Rees. 42 Jahre lang leitete Birgit Grewer die Küche des Seniorenheims St. Marien Haldern. Das hat sie in mehr als vier Jahrzehnten im Haus erlebt.
Zu ihrem Ehrentag, dem Eintritt in den Ruhestand, wird Küchenchefin Birgit Grewer mit einem besonderen Gefährt vorgefahren. Auf einem kleinen Anhänger hinter einem alten Traktor fährt sie auf das Gelände ein. „God save the Kitchen-Queen“, zu deutsch „Gott behüte die Küchen-Königin“ steht auf einem Banner über ihr.
Schnell wird auch dem unbedarften Beobachter klar, dass hier eine ganze besondere Person in den Ruhestand verabschiedet wird. Mehrere Hundert Besucher sind im Innenhof des Seniorenheims versammelt, um Birgit Grewer zu verabschieden, ihr Geschenke zu überreichen oder sie einfach nur zu umarmen und zum Ruhestand zu gratulieren.
Abschied einer besonderen Mitarbeiterin
Am 26. April 1980 hatte Birgit Grewer ihre Arbeitsstelle in Haldern angetreten. „In der ersten Zeit war die Arbeit geprägt vom Wandel vom Krankenhaus zum Altenheim“, erklärte Johannes Fockenberg, Geschäftsführer des Alten- und Pflegeheims St. Marien zum Abschied der Küchenchefin. Die hatte damals ihre Lehre als Hauswirtschafterin in einem landwirtschaftlichen Betrieb in ihrem Heimatort Wulfen abgeschlossen und wurde, gerade 23 Jahre alt, Chefin in der Küche in Haldern.
Da ging es damals freilich noch etwas anders zu, wie Birgit Grewer selbst berichtet. „Wir waren hier fast Selbstversorger“, erzählt sie. Damals standen rund um die Einrichtung noch verschiedene Obstbäume, deren Früchte haltbar gemacht werden mussten. Und die Küche kochte etwa 40 bis 50 Essen pro Tag. „Heute sind es 450 bis 500“, berichtet die Küchenchefin.
Denn neben den Bewohnern des Altenheims werden auch noch verschiedene Kindergärten und private Haushalte via Essen auf Rädern mit Mahlzeiten aus der Küche von St. Marien Haldern versorgt. „Das sind rund 9000 Mahlzeiten im Monat für außer Haus“, rechnete Johannes Fockenberg aus.
Viele Veränderungen über die Jahrzehnte
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Freilich ist die Anzahl der gekochten Essen nicht das Einzige, das sich in mehr als vier Jahrzehnten verändert hat. Als Birgit Grewer in Haldern anfing, hatte die Einrichtung noch einen Stall mit acht Schweinen. „Die durften damals noch mit Küchenabfällen gefüttert werden“, erzählt die Küchenchefin. Zwei der Schweine wurden pro Jahr geschlachtet und dann wurde vor Ort Wurst und Panhas hergestellt. Letzteres gehört bis heute fest zu den Aufgaben in der Küche – und zwar jedes Jahr im November.
Außerdem wurden pro Jahr auch etwa 80 Hühner geschlachtet. „Der Schlachttag war immer ein besonderer Tag“, erzählt Birgit Grewer. Die Männer rupften und schlachteten die Hühner, aber das Ausnehme war drei Frauen in der Küche vorbehalten. „Da wurde morgen um 7 Uhr schon Schnaps getrunken, um das Gemetzel einigermaßen zu überstehen“, erzählt die Küchenchefin und erntet dafür Gelächter von ihren versammelten Gästen.
Dank an das ganze Küchenteam
Geschäftsführer Johannes Fockenberg forderte die Küchenchefin mit einigen seiner Ideen heraus: Catering anbieten, Kitas mit versorgen, Essen auf Rädern liefern. „Einige seiner Ideen haben mir schlaflose Nächte bereitet“, sagt Birgit Grewer. Aber am Ende haben sie und ihr Team die Aufgaben immer „mit Bravour“ gelöst, wie Fockenberg betont.
Ihrem Team, das „immer an meiner Seite stand“, galt dann auch der besondere Dank der scheidenden Küchenchefin. Insbesondere dankte sie Birgit Köpp, mit der sie 38 Jahre lang in der Küche zusammengearbeitet hat und die lange Zeit ihre Stellvertreterin war.
Löffel abgegeben – an den Nachfolger
Kalt bleiben wird die Küche mit dem Renteneintritt von Birgit Grewer allerdings nicht. Denn die Küchenchefin hatte in den vergangenen zwei Jahren schon die Gelegenheit, ihren Nachfolger selbst anzulernen: Conrad Sindermann wird von ihr die Leitung der Küche von St. Marien übernehmen.
Für den hatte die scheidende Küchenchefin dann auch noch ein besonderes Geschenk parat. „Ich gebe heute den Löffel ab – Verzeihung – den Kochlöffel“, erklärte sie, und erntete abermals Lacher aus dem Rund der versammelten Gäste, als sie ihrem Nachfolger einen Kochlöffel überreichte. „Pass gut auf mein Team auf!“, gab sie ihrem designierten Nachfolger zum Abschied mit auf den Weg.
>>>Ein guter Geist der Senioreneinrichtung
Über Jahre fungierte Birgit Grewer, die fast direkt neben der Einrichtung wohnt, als Notfallkontakt im Brandfall für die Einrichtung. „Das müssen wir jetzt wohl ändern lassen“, stellte Johannes Fockenberg mit.
Der Geschäftsführer lobte den Einsatz der Küchenchefin, auch weit über den Bereich der Küche hinaus.
In der Küche waren immer auch die ehemaligen Mitarbeiter der Einrichtung zum Mittagessen willkommen. Es könnte also sein, dass Birgit Grewer auch weiterhin gelegentlich in der Küche von St. Marien zu finden ist – dann aber nicht mehr als Chefin, sondern als Gast.