Düsseldorf. Franka besucht eine Förderschule. Nicht nur dort ist die Betreuung nicht optimal, kritisiert ihre Mutter. Auch Freizeitangebote gibt es kaum.

Fröhlich streift Franka mit ihren grauen Filzhausschuhen über den Dielenboden in der Küche, sie lächelt, als sie uns sieht, brüht einen Kaffee auf und bringt ihn freudestrahlend hinaus auf den hölzernen Gartentisch. Es ist später Nachmittag, die letzten Sonnenstrahlen mogeln sich durch die Bäume im Garten der Unterrather Familie hindurch und scheinen leicht auf Frankas Wangen.

„Franka ist ein sonniges Mädchen“, sagt ihre Mutter Svenja Kruse-Glitza. „Außer manchmal, da kommt die Pubertät durch“, ergänzt sie und lacht gemeinsam mit ihrer Tochter. Franka ist 20 Jahre alt – ein Alter, in dem andere schon lange aus der Pubertät heraus sind. Doch sie nicht – bei ihr geht es gerade erst richtig los: Die 20-jährige Düsseldorferin hat eine geistige Behinderung. „Ihr geistiger Stand ist wie der einer 12-Jährigen“, erklärt ihre Mutter.

Düsseldorfer Ehepaar: „Am Anfang denkt man ja, jedes Kind ist anders“

„Am Anfang denkt man ja, jedes Kind ist anders“, erinnert sich Svenja Kruse-Glitza an Frankas Kindheit. Erst als ihre Tochter nicht so ganz mit dem Krabbeln anfangen wollte, wurde das Düsseldorfer Ehepaar stutzig. „Als sie etwa vier Jahre alt war, war für uns immer klarer, dass etwas in ihrer Entwicklung nicht stimmen kann“, so Kruse-Glitza. Ein Termin im SPZ (sozialpädiatrisches Zentrum) brachte Klarheit. Nach dem Kindergarten ging es für die heute 20-Jährige auf eine inklusive Montessori Grundschule, später – mit 10 Jahren – dann auf die Franz-Marc-Förderschule in Gerresheim.

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Franka hat Glück, auf der Franz-Marc-Schule fühlt sie sich wohl, erzählt sie und strahlt dabei. Doch gerade die Schulthematik stelle Eltern von Kindern mit einer Behinderung immer wieder vor Herausforderungen, wie ihre Mama Svenja erzählt. „Die Betreuungszeiten wurden so weit eingeschränkt, dass die Schule nur noch bis 14 Uhr geht, auf einer Ganztagsschule.“ „Die Klassen sind überfüllt, es gibt zu wenige Lehrkräfte, kaum Integrationshelfer oder genügend Sozialarbeiter“, so die dreifache Mutter, die außerdem Schulpflegschaftsvorsitzende in der Gerresheimer Förderschule ist und um die Sorgen anderer betroffener Eltern weiß.

Düsseldorfer Familie mit Tochter mit Behinderung: „Man fühlt sich oft vergessen“

Für sie sei es ein Luxus und gleichzeitig Notwendigkeit, dass sie beruflich kürzertreten kann und muss. „Ich weiß, dass andere Eltern da weniger Glück haben.“ Svenja Kruse-Glitza ist selbstständige Damenschneider-Meisterin. Die 57-Jährige kann sich ihren Tag größtenteils selbst einteilen. Aber Vollzeit arbeiten? Das gehe mit einem Kind mit Behinderung nicht mehr so einfach.

Je mehr Svenja Kruse-Glitza aus dem Alltag ihrer eigenen Familie erzählt, desto schneller kriegt man einen Eindruck davon, wo es in der Stadt oftmals noch hakt. „Man fühlt sich oft vergessen“, sagt die Düsseldorferin und erinnert sich an die Suche nach inklusiven Freizeitaktivitäten für ihre Tochter. Denn Franka wollte früher immer gerne schwimmen.

Suche nach inklusiven Ferienangeboten in Düsseldorf: „So funktioniert keine Inklusion“

Einen passenden Verein, in dem sie ihrer Leidenschaft nachgehen konnte, habe ihre Mutter nie für sie finden können. „Es gibt kaum inklusive Angebote in der Stadt, wo behinderte Kinder mit nicht-behinderten Kindern in Kontakt kommen können.“ Heute spielt Franka Fußball im Verein „Bananenflanke“ – eine Fußballmannschaft für Kinder mit geistiger Behinderung.

Ähnlich schwierig sei auch die Suche nach inklusiven Ferienangeboten. „Franka war vor zehn Jahren mal bei den Düsselferien, das hat ihr aber überhaupt nicht gefallen“, erinnert sich die Düsseldorferin. Auch Franka schüttelt mit dem Kopf, als sie sich an die Ferien zurückerinnert. Bei dem ausgewählten Programm habe man sich eher gefühlt wie bei einer „Resterampe“, erzählt Kruse-Glitza. Zehn Jahre ist das nun her, inzwischen sei das Problem aber vor allem, dass es kaum Plätze für Kinder mit Behinderung in den Düsselferien gebe. „Da hagelt es Absagen“, weiß Svenja Kruse-Glitza. „So funktioniert keine Inklusion.“

Franka (20) macht im Sommer ihren Abschluss an der Gerresheimer Förderschule

Mittlerweile haben sich die Sonnenstrahlen immer weiter verzogen und Franka hat noch einen Kaffee gekocht. Auf dem Tisch der Familie glitzert ein schwarzes Kleid mit vielen Pailletten – denn bei der 20-Jährigen steht der nächste große Schritt bevor. Im Sommer macht sie ihren Abschluss an der Förderschule. Ob sie sich freut? „Ja“, sagt sie laut. Doch auch etwas traurig werde sie sein. In ein paar Monaten geht es für sie dann in eine Werkstatt für angepasste Arbeit (WfaA).

Franka (20) arbeitet bald in einer Düsseldorf Werkstatt für angepasste Arbeit (WfaA).
Franka (20) arbeitet bald in einer Düsseldorf Werkstatt für angepasste Arbeit (WfaA). © NRZ | Anna Schlichting

Und vielleicht beginnt irgendwann die Suche nach einem passenden Wohnangebot, auch wenn dieser Weg wahrscheinlich ähnlich steinig wird, wie ihre Mutter andeutet. Doch in all dem Trubel und Stress steht vor allem eins Franka immer noch ins Gesicht geschrieben: das breite Strahlen, fast so wie der Sonnenschein im idyllischen Garten der Unterrather Familie im Frühling.

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