms. Ob immer in Beton investiert werden müsse, stellt Peter Hinze in Frage. Und am Ende müsse für den Ganztag auch erstmal das Personal gefunden werden.

+++ Das hat die NRZ bisher berichtet +++

Die Stadtverwaltung Emmerich hatte am Montagabend schon mal für kommenden Freitag zu einer Pressekonferenz eingeladen, denn sie wusste natürlich schon, was kurz darauf in der Tagesordnung zum Schulausschuss am Donnerstag, 26. Januar, veröffentlicht werden würde. Und das könnte ein Paukenschlag werden. Die CDU-Fraktion beantragt, den Ausbau des Standortes Grollscher Weg der Gesamtschule Emmerich zunächst pausieren zu lassen. Sicherlich kann man davon ausgehen, dass auch die BGE, die ohnehin kritisch dem Ausbau in dieser Form gegenüber steht, dem zustimmen wird. Das wäre eine Mehrheit im Rat, der final beschließen müsste. Der Schulausschuss berät inhaltlich und gibt eine Empfehlung ab.

CDU: Finanzielle und personelle Kapazitäten für andere Schulprojekte nötig

Der CDU geht es in ihrem Antrag vor allem um andere dringende Schulprojekte: Durch den Stopp an der Gesamtschule, wo sich der Aus- und Umbau des alten Realschulgebäudes derzeit in der Ausführungsplanung befindet, würden dringend nötige Mittel für den Ausbau der Kinderbetreuung (offener Ganztag) und der Grundschulstandorte frei werden. Auch die personellen Kapazitäten im Rathaus würden dafür nämlich gebraucht.

Eine Ansicht vom innen liegenden Hof auf das Schulgebäude am Grollschen Weg in Emmerich. Die CDU beantragt den Um- und Ausbau pausieren zu lassen.
Eine Ansicht vom innen liegenden Hof auf das Schulgebäude am Grollschen Weg in Emmerich. Die CDU beantragt den Um- und Ausbau pausieren zu lassen. © FUNKE Foto Services | Karl Banski

Die Verwaltung spricht sich dafür aus, dem Antrag der CDU nicht zu folgen. Das Projekt sei schon zu weit fortgeschritten, es wurden Millionen investiert, die bei einer späteren Wiederaufnahme des Projektes womöglich zum Teil erneut anfallen würden.

Zurückgestellte Renovierungen wären bei einem Baustopp teils sofort anzugehen

Seit dem Ratsbeschluss von 2013 ist eigentlich klar, dass am Grollschen Weg Ganztagsflächen und eine Mensa zu errichten sind. Seither wird in das alte Realschulgebäude nur noch das investiert, was für die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs nötig ist, heißt es in der Vorlage: „Der Renovierungsstau ist daher nicht mehr zu übersehen.“

Um den Schulbetrieb ohne Umbau mehrere Jahre fortsetzen zu können, wären hier etliche Investitionen nötig, die grob geschätzt bei einer Million Euro liegen. Je nach Dauer des Baustopps müsste das genauer ermittelt werden. Schon ein kurzfristiger Baustopp würde dringende Maßnahmen für etwa 250.000 Euro nach sich ziehen. Als Schulträger wäre die Stadt Emmerich zu diesen Investitionen verpflichtet, um den Schulbetrieb gewährleisten zu können. Schulleiterin Christiane Feldmann hat der Stadt bereits mitgeteilt, dass ein Baustopp zeitlich zu befristen und Zwischenrenovierungen erforderlich wären.

Schulleiterin Christiane Feldmann, hier am Schulstandort Grollscher Weg, sieht eine Zwischenrenovierung des alten Gebäudes als erforderlich, sollte das Um- und Ausbauprojekt der Gesamtschule pausieren müssen.
Schulleiterin Christiane Feldmann, hier am Schulstandort Grollscher Weg, sieht eine Zwischenrenovierung des alten Gebäudes als erforderlich, sollte das Um- und Ausbauprojekt der Gesamtschule pausieren müssen. © FUNKE Foto Services | Konrad Flintrop

Bereits investierte Millionen Euro könnten später erneut anfallen

2016 wurde die Verwaltung durch den Rat beauftragt, die alte Realschule gemäß dem Konzept des Architekturbüros Hausmann umzubauen. In der Planungsarbeit sind bereits erhebliche Kosten angefallen, die etwa bei 2,868 Millionen Euro liegen: „Diese Kosten würden nach einem Moratorium zumindest teilweise erneut anfallen“, heißt es in der Vorlage.

Schon aus wirtschaftlichen Gründen wird vorgeschlagen, nicht dem Antrag der CDU zu folgen. Zudem könne bei dann weiterhin mangelhaften Ganztags- und Mensaflächen kaum von einer modernen Ganztagsschule wie an den Standorten Brink und Paaltjessteege, wo 19,9 beziehungsweise rund 4,2 Millionen Euro für den Neu- und Umbau investiert wurden, gesprochen werden. Die Verwaltung plädiert dafür, auch diesen letzten Abschnitt im Prozess umzusetzen, um den Emmericher Kindern optimale Bildungsmöglichkeiten zu bieten.

>> Bauantrag wurde am 22. Dezember 2022 gestellt

Der Bauantrag für das Projekt wurde übrigens am 22. Dezember 2022 gestellt. Da lag der Antrag der CDU vom 28. November bereits vor. Am Freitag wird die Verwaltung mehr zu den Zahlen sagen.

Der Ausschuss tagt öffentlich um 17 Uhr in der Aula der Gesamtschule an der Paaltjessteege.