Emmerich. Das Oberverwaltungsgericht hat die Abwassergebühren-Bescheide aus Oer-Erkenschwick für rechtswidrig erklärt. Was das für Emmerich bedeutet.

Die Welt blickt auf Oer-Erkenschwick. Nun ja, die Welt ist vielleicht etwas zu hoch gegriffen. Aber zumindest alle Bürger aus Nordrhein-Westfalen, die Abwassergebühren zahlen, haben mit Interesse auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster geschaut. Das Gericht gab einem Einwohner von Oer-Erkenschwick Recht, der mit Unterstützung des Bundes der Steuerzahler in NRW gegen einen Abwassergebühren-Bescheid aus dem Jahr 2017 geklagt hatte.

Kommunalbetriebe prüfen, wie Emmerich betroffen ist

Pauschal stellte das OVG Münster fest, dass die Abwassergebühren zu hoch sind. Ein „grundlegender Kalkulationsfehler“ wurde angemahnt, der vermutlich nicht nur in Oer-Erkenschwick passiert ist. Deshalb könnte das Urteil auch für andere Kommunen von Bedeutung sein. „Die Kommunalbetriebe prüfen derzeit, in welchem Umfang wir betroffen sind“, erklärt Tim Terhorst, Leiter der Stabsstelle Kommunikation und Archiv im Emmericher Rathaus.

Grundsätzlich gilt, dass Gebühren anders als Steuern immer kostendeckend erhoben werden. Die Abwassergebühren setzen sich dabei aus den laufenden Betriebskosten sowie einem Abschreibungswert und den aktuellen Zinsen zusammen. Die beiden letztgenannten Punkte wurden dann auch vom OVG als fehlerhaft angekreidet. Dabei hatte sich Oer-Erkenschwick bei der Berechnung des Abwasserbescheide auf das seit 1994 gültige Gesetz gestützt, dass durch das Urteil aus Münster nun einkassiert werden könnte.

Was passiert, wenn das Urteil noch vor Erlass des Bescheides 2023 rechtskräftig wird

„Das Urteil ist weder veröffentlicht noch rechtskräftig. Von daher kann nicht abschließend abgeschätzt werden, inwieweit der dem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt auf die hiesigen Verhältnisse zu übertragen ist und die Gebührenkalkulation zu ändern wäre“, erklärt KBE-Chef Jochem Vervoorst. „Sollte das Urteil noch vor Erlass des Jahresabwasserbescheides 2023 rechtskräftig werden und sich Änderungsbedarf ergeben haben, so würde die Kalkulation angepasst werden und Widersprüche würden sich in Bezug auf die jüngste Rechtsprechung des OVG Münster erübrigen.“

So viele Widersprüche gab es in Emmerich

Apropos Widersprüche. Im Jahr 2021 sind 67 Widersprüche und davon 56 den aktuell betreffenden Sachverhalt nach Aufruf durch den Bund der Steuerzahler eingegangen. In den Jahren zuvor sind wenn überhaupt vereinzelte und diesem Jahr ist kein Widerspruch eingegangen. Seit Bekanntwerden des Urteils hat es zudem auch keine Anfragen von Bürgern gegeben.

Zur Einordnung die konkreten Zahlen für Emmerich: An Einnahmen, das sind Umsatzerlöse und Erstattungen, im Betriebszweig Abwasser ist im Wirtschaftsplan 2022 die Summe von 13.449.000 Euro ausgewiesen. Theoretisch könnte das OVG-Urteil bedeuten, dass zukünftig eine kleinere Summe in den städtischen Haushalt fließen wird.

Die Sorge, dass es bei weniger Einnahmen zu einem Sanierungsstau kommt, ist allerdings unbegründet. „Sollten tatsächlich weniger Gebühren zu vereinnahmen sein, so hätte das keine Auswirkungen auf Instandhaltungsarbeiten, da diese als tatsächliche Kosten in der Gebührenkalkulation berücksichtigt werden“, erläutert Vervoorst.

>> Spezielle Situation in Emmerich wegen Großeinleiter

Nun ist die Situation in Emmerich ohnehin sehr speziell. Da es Großeinleiter gibt. So bemüht sich etwa seit mehreren Jahren die Firma KLK Oleo um eine Reduzierung der Schmutzfrachten. Dies scheint aber nicht so gut zu gelingen, wie gewünscht. Die Folge: Die Einleitungsmenge blieb zuletzt konstant. Das hat aber dann so nicht der Prognose entsprochen.

Dementsprechend fallen die Einnahmen im Bereich Klärwerk für 2022 höher aus, so dass die Gebühren für das laufende Jahr gesenkt werden konnten. Für einen Vier-Personen-Musterhaushalt mit 160 Kubikmeter Schmutzwasser im Jahr und einer befestigten Fläche von 150 bedeute dies ein Minus von 16,4 Prozent.

„Auch für den oder die Großeinleiter kann die sich gegebenenfalls veränderte Rechtslage Auswirkungen haben“, heißt es von Seiten der KBE. „Aber auch hier gilt, dass dies konkret zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abgeschätzt werden kann.“