Emmerich. Was passiert eigentlich mit unserem Sperrmüll, wenn er erst einmal im Container ist? Wir waren beim Bauhof in Emmerich.
Alle reden über Plastikmüll, ohne Frage ein wichtiges Thema. Aber was ist eigentlich mit dem, was sonst noch im Müll landet – beispielsweise alten Möbeln? Fest steht: Dinge möglichst lange zu benutzen ist in. Es gibt Repair-Cafés, Upcycling ist Trend und auch die Zero-Waste-Bewegung wächst – zumindest online und gerade mit alten Möbeln sollte das recht einfach gehen. Wie aber sieht es vor Ort aus? Gibt es auch in Emmerich den Wunsch nach Ressourcenschonung? Wie gehen die Menschen hier mit ihrem Müll um? Wie second-hand-orientiert sind sie? Und was passiert eigentlich mit unseren alten Möbeln wenn sie erst einmal im Container sind?
Deutlicher Trend: Sperrmüll geht zurück.
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Erste Anlaufstelle für alle Fragen rund ums Wegwerfen sind die Kommunalbetriebe Emmerich. Betriebsleiter Ernst Ehren hat hier den Überblick und kann mit Statistiken zum Thema Müllentsorgung dienen. Und diese scheinen zunächst erst einmal positiv, zumindest was den Bereich Sperrmüll angeht: Während im Jahr 2010 noch 479,740 Tonnen zusammen kamen, waren es 2018 nur noch 411,780 Tonnen. Das sind immerhin 87,960 Tonnen weniger, etwa 18 Prozent.
Trotzdem ist viel los an der Annahmestelle am Blackweg, besonders Freitag und Samstag sind arbeitsame Tage, vor allem bei schönem Wetter: „Es ist schon enorm, was hier angenommen wird in den letzten Jahren“, weiß Alfred Stevens, der hier an der Anmeldung sitzt. Ein weiterer Blick auf die Zahlen bestätigt das. Zwar ist der Sperrmüll insgesamt weniger geworden, allerdings hat sich das Entsorgungsverhalten der Emmericher verändert: Während 2010 nur 100,340 Tonnen Sperrmüll hier persönlich abgegeben wurden und 379,400 Tonnen vor der Tür abgeholt wurde, sah es 2018 schon ganz anders aus: Im vergangenen Jahr holte die Entsorgungsfirma 249,350 Tonnen Sperrmüll vor den Haustüren ab, 162,430 Tonnen brachten die Emmericher selbst zum Bauhof.
Zeitdruck bei der Müllentsorgung
„Da sind auch öfters gute Sachen dabei, da kriegt man Tränen in den Augen“, sagt Stevens. Auch sei es zu merken, sobald irgendein Discounter wieder ein günstiges Elektroteil im Angebot hat oder wenn die Umzugs- und Renovierungszeit zwischen Frühling und Sommer läuft.
Seit April ist Stevens im Ruhestand, Daniel Kincel hat übernommen. Und auch er hat das Müllverhalten der Bürger bereits durchschaut. So manchem ginge es nur darum, das überflüssige Zeug – oftmals aus der Wohnung eines verstorbenen oder verzogenen Angehörigen – schnell loszuwerden, völlig egal ob es noch intakt ist.
Es ist ein warmer Freitag im Frühjahr und im Verlauf des Vormittags ist der Bauhof gut frequentiert. Eine der ersten Kundinnen ist Tanja Griese. Im Kofferraum hat sie typischen Klein-Elektro-Müll. Wenn es ums Wegwerfen ginge, sei sie grundsätzlich zögerlich, erzählt die junge Frau, gerade bei Möbeln: „Ich find das immer schade. Wir machen das in der Familie so, dass wir rumfragen, ob es jemand noch gebrauchen kann.“
Emmericher zeigen sich nachhaltig und umweltbewusst
Ähnliches berichtet Walter Braun, ein weiterer Kunde. Bei ihm müssen eine alte Gartenbank, kaputte Stühle und eine alte Kommode gehen. „Die sind auf“, beteuert er, wackelt zum Beweis sogar an einem der kaputten Füße und einer sich lösenden Tür. „Ansonsten hätte ich da schon noch Verwendung für gehabt – gartengestalterisch.“
Wie diese beiden kommen in der nächsten Stunde viele weitere Emmericher vorbei, um sich von Altem zu trennen. Dinge im besseren Zustand – das beteuern alle angesprochenen Kunden – hätten sie entweder zur Palette, dem Second-Hand Kaufhaus, oder ans Theodor-Brauer-Haus gegeben. Letztgenanntes betreibt das Sozialkaufhaus Mode & mehr im Aldegundisheim.
Trend für kleinere Eichenmöbel: Shabby Chic
Beide Einrichtungen bestätigen eine rege Spendenbereitschaft der Emmericher. „Das funktioniert absolut hervorragend“,
freut sich Andrea Schaffeld vom Theodor-Brauer-Haus. Textilien und kleinere Elektro-Geräte, wie Mixer oder Wasserkocher, hätten bei Mode&mehr die geringste Verweildauer. Möbel und Fahrräder werden ebenfalls weiter gegeben, allerdings nicht im Sozialkaufhaus, sondern in der Stadtwerkstatt. Denn hier gibt es genügend Lagerfläche und die Möglichkeit zu reparieren oder Unmodernem einen neuen Look zu verleihen. Regelmäßig geschehe dies mit kleineren Möbeln, wie Beistelltischen oder Garderoben. Sie werden im derzeit angesagten „Shabby Chic“ aufbereitet und finden dann schnell ein neues Heim.
Palette muss 20 bis 30 Prozent der Spenden ablehnen
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Im Gegensatz dazu gibt es bei der Palette nur kleine Lagerflächen an den jeweiligen Standorten, keine Werkstatt. Regelmäßig müsse man deshalb Spendenangebote ablehnen, 20 bis 30 Prozent der 1400 jährlichen Angebote kann die Palette nicht annehmen, weil die Sachen zu kaputt sind oder sich einfach nicht verkaufen lassen. So berichtet Rainer Zeitz, der kaufmännische Direktor der Einrichtung. „Eichenmöbel sind quasi unverkäuflich“, sagt er. Diese müsste die Palette kostenpflichtig entsorgen und würde Minus machen. Dann könnte sie aber ihrem eigentlichen Ziel, der Schaffung von Arbeitsplätzen, nicht mehr nachkommen.
Auch von Käuferseite werde die Palette gut genutzt, erzählt Zeitz. Allerdings kauften in Emmerich weniger die Idealisten hier, sondern jene, die finanziell keine andere Wahl haben. Offen steht die Palette aber für alle. „In Kleve machen die Studenten den Unterschied“, vergleicht Zeitz. „Die kaufen zum Teil hier ein, weil es günstig ist, aber auch, weil sie bewusster einkaufen.“
Der Weg nach dem Container
Zurück zu den ausrangierten Möbeln und Elektroteilen, die in den Containern des Bauhofs landen: Wohin geht ihr Weg von hier? Während eine Fachstelle für die weitere Entsorgung von Elektroschrott ab der Annahmestelle verantwortlich ist und entsprechende Fachfirmen einsetzt, hält die Entsorgungsfirma Schönmackers den Transportauftrag für den Emmericher Sperrmüll sowie den sogenannten „Müll zur Verbrennung“. Letzterer wird bis zur Umladestation des Kreises gefahren. Sie wird von der Kreis Klever Abfallgesellschaft (KKA) unterhalten. Der Müll wird dort verdichtet und anschließend der Verbrennung zugeführt.
Auf das Altholz aus dem Sperrgut, trifft das aber nicht zu: „Sperrmüllholz kann auf Grund seiner stofflichen Reinheit fast vollständig weiterverwertet werden“, erklärt aber ein Sprecher der Firma Schönmackers „Dieses Holz wird im Auftrag der KKA durch die Firma Schönmackers vermarktet. Beispielsweise dient dieses Holz der Pellet-, und Spanplattenherstellung.“ Somit wird wohl so manche, einst unverkäufliche Eichenschrankwand ein zweites Leben als Spanplatte haben. Wie viel Sperrmüllholz genau auf diese Weise recycelt wird, gibt Schönmackers allerdings nicht an.