Monheim. . Daniel Zimmermann hat als Bürgermeister von Monheim die Stadt vor der Pleite bewahrt. Jahre später ist sie eine der reichsten Kommunen des Landes.

An der Ampel warten Schulkinder, ein ­Geschäftsmann verzieht sich vor dem Regen mit seinem Smartphone in die Einkaufspassage am Rathaus, hinter dem Tresen der Eisdiele warten Verkäufer auf Kundschaft. Mittagszeit. In der City von Monheim ist nicht viel los.

Auffällig ist nur die Plakatfront am Monheimer Tor, wo die Fraktionen für die Kommunalwahl werben. SPD, CDU, FDP ­präsentieren sich – und die ­Peto-Partei. Im Stil einer ­Pfadfinder-Gruppe zeigt sich deren jugendliche Führungsmannschaft mit blauem Pullover.

Mittendrin steht Daniel Zimmermann. Als er 2009 mit 27 Jahren jüngster NRW-Bürgermeister ­wurde und seine Jugendpartei als stärkste Fraktion in den Rat der 43.000-Einwohner-Stadt einzog, machte das bundesweit Furore. Fünf Jahre später ist seine Bedeutung immer noch nicht auf die Größe geschrumpft, die dem Bürgermeister einer Kleinstadt zusteht.

Schuldenfrei in nur fünf Jahren

Das liegt weniger an Zimmermanns ­Jugend als am Erfolg seiner Politik. Als er seinen Vorgänger Thomas Dünchheim von der CDU ablöste, war Monheim hoch verschuldet, stand 2010 unter Finanzaufsicht. Heute ist die Stadt schuldenfrei, die Steuereinnahmen sprudeln. Ein Erfolg, der von neidischen wie verarmten Nachbarn aufmerksam verfolgt wird.

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Zimmermann gibt sich bescheiden. Zum Fototermin ­erscheint er in ausgebeulten Jeans, breit getretenen Sneakern, Hemd und Pulli. Er trinkt stilles Wasser aus der Karaffe, den Kaffee für die Besucher holt er selbst. Überhaupt hält man ihn eher für ein Studenten als für ein Stadtoberhaupt, das vor der Wiederwahl steht. Wie hat er es geschafft, sich gegen die ­alten Haudegen durchzusetzen?

Zum einen mit Glück. 2011 mussten einige Unternehmen 40 Millionen Euro Steuern nachzahlen, der Haushalt der Stadt war auf einen Schlag ausgeglichen.

Die Alt-Parteien ziehen mit

Kommunalwahlen 2014Zum anderen wohl mit Überzeugungskraft. Denn ­besagte alte Haudegen tragen den größten Coup seiner Amtszeit mit: Monheim senkte den Gewerbesteuersatz drastisch auf heute 285 Punkte.

Seither haben sich die Gewerbesteuereinnahmen verzehnfacht, weil Unternehmen sich in Scharen in Monheim niederlassen. So günstig wie dort ist es für Firmen nirgendwo in NRW: Im Schnitt liegt der Hebesatz bei 450 Punkten. 200 Millionen Euro erwartet Monheim für 2014 allein aus Erträgen der Gewerbesteuer.

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Monheim ist heute eine reiche Kommune. Muss als solche 23 Millionen Euro an die armen Städte zahlen – für den Kommunalsoli. „NRW muss aufpassen, dass es nicht den Anschluss an andere Bundesländer verliert. Es wäre ­fatal, wenn arme Kommunen gedrängt werden, ihre Steuersätze noch weiter zu erhöhen“, sagt der Bürgermeister. Inzwischen liegt eine Klage der betroffenen Geberkommunen vor dem Verfassungsgerichtshof in Münster. Auch dies trägt die Opposition im Monheimer Rat mit.

Zimmermann ist so stark, so ­unangefochten, dass weder CDU noch SPD einen Gegenkandidaten aufstellen. Es ist wohl eher ein Miteinander als ein Gegeneinander, das die Politik der Stadt ausmacht.

Eltern zahlen keine Kita-Gebühren mehr

Zwar gibt es schon mal Streit um eine Halfpipe, doch sie wird gebaut, denn das Geld dafür ist da. Auch klagen Senioren, es werde zu wenig für sie getan. Doch Eltern zahlen bald keine Kita-Gebühren mehr, Hausbesitzer profitieren von einer niedrigeren Grundsteuer, der Kreisverkehr ist neu, die Feuer­wache wird saniert, die Zahl der Arbeitsplätze am Ort steigt.

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„Peto“, der Name der Partei, ist lateinisch und bedeutet: „Ich fordere“. Pragmatisch könnte man die Politik der Jugendpartei nennen. Oder sachorientiert. Kein ideolo­gischer Überbau aus Düsseldorf oder Berlin beeinflusst hier die Entscheidungen. Sondern die Tatsache, dass der Sportplatz marode ist.

Mit 415 Mitgliedern die stärkste Partei am Ort

„Mit Peto für die gute Mischung aus Sachlichkeit und Lokalpatriotismus“ – erklärt der Slogan auf dem Flyer die Ziele der vier jungen Spitzenkandidaten. „Wir ziehen Bürger an, die mit­machen wollen“, sagt ­Zimmermann. Tatsächlich ist Peto mit 415 Mitgliedern längst die stärkste ­Partei in der Stadt.

Doch jenseits der Stadtgrenzen ist Schluss mit Peto. Hat Zimmermann Ambitionen, die über ­Mon­heim hinausgehen? „Dazu“, sagt der Bürgermeister, „bin ich in der falschen Partei.“ Ist das nicht schade – bei dem lokalen Erfolg? Ist das hohe Amt in so jungen Jahren nicht ein Sprungbrett in die Düsseldorfer oder Berliner Politik?

Zimmermann winkt ab. Politik nach Sachlage funktioniere eben am besten in der Kommune. Ewig will er auch nicht ­Bürgermeister bleiben. Etwas weniger Popularität sei auch schön. Er schwärmt von den Besuchen bei seiner Lebens­gefährtin in Köln – dort erkenne ihn niemand. Und wenn in Monheim seine Zeit abgelaufen ist, „dann kann ich mir gut vorstellen, als Lehrer für Französisch und Physik zu arbeiten“.