Emmerich. An vielen Stellen werden Menschen mit Behinderung in Emmerich nicht mitbedacht. Der Stammtisch „Emmerich barrierefrei“ möchte das gerne ändern.

Es sind manchmal die kleinen Dinge, die für Menschen mit Behinderung zu einer unüberwindbaren Barriere werden: Eine kleine Stufe, die man als Fußgänger vielleicht kaum wahrnimmt, könnte einen Rollstuhl bereits zum Umkippen bringen. Kopfsteinpflaster schlägt Menschen im Rollstuhl auf den Rücken und sorgt für schwierigeres Weiterkommen und kleine Hindernisse können große Auswirkungen haben.

Kampf gegen Barrieren in Emmerich

In Emmerich gibt es sie oft, diese kleinen Barrieren für Menschen mit Behinderung. „Gerade an Baustellen ist uns aufgefallen, dass sie oft für mehr Barrieren sorgen, statt wirklich barrierefrei zu sein“, erklärt Udo Kersjes. Er ist einer der Initiatoren des Stammtischs mit dem Titel „Wir müssen lauter werden – Emmerich barrierefrei“, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, diese Missstände zu beseitigen.

Udo Kersjes betreut seit September die Inklusionsmannschaft von Fortuna Elten. So kam er mehr mit Menschen mit Behinderung in Kontakt und setzt sich seither für ihre Belange ein. Über eine Projektidee für einen Inklusionsspielplatz lernte er Corina Grieger kennen. „Wir sind ins Gespräch gekommen“, erzählt er. Aus dem Gespräch und dem Kontakt entstand dann die Idee zum Stammtisch. „Der erste Stammtisch fand vor etwa vier Wochen statt“, erzählt Udo Kersjes. „Da waren wir zu fünft.“ Beim letzten Treffen in der vergangenen Woche kamen dann schon 17 Menschen zusammen.

Alltagsprobleme sind überall vorhanden

„Das Gute ist, dass wir eine gemischte Gruppe sind“, findet Udo Kersjes. Zum Stammtisch gehören Menschen mit aber auch ohne Behinderung. „Man wird als Mensch mit Behinderung an vielen Orten noch ausgegrenzt“, erklärt Corina Grieger. Damit meint sie nicht ein boshaftes Ausgrenzen von Menschen mit Behinderung, sondern oft eher ein Nicht-Mitdenken von Menschen mit Behinderung. Beispiel Rheinpromenade, als Aushängeschild der Stadt: „Die Gelegenheiten, wo man dort als Mensch mit Behinderung Essen und eine Toilette aufsuchen kann, kann man an einigen Fingern abzählen“, erklärt Corona Grieger. So müsste sie etwa von vielen Lokalitäten an der Promenade aus, eine der Behinderten-Toiletten – etwa im Stadtpark – aufsuchen. „Wenn ich diesen Weg machen muss, ist mein Essen kalt“, sagt sie. „Im Prinzip muss man als Behinderter alles im Voraus planen und kann nichts spontan machen“, sagt Udo Kersjes.

Videos dokumentieren Barrieren

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Gemeinsam mit seinen Mitstreitern und Mitstreiterinnen weist Kersjes auch mittels Videos auf Probleme hin. So gibt es etwa ein Video, das den Zugang zum Amtsgericht in Emmerich für Menschen im Rollstuhl zeigt. Die werden erst am Eingang des Gebäudes, wo für Rollstuhlfahrer unüberwindbare Stufen warten, darauf hingewiesen, dass es einen barrierefreien Eingang auf der Rückseite des Gebäudes gibt – und müssen dann, wenn sie aus der „falschen“ Richtung gekommen sind, ihren Weg wieder zurücknehmen – über Kopfsteinpflaster. Letzteres ist gerade für Menschen im Rollstuhl besonders unangenehm. „Das schlägt in den Rücken“, sagt Corina Grieger, die selbst auf einen Rollstuhl angewiesen ist. „Das ist sehr unangenehm.“

Allerdings möchte man nicht nur die negativen Dinge aufzeigen, wie zuletzt bei einem Rundgang durch die Stadt – sondern auch positive Beispiele geben. „Wir sind nicht nur da, um zu Nöhlen“, sagt Udo Kersjes und lacht. So weißt man etwa in der zum Stammtisch gehörenden Facebook-Gruppe „Wir müssen lauter werden!“ auch auf positive Beispiele von Barrierefreiheit hin. Zum Beispiel auf behindertengerechte Zimmer und einer Rampe für Rollstuhlfahrer beim Hotel am PAN.

Einige Dinge bereits auf den Weg gebracht

Aktuell setzt sich der Stammtisch für eine selbstreinigende Behindertentoilette für die Stadt ein – hat aber auch schon Anträge für einen Behindertenbeauftragten und eine barrierefreie Internetseite der Stadt auf den Weg gebracht. „Auf die Behindertentoilette würde ich aktuell nicht gehen“, erklärt Corina Grieger mit Blick auf die Bilder einer verschmutzten Toilette in der Nähe des Rheinparks.

Das nächste Treffen des Stammtischs soll im Juli stattfinden. „Wir wollen kontinuierlich am Ball bleiben“, sagt Udo Kersjes. Und am Ende soll Emmerich, wenn es nach den Ideen des Stammtischs läuft, eine möglichst barrierefreie Stadt werden.

>>>Kontakt zum Stammtisch

Auf Facebook findet man den Stammtisch und seine Mitstreiter in der Gruppe mit dem Titel „Wir müssen lauter werden!“

Kontakt zum Stammtisch und den Verantwortlichen ist aber auch via E-Mail an wirmuessenlauterwerden@yahoo.com oder telefonisch unter 0172/6492597 möglich.