Emmerich. Emmerich möchte fahrradfreundliche Stadt werden. Die Entscheidung trifft eine unabhängige Kommission im Sommer 2022.

Die erste Fahrradstraße in Emmerich ist installiert worden. Wie berichtet sind sind jetzt sowohl die Burgstraße als auch die Wallstraße als neue Fahrradstraße ausgewiesen worden. Damit gibt es ab sofort für Radfahrer zwischen Löwentor und Geistmarkt eine Alternativroute zur vielbefahrenen L7 (ehemals B8). Die Umwidmung fußt auf einem Antrag der Grünen-Fraktion.

Fahrradstraße nur ein Teil des Gesamtkonzepts für Emmerich

Singulär betrachtet, mag die Umwidmung zur Fahrradstraße vielleicht nicht der große Wurf sein. Doch eingebettet ins Gesamtkonzept ist die neue Fahrradstraße ein weiterer wichtige Baustein, damit Emmerich sich fahrradfreundliche Stadt nennen darf. Und dies ist das erklärte Ziel.

Unabhängige Kommission nimmt Emmerich unter die Lupe

Aktueller Stand ist, dass im kommenden Jahr, vermutlich im Sommer, eine unabhängige Kommission Emmerich besuchen wird, um dann zu prüfen, ob die Kriterien erfüllt sind, damit Emmerich in die Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen e.V. (AGFS) aufgenommen werden kann. „Und das ist absolut kein Selbstläufer“, erklärt Tim Terhorst, der im Emmericher Rathaus die Stabsstelle Kommunikation und Archiv verantwortet.

Delegation besuchte Emmerich im November

So sei im November dieses Jahres quasi als Vorbereitung eine AGFS-Delegation in der Stadt gewesen, „die uns wertvolle Hinweise gegeben hat“, so Terhorst. Bestimmte Projekte, aber auch verkehrliche Konzepte wie etwa im Moment bei der Sanierung der Nierenberger Straße oder unlängst die Umgestaltung der Goebelstraße werden den Prüfern gezeigt. Aber auch das im September vergangenen Jahres vom Rat beschlossene Fuß- und Radverkehrskonzept wird der Kommission vorgelegt.

Im Moment gibt es 94 Mitglieder, aber nur zwei aus dem Kreis Kleve

Sollte Emmerich die Aufnahme in die Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte gelingen, wäre die Rheinstadt Mitglied eines recht elitären Zirkels, der zurzeit 94 Mitglieder umfasst. Doch ausgerechnet der Untere Niederrhein ist kaum vertreten. Im ganzen Kreis Kleve sind nur die Städte Rees und Kleve Mitglieder.

Zugang zu Fördermitteln

Dabei verspricht sich die Stadt einiges von der Aufnahme. Gerade weil Emmerich auch immer stärker auf dem Tourismussektor punkten möchte, ist das Label fahrradfreundlich ein Imagegewinn und lässt sich entsprechend vermarkten. „Darüber hinaus hat man durch die Mitgliedschaft auch Zugang zu Fördermitteln“, verrät Terhorst.

Das ist in den vergangenen Jahren in Emmerich umgesetzt worden

Zum Hintergrund: In den Jahren 2019 und 2020 hat die Stadt Emmerich gemeinsam mit dem Büro Stadtverkehr ein Fuß- und Radverkehrskonzept erstellt. Darin enthalten sind konkrete Maßnahmen, um den Fuß- und Radverkehr in der Stadt zu verbessern. Hier eine Chronologie der bisherigen Planungen und Umsetzungen:

  • 18. Juni 2019: Auftaktpräsentation zum Fuß- und Radverkehrskonzept (Klimaschutzteilkonzept Nahmobilität) im Ausschuss für Stadtentwicklung durch das beauftragte Büro Stadt-Verkehr. Die Methodik sieht unter anderem eine enge Bürgerbeteiligung vor.
  • 27. Juli 2019: Start der Online-Beteiligung zum Konzept. Auf einer digitalen Karte konnten Bürger ihre Hinweise, Anregungen und Kritikpunkte zum Rad- und Fußverkehr in der Stadt angeben. Bis zum Ende der Beteiligung am 26. Oktober 2019 sind auf der Karte über 400 Einträge gemacht worden. Ein erfreuliches Ergebnis, das eine gute Grundlage für die weitere Ausarbeitung des Konzeptes bildet.
  • 5. September 2019: Start der Haushaltsbefragung. 4000 zufällig ausgewählte Haushalte wurden mittels Fragebogen zu ihrem Verkehrs- und Mobilitätsverhalten befragt. Um ein statistisch repräsentatives Bild zu erhalten wurde das Verkehrsverhalten wahlweise für zwei Stichtage erhoben.
  • 16. November 2019: Im Stadtzentrum finden ein öffentlicher Planungsspaziergang und eine Planungsradtour statt. Interessierte Bürger sind eingeladen, um gemeinsam mit Bürgermeister Peter Hinze und den Projektverantwortlichen aus dem Rathaus und vom beauftragten Planungsbüro auf Tour zu gehen und dabei ihre Meinungen, Ideen und Wünsche konkret vor Ort einbringen.
  • 3. Juni 2020: Das beauftragte Büro stellt den Entwurf für das Fuß- und Radwegekonzept im Ausschuss für Stadtentwicklung vor.
  • 15. Juli 2020: Die Offenlage des Konzepts endet. Zahlreiche Bürger haben nochmals von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihre Anregungen und Hinweise in das Konzept mit einzubringen.
  • 8. September 2020: Der Rat beschließt das Fuß- und Radverkehrskonzept inklusive der darin enthaltenen Maßnahmen.
  • 4. Dezember 2020: Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht an einigen Emmericher Straßen.
  • Mai 2021: Antragstellung um eine Aufnahme in die Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen e.V. (AGFS)
  • November 2021: Delegation der AGFS besucht Emmerich am Rhein, um den Antrag auf Mitgliedschaft zu besprechen und sich vor Ort ein Bild von den umgesetzten und geplanten Maßnahmen für eine Verbesserung des Rad- und Fußverkehrs in der Stadt zu machen. Im Sommer 2022 entscheidet eine unabhängige AGFS-Kommission über die Aufnahme in die Arbeitsgemeinschaft.

>>> Umfangreiche Bürgerbeteiligung

In dem Konzept wurde eine möglichst lückenlose, flächendeckende Fuß- und Radverkehrsinfrastruktur herausgearbeitet. Neben der Analyse der bestehenden Strukturen wurden Ziele, Strategien und Maßnahmen entwickelt. Im bisherigen Planungsprozess wurden auch die Emmericher Bürger aktiv mit eingebunden: Anregungen, Hinweise und Kritikpunkte zum Fuß- und Radverkehr in der Stadt konnten auf einer digitalen Karte eingetragen werden.

Über 400 Hinweise sind auf diesem Wege eingegangen. Außerdem hat eine Haushaltsbefragung stattgefunden, um das Mobilitätsverhalten in der Stadt zu erheben. Eine öffentliche Radtour und ein Planungsspaziergang waren weitere Bausteine, um die Bewohner aktiv in die Entwicklung des Konzeptes einzubeziehen.