Düsseldorf. Viele Schulleitungsposten sind weiter unbesetzt. Auch beim Lehrkräftemangel sieht es beim Start ins neue Jahr mit Tausenden Lücken kritisch aus.

Unbesetzte Lehrerstellen und vakante Schulleitungsposten: Trotz aller Anstrengungen starten auch in Nordrhein-Westfalen viele Schulen mit erheblichen Personallücken ins neue Jahr 2024. Nach der aktuellen Zahl des Schulministeriums sind an knapp neun Prozent aller Schulen in NRW keine Schulleiterin oder Schulleiter tätig.

Betroffen seien vor allem viele Grundschulen: Dort blieben zuletzt in 267 Fällen - unter landesweit 2719 Grundschulen - Leitungsstellen unbesetzt. Bei den Lehrkräften waren nach jüngsten Daten rund 7100 Stellen nicht besetzt. Davon entfallen mit 3659 Stellen etwas über die Hälfte auf den Bezirk Düsseldorf. Auffällig ist außerdem, dass mit knapp über 3050 unbesetzten Stellen der größte Bedarf bei den Grundschulen liegt. Der Personalmangel gilt bundesweit als eines der drängendsten Probleme des Bildungssystems.

GEW-Vorsitzende schlägt Abschaffung des NC vor

Der Lehrkräftemangel führe zu einer besonders hohen Belastung der vorhandenen Lehrerinnen und Lehrer und zu ausfallendem Unterricht für die Schülerschaft, betonte die NRW-Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Ayla Çelik. Es brauche mutige und schnelle Veränderungen, um mehr Personal zu gewinnen.

Mit Blick auf jüngste Vorschläge der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) an die Kultusministerkonferenz sprach sich Çelik für eine Abschaffung der Numerus Clausus (NC) als Zulassungsbeschränkung aus. Statt Interessierte aus dem Lehramtsstudium fernzuhalten, müsse das Land die Universitäten beim Ausbau von Studienplätzen unterstützen.

Hochschulrektorenkonferenz betont Notwendigkeit des NC

Beim NC handele es sich um eine ausschließlich kapazitätsbezogene Zulassungsbegrenzung, um einer Überschreitung der tatsächlich vorhandenen Studienplätze vorzubeugen, erklärt ein Sprecher der Hochschulrektorenkonferenz. „Insofern ist der NC notwendig, um die Qualität der Lehre, insbesondere hinsichtlich der Durchführbarkeit von Lehrveranstaltungen und der angemessenen Betreuung der Studierenden, sicherzustellen“.

Der individuelle Wunsch nach einer Studienzulassung zu einem favorisierten Studiengang an einem favorisierten Ort sei verständlich. „Die real limitierten Kapazitäten in bestimmten Studiengängen stehen dem aber entgegen. Lokale NC sorgen somit dafür, dass Studierende sich umorientieren und das gewünschte oder ein ähnliches Studium an einem alternativen Hochschulstandort aufnehmen können“, betont der HRK-Sprecher. Allerdings habe der Anteil zulassungsbeschränkter Studienangebote in den letzten Jahren konstant abgenommen, auf zuletzt 37,9 Prozent im Wintersemester 2023/24.

Schulleitung wird durch Vertreterposten aufgefangen

Das Schulministerium in Düsseldorf erläuterte zu den Schulleitungsstellen, Vakanzen bedeuteten nicht, dass an diesen Schulen die Leitungsfunktion nicht wahrgenommen werde. In diesen Fällen sehe das Schulgesetz vor, dass die ständige Vertreterin oder der zuständige Vertreter die Leitung übernehme - oder bei Verhinderung ein anderes Mitglied der Schulleitung.

„Wenn diese Vertretungsoptionen nicht möglich sind, tritt eine andere beauftragte Lehrkraft oder die dienstälteste Lehrerin oder der dienstälteste Lehrer der Schule ein.“ Schulministerin Dorothee Feller (CDU) führe Gespräche mit Schulleitungen mit dem Ziel, diese noch besser zu unterstützen, hieß es auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Weg zum Ende des Lehrermangels ist noch weit

Im Dezember hatte das Ministerium zu den Lehrerkollegien berichtet, mit 160.900 besetzten Stellen seien mehr Menschen an den Schulen in NRW beschäftigt als noch ein Jahr zuvor, die Personalausstattung habe sich um rund 3900 Stellen verbessert. Aber: Der Weg „bis der Lehrkräftemangel der Vergangenheit angehört“ sei noch weit. Insgesamt hätten die knapp 4800 öffentlichen Schulen in NRW derzeit einen Bedarf von 168.000 Stellen - ein Plus von etwa 2900 Stellen, die zusätzlich etwa für den weiteren Ganztagsausbau oder Inklusion benötigt würden.

Trotz dieses gestiegenen Bedarfs habe sich binnen eines Jahres die Zahl der unbesetzten Stellen immerhin auf rund 7100 verringert. Die Stellen-Angaben schließen einem Sprecher zufolge neben Lehrkräften auch etwa Sozialpädagogen oder Schulpsychologen ein. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE NRW) forderte, alle Phasen der Lehrkräftebildung zu verbessern.

„Riesiges Problem, das nicht gelöst werden kann“

Der Vorsitzende der Schulleitungsvereinigung NRW, Wolfgang Siebeck, nannte den Personalmangel ein „riesiges Problem, das nicht gelöst werden kann.“ Wie auch in anderen Bereichen des Arbeitsmarktes fehlten auf lange Sicht Fachkräfte. „Das Problem wird sich beispielsweise in Schulen der Sekundarstufe I in den kommenden Jahren eher verschärfen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Die Attraktivität in diesem Bereich könnte nach Ansicht des Verbandsvorsitzenden zwar wachsen, wenn man die Pflichtstundenzahl der Lehrkräfte senken würde. Das würde aber wiederum einen höheren Bedarf an Lehrkräften produzieren. „Insgesamt sieht das nordrhein-westfälische Bildungssystem eher noch schwereren Zeiten entgegen, da gibt es kaum Licht am Ende des Tunnels.“ (dpa/pst)

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