Duisburg. Duisburg hat einen neuen Mietspiegel. Der Redaktion liegen Zahlen bereits vor. Was Vermieter und Mieter jetzt über Erhöhungen wissen müssen.

Duisburg hat erstmals einen qualifizierten Mietspiegel, der beispielsweise auch als bindende Grundlage für eine Mieterhöhung dient. Dieser tritt ab dem 2. Februar in Kraft, dient als Richtschnur zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmieten und gilt für vier Jahre. Für Mieter und Vermieter relevant: Im Ergebnis wird die Vergleichsmiete steigen, auch wenn das nicht sofort ersichtlich ist.

Denn wie hoch der Anstieg der ortsüblichen Mieten ist, kann nicht genau beziffert werden und ist abhängig von unterschiedlichen Wohnwertmerkmalen. Das liegt an dem vollzogenen Methodenwechsel und weiteren Anpassungen bei der Erstellung, wie beispielsweise einer neuen Einteilung nach Wohnlagen. Erstmals handelt es sich zudem um eine wissenschaftliche Erhebung – zu dieser sind Duisburg und andere Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern gemäß Mietspiegelreformgesetz jetzt verpflichtet.

Auch wenn die Werte nur schwer vergleichbar sind, zeigt ein Beispiel: Die nun maßgebende Basis-Nettokaltmiete beispielsweise für eine 75-Quadratmeter-Wohnung liegt im qualifizierten Mietspiegel bei 6,15 Euro pro Quadratmeter. Sich positiv (oder negativ) auf den Preis auswirkende Wohnwertmerkmale, wie die Lage, ein Balkon oder Stellplatz, werden bei diesem Wert (noch) nicht berücksichtigt. Zum Vergleich: In der Fortschreibung des Mietspiegels von 2021 lag der Mittelwert der Kaltmiete für eine Wohnung in identischer Größe bei 5,49 Euro pro Quadratmeter. Dies entspräche einer Erhöhung um 12 Prozent.

Laut dem Mieterschutzbund e.V. sollen die Vergleichsmieten in Duisburg auf Grundlage der neuen Basis-Nettomieten von fünf Prozent bis hin zu drastischen 30 Prozent steigen. Zu- und Abschläge seien da noch nicht berücksichtigt. Das Ergebnis sei deshalb ein „nachträgliches Weihnachtsgeschenk für Vermieter“, kritisiert Peter Heß, Vorsitzender des Vereins.

Heß hatte als Teil der Mietspiegelkommission der Anerkennung widersprochen. In Kraft tritt der Mietspiegel ab Februar trotzdem, da formal die Zustimmung eines von drei beteiligten Mieterschutzverbänden ausreicht. Der Verein prüfe dennoch, ob das Ergebnis gerichtlich anfechtbar ist. Er empfiehlt Mietern zusätzlich, „jeden Erhöhungsversuch akribisch zu überprüfen“.

Neuer Mietspiegel für Duisburg: Was Mieter und Vermieter wissen müssen

Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Vergleichsmiete ist 2021 lediglich um rund ein Prozent gestiegen. Zu diesem mieterfreundlichen Kompromiss war die damalige Kommission aufgrund der angespannten Lage während der Corona-Pandemie gekommen. Jedoch habe das Ergebnis mittlerweile nicht mehr die Wirklichkeit des Duisburger Immobilienmarktes dargestellt, sagt Sonja Herzberg vom Mieterbund Rhein-Ruhr, die ebenfalls Teil der Arbeitsgruppe war und dem Entwurf zugestimmt hatte.

„Im Ergebnis sieht man in vielen Bereichen des Mietspiegels schon steigende Mieten“, urteilt Armin Frenkert. Er vertritt als Geschäftsführer des Vereins der Haus- und Grundeigentümer Groß Duisburg in der Arbeitsgruppe zur Erstellung des Mietspiegels die Interessen der Vermieter. Im Vergleich zu den umliegenden Städten führe die Erhöhung „immer noch zu einer moderaten Miethöhe“, ergänzt Frenkert.

Im Folgenden soll der ab Februar gültige Mietspiegel genauer erklärt werden, dabei werden wichtige Fragen für Vermieter und Mieter etwa zur Methodik, der Anwendbarkeit und der Auswirkung auf Mietpreise beantwortet:

Was ist ein Mietspiegel?

Der Mietspiegel ist eine Datensammlung und bietet eine Übersicht über die in Duisburg gezahlten Mieten für frei finanzierten Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage. Die so ermittelten örtlichen Vergleichsmieten dienen als Richtschnur und sollen eine Orientierungsmöglichkeit für angemessene Miethöhen bieten. Er hilft auch der Bauwirtschaft bei der Kalkulation von Wohnbau-Projekten, denn der Mietspiegel bietet die Basis für die Gestaltung der Mieten vor Ort.

Das Vergleichsinstrument soll auch dazu beitragen, das Mietgefüge transparent zu machen, Streitigkeiten zwischen Mietvertragsparteien zu vermeiden oder auch den Gerichten die Entscheidung in Streitfällen zu erleichtern. „Durch die Anwendung wissenschaftlicher Grundsätze erhält der neue Mietspiegel zudem eine noch höhere Beweiskraft vor Gericht“, heißt es in der Erklärung der Stadt.

Wie wurde der qualifizierte Mietspiegel für Duisburg erstellt?

Der qualifizierte Mietspiegel wurde auf Grundlage einer repräsentativen Stichprobe erstellt und folgt wissenschaftlichen Maßstäben. Er basiert auf Daten, die mithilfe eines standardisierten Fragebogens von Mai bis September 2023 bei 24.611 mietspiegelrelevanten Haushalten eigens zum Zwecke der Erstellung erhoben wurden. Die Auswahl der Haushalte sei zufällig erfolgt, heißt es zur Methode. Es hat zudem eine schriftliche Befragung von Vermietern stattgefunden. Die Teilnahme an der Befragung war verpflichtend.

Wie wird die Vergleichsmiete für den neuen Mietspiegel berechnet?

Die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete erfolgt in drei Schritten, heißt es in der Broschüre zum qualifizierten Mietspiegel, der dieser Redaktion vorliegt. Im ersten Schritt wird das durchschnittliche Mietniveau nur in Abhängigkeit von der Wohnfläche bestimmt. Der Wert wird als Basis-Nettomiete angegeben und liegt in Duisburg zwischen 5,99 pro Quadratmeter bei großen Wohnungen (120 Quadratmeter) und 7,33 Euro pro Quadratmeter bei kleinen Wohnungen (20 Quadratmeter).

Im zweiten Schritt werden prozentual Zu- und Abschläge auf das durchschnittliche Mietniveau insbesondere aufgrund von Baujahr, Energieeffizienz und Wohnlage ermittelt. So gibt es verschiedene Wohnwertmerkmale, die sich positiv oder negativ auf die Basis-Nettomiete auswirken. So führt ein Baujahr zwischen 1970 und 1993 zu einem Abzug, wurde das Haus erst nach 2007 erbaut, ist ein deutlicher Aufschlag möglich. Auch ein eigener Stellplatz oder eine Garage, ein Balkon oder eine Terrasse wirken sich positiv auf den Preis aus.

Ebenso die vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte erstellte Wohnlagenkarte, die das Stadtgebiet in unterschiedliche Kategorien von einfach bis sehr gut gliedert und so auch die Top-Wohnlagen samt Straßennamen offenbart, hat Auswirkungen auf den Mietspiegel. So sorgen „gute“ und „sehr gute“ Wohnlagen zu einem Aufschlag – bei einfachen Wohnlagen kommt es zu einem Abzug.

Auch interessant

Im dritten Schritt werden die Ergebnisse aus den ersten beiden Schritten nach einer bestimmten Rechnung zusammengefasst, um für ein Objekt eine ortsübliche Vergleichsmiete zu erhalten. Hier eine Beispielrechnung: Für eine 75-Quadratmeter-Wohnung gilt eine Basis-Nettomiete von 6,15 Euro pro Quadratmeter. Doch die Wohnung in einfacher Wohnlage und in einem Haus von 1965 hat beispielsweise eine Terrasse sowie einen Stellplatz, zudem eine bodengleiche Dusche mit Handtuchtrockner-Heizkörper: Die Vergleichsmiete steigt dann um 1,91 Euro auf 8,06 Euro pro Quadratmeter.

Wer war an der Erstellung des Mietspiegels beteiligt?

Mit der Erstellung des Mietspiegels wurde das Hamburger Institut Analyse & Konzepte immo.consult GmbH beauftragt. Beteiligt war ebenfalls eine Kommission, die Leitung lag beim Amt für Soziales und Wohnen der Stadt. In der Arbeitsgruppe waren etwa der Gutachterausschuss für Grundstückswerte, verschiedene Mietervereine sowie Haus- und Grundeigentümer vertreten. So sollten Interessen der Wohnungseigentümer als auch Mieter berücksichtigt werden.

Wird der neue Mietspiegel zu Mieterhöhungen in Duisburg führen?

„Natürlich nutzen Vermieter die Veröffentlichung eines neuen Mietspiegels zur Überprüfung ihrer Mieten“, sagt Armin Frenkert vom Verein der Haus- und Grundeigentümer Groß Duisburg. Er glaubt aber, dass ein Großteil der 4000 Vereinsmitglieder „wahrscheinlich maßvoll von den Möglichkeiten Gebrauch machen wird“.

Die Legitimation zu einer Erhöhung bieten die nun ermittelten Vergleichsmieten: „Der Mietspiegel dient ferner der Begründung eines Erhöhungsverlangens zur Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete und der Überprüfung der Angemessenheit gezahlter Mieten“, heißt es in der Erklärung der Verwaltung.

Jedoch, so glaubt Armin Frenkert, gehe es Immobilieneigentümern auch um ein gutes Verhältnis zu ihren Mietern: „Private Vermieter kennen ihre Mieter teilweise langjährig und schätzen den sorgsamen Umgang mit der Wohnung und eine dauerhaft pünktliche Mietzahlung mehr als den letzten Cent Miete“, so seine Einschätzung. Er schränkt jedoch ein: „Vor dem Hintergrund stark steigender Preise und gestiegenen gesetzlichen Anforderungen sind Mietanpassungen aber auch für den privaten Vermieter in Zukunft nicht vermeidbar.“

Nach Mietspiegel-Anpassung: Wie stark darf die Miete steigen?

Zunächst darf eine Anhebung auf die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete frühestens 15 Monate nach Einzug erfolgen. Lebt man schon länger in der Wohnung, muss darüber hinaus auch die letzte Erhöhung mindestens 15 Monate zurückliegen. Zudem gibt es eine Kappungsgrenze: Vermieter dürfen die Miete im Rahmen der Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete innerhalb von drei Jahren um 20 Prozent erhöhen.

[Von Wohnung bis Hausbau: Unser kostenloser Newsletter informiert über Stadtentwicklung und Neubauprojekte in Duisburg. Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Ein fiktives Beispiel zeigt die Möglichkeiten: Eine Mieterin wohnt seit 15 Jahren in einer Wohnung und zahlt eine Kaltmiete von fünf Euro pro Quadratmeter. Laut dem qualifizierten Mietspiegel liegt die Vergleichsmiete jedoch schon bei zehn Euro. Der Vermieter hat nun die Möglichkeit, die Miete um einen Euro pro Quadratmeter (20 Prozent) auf dann sechs Euro zu erhöhen. Die Vergleichsmiete wird so weiterhin nicht erreicht. Erst nach 36 Monaten ist eine erneute Anhebung um 20 Prozent zulässig.

Warum es am neuen Mietspiegel für Duisburg Kritik gibt?

Laut dem Mietschutzbund e.V. sei der neue Mietspiegel für Duisburg „absurd, einseitig und zulasten der Mieter“. Seit 30 Jahren habe die Mietspiegelkommission in Duisburg aus Stadtverwaltung, Vermieter- und Mieterverbänden alle zwei Jahre in einem einfachen Mietspiegel die Entwicklung am Wohnungsmarkt bewertet. In diesem Prozess habe man auch Zu- und Abschläge für Wohnwertmerkmale definiert – die nun in der Neufassung und vom Institut, so Heß, nicht im ausreichenden Maße als Orientierung berücksichtigt worden sind.

Als Beispiel gilt ein Abschlag für eine einfache Wohnlage: In der Vergangenheit wurden in diesem Fall 10 Prozent von der Vergleichsmiete abgezogen, jetzt sind es nur noch drei Prozent. Gleichzeitig habe man den Prozentsatz für eine Erhöhung bei einer guten und sehr guten Wohnlage von 5 auf 8 Prozent angehoben. Diese Verschiebung gehe zulasten der Mieter.

Ebenso wenig nachvollziehbar sei etwa ein Zuschlag für einen Stellplatz um neun Prozent, der in der Vergangenheit nicht in die Grundmietberechnung eingeflossen sei. „Mit den gesetzlichen Vorgaben zur Ermittlung der ortsüblichen Mieten auf der Basis der letzten sechs Jahre ist all dies nicht in Einklang zu bringen“, kritisiert Heß.

Für welche Wohnungen gilt der Mietspiegel – und für welche nicht?

Der Mietspiegel gilt nur für nicht preisgebundenen Wohnraum und für Wohnflächen zwischen 20 und 120 Quadratmeter in Mehrfamilienhäusern, Doppelhaushälften, Reihen- und Zweifamilienhäusern. Er gilt nicht für geförderte Wohnungen und Wohnungen in Heimen (Pflege, Senioren, Studierende).

RUND UMS THEMA: IMMOBILIEN IN DUISBURG

Wo finden Mieter und Eigentümer den aktuellen Mietspiegel?

Der qualifizierte Mietspiegel ist ab sofort abrufbar auf www.duisburg.de – unter dem Suchbegriff „Mietspiegel“. Die Verwaltung stellt erstmals einen Online-Mietspiegelrechner zur Verfügung, mit diesem soll sich die ortsübliche Vergleichsmiete mit adressenscharfer Lagezuordnung ermitteln lassen.

Der Mietspiegel gilt nur für nicht preisgebundenen Wohnraum. (Symbolbild)
Der Mietspiegel gilt nur für nicht preisgebundenen Wohnraum. (Symbolbild) © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz