Emmerich. . Maschinen und Personal wurden von Beikrich übernommen. In dem Gebäude am Groendahlschen Weg will das Theodor Brauer-Haus eine Stadtwerkstatt eröffnen.
Fast unbemerkt hat sich aus Emmerich eine Einrichtung verabschiedet, die über Jahrzehnte Spuren im Stadtgebiet hinterlassen und benachteiligten jungen Leuten berufliche Perspektiven geboten hat: Die Werkstatt des Kolping-Bildungswerks am Groendahlschen Weg, die später nach ihrem Gründer Karl Kaster benannt wurde.
In dieser Woche bot sich für die Kolpingfreunde ein eher betrüblicher Anblick. Da wurden im Karl Kaster-Haus eine Kantbank und eine Schlagschere abgebaut, mit einem Tieflader von Berndsen zur Firma Beikirch am Blinden Weg transportiert und dort wieder aufgebaut. Stahlbau Beikirch hatte Maschinen und Werkzeug dem Kolping-Bildungswerk abgekauft, zu einem marktgerechten Preis, so Dietrich Hannemann, Vorsitzender des Kolping-Bildungswerk-Vereins: „Wir sind froh, dass eine Weiterverwendung da ist.“
Außerdem übernahm Beikirch von Kolping einen Werkstattmeister und zwei Azubis. Und damit beschäftigt die 1972 gegründete Firma nun sechs Mitarbeiter plus Seniorchef Günter Beikirch: „Ich bin das Mädchen für alles“, sagt der 77-Jährige, „die Firma ist mein Lebenswerk.“
Das Lebenswerk für Karl Kaster, der 2013 gestorben ist, war die Kolping-Werkstatt, die unter seiner Regie 1984 an den Start ging. Zwischen 2006 und 2015 wurden im Schnitt 8,3 Teilnehmer pro Jahr in berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (BvB, hat nichts mit dem Fußballclub tun) und 5,4 Teilnehmer im Hartz-IV-Bezug betreut, wovon 60 Prozent in den Arbeitsmarkt vermittelt werden konnten. Außerdem machten viele eine Ausbildung (Schweißer, Schlosser, Metallbauer), die sogar zu 100 Prozent vermittelt werden konnten.
Alles Zahlen, auf die Hannemann stolz ist. Zwei „Highlights“ waren für ihn, dass man mit Christian Bartels einen eigenen Meister hervorgebracht hat, dass Jugendliche sich am Projekt Stolpersteine beteiligt und damit ein Zeichen gegen Rechts gesetzt haben. Das alles zeige, „was uns in Emmerich verloren gehe: Wir haben einen Umsatz von einem mittleren sechsstelligen Betrag gemacht.“ Warum dann das Aus?
Das hat natürlich auch mit Geld zu tun. Angesichts sinkender Schüler- und Arbeitslosenzahlen wurden die Förderrichtlinien und der Förderumfang seitens des Bundesagentur für Arbeit geändert und die Mittel für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (BvB) gekürzt.
Allein die Mittel des Job-Centers reichen nicht, um zwei Meister und einen Sozialpädagogen zu bezahlen und die Betriebskosten zu decken. „Wenn die Hälfte der Mittel wegbricht, ist die wirtschaftliche Tragfähigkeit nicht mehr gesichert, das geht beim besten Willen nicht“, lautete die einfache Rechnung des gelernten Bankers Hannemann.
Und so blieb Kolping nichts anderes übrig, als die Werkstatt zum 1. September zu schließen, die Mitarbeiter woanders unterzubringen und die Vermögenswerte zu sichern. Kein Sterben auf Raten, sondern eine geordnete Übergabe also, „aber mit ganz viel Wehmut“, so Hannemann. Vier Metallbauer-Azubis übernahm der Kooperationspartner Theodor-Brauer-Haus (TBH).
Wie geht es weiter? Da ist einiges in der Mache. Das Kolping-Bildungswerk wird sein Erbpacht-Objekt zu einem symbolischen Preis an das TBH vermieten. Das plant eine Stadtwerkstatt. Mit niederschwelligen Angeboten. „Dafür brauchen wir keinen Meister mehr, damit haben wir nichts mehr zu tun“, so Hannemann. Hartz IV-Empfänger oder Flüchtlinge könnten sich um Pflege von Brunnen und Barfußpfad Elten kümmern oder Spielplätze warten. Auch die Verbindung von praktischer Arbeit und Sprachkursen für Flüchtlinge ist in dem neuen Projekt denkbar. Die Stadtwerkstatt soll Mitte Oktober loslegen, so TBH-Leiterin Andrea Schaffeld zur NRZ. Es gibt auch Ideen wie das Einsammeln und Verwerten von Altkleidern, Elektroschrott oder Altmetall.