Rees/Kreis Kleve. Nutrias sind in vielen Gegenden ein großes Problem. Am Altrhein in Bienen ist man die Tiere losgeworden. Ein Modell für den ganzen Kreis Kleve?
Fressschäden an Feldfrüchten, Schäden an Gewässerufern und unterhöhlte Deichanlagen – wenn man sich ein Nutria anschaut, dann möchte man gar nicht meinen, welchen Schaden die Tiere anrichten können. Am Altrhein in Bienen bemerkte man ihre Präsenz vor allem durch das Verschwinden der Röhrichtpflanzen. Rund die Hälfte der Pflanzen verschwanden über die Zeit. „Was kann das sein?“, fragte man sich.
Aufklärung brachten Fraßschutzanlagen samt Kameras, die schließlich die Übeltäter mit Fotos sichtbar machen: Nutrias. Die Tiere fressen bei Röhrichtpflanzen gerne auch die Wurzeln mit. „Dann können die Pflanzen nicht mehr austreiben“, erklärt Diplom-Biologe Martin Brühne vom Naturschutzzentrum im Kreis Kleve bei der Tagung zum 25-jährigen Bestehen des Arbeitskreis Hochwasserschutz und Gewässer NRW im Reeser Bürgerhaus. Allerdings ist der Röhricht ein wichtiger Lebensraum für Pflanzen und seltene Tiere. „Es ist wichtig, diesen Lebensraum zu erhalten“, sagte Brühne.
Fallen stellen für die Nutrias am Altrhein
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Und dafür mussten die Nutrias weg. „Die Tiere können in kurzer Zeit eine hohe Population erreichen“, erklärte Brühne. Zwei bis drei Würfe pro Jahr mit bis zu 13 Jungen können dafür sorgen, dass aus einem einzelnen Nutriapaar schnell eine Population von mehreren Tausend Tieren wird. Und die fressen bis zu einem Viertel ihres Eigengewichts pro Tag an Nahrung.
Am Altrhein ergriff man Maßnahmen: Röhrichte wurden fraßgeschützt neu angepflanzt und rund 30 Lebendfallen aufgestellt, um die Nutrias zu fangen. Diese wurden zwei Mal täglich von einem extra angestellten Berufsjäger kontrolliert, der dann die gefangenen Tiere entnahm. Zudem organisierte man jährlich mit allen Jägern eine Streifjagd auf die Tiere. „Das haben wir schon 2016 gemacht“, erzählt Martin Brühne. Damals brachte man noch rund 40 Nutrias zur Strecke, 2019 waren es noch 7 und seither hat man keines der Tiere mehr gefunden. „Das zeigt uns: Unsere Arbeit war erfolgreich und es gib keine Nutrias mehr am Altrhein“, erklärte Brühne.
Modellprojekt für den ganzen Kreis Kleve
Nun ist also der Altrhein in Bienen eine nutriafreie Insel im Kreis Kleve. Mehr als 750 Nutrias hat man dort gefangen mit insgesamt gut 2,8 Tonnen Gewicht. Die getöteten Tiere wurden dann für Aasfresser in der Natur gelassen oder als Futter für die Wildtiere im Naturpark Anholter Schweiz verwendet.
Für den Diplom-Biologen Martin Brühne könnte der Erfolg der Jagd auf die Nutrias in Rees auch ein Modell für den gesamten Kreis Kleve sein. Man könnte an einzelnen Stellen mit ähnlichen Maßnahmen wie am Altrhein beginnen und dann die Gebiete immer weiter ausdehnen bis am Ende der gesamte Kreis frei von der invasiven Tierart ist. Allerdings müsste man dafür aber auch die Zuwanderung der Tiere ins Kreisgebiet kontrollieren. „Dazu ist ein dauerhaftes Monitoring notwendig“, sagte Brühne. Zum Beispiel könnte man über Wasserproben feststellen, ob Nutrias in einem bestimmten Gebiet aktiv sind.
Dankbar für einen solchen Aufwand wäre wahrscheinlich nicht nur die heimische Natur, sondern auch die Nachbarn jenseits der Grenze. Denn in den Niederlanden gibt es seit 2013 bereits keine Nutrias mehr. 95 Prozent der der Nutrias, die man dort findet, sind entlang der Grenze unterwegs. „Die fangen auch in Deutschland, damit die Tiere gar nicht erst in die Niederlande kommen“, berichtete Brühne. So könnte das Modell zur Nutriakontrolle auch über die Grenze hinaus wirksam werden.
>>>Die Nutrias in Deutschland
Ursprünglich stammen die Nutrias aus Südamerika. Allerdings wurden sie bereits Ende des 19. Jahrhunderts in Pelztierfarmen in Europa gehalten. Die Population in Europa geht vermutlich auf entflohene Tiere zurück.
Gefährlich sind vor allem die Schäden, die von den Tieren an Hochwasserschutzanlagen verursacht werden. Nutrias untergraben Deiche und Uferbereich und schaffen dabei große Hohlräume, die zu Einstürzen führen können.