Düsseldorf. Der Abwassertunnel unterm Rhein muss saniert werden. Er ist trockengelegt und nach 60 Jahren erstmals begehbar – wie es dort riecht und aussieht.
Durch die kleine Luke geht es über eine schmale Leiter nach unten. „Seil ab!“, ruft ein Mitarbeiter des Stadtentwässerungsbetriebes Düsseldorf in die Tiefe zu seinem Kollegen. Gut gesichert an einem Karabinerhaken geht es Stufe für Stufe hinab. Nach unten schauen sollte man ab jetzt aber besser nicht mehr: Denn die Leiter führt 15 Meter ins dunkle Nichts des Düsseldorfer Abwassertunnels.
Normalerweise ist die zwei Meter hohe Röhre bis oben hin mit Schmutzwasser gefüllt. Abwasser aus Haushalten des Düsseldorfer Nordens fließt durch den 960 Meter langen Tunnel ins Klärwerk, das auf Meerbuscher Stadtgebiet liegt. Der Tunnel unterläuft den Rhein in der Nähe der A44.
Rheindüker ist nach knapp 60 Jahren erstmals begehbar
Weil der zwischen 1958 und 1966 erbaute Rheindüker – wie der Abwassertunnel auch genannt wird – mittlerweile sanierungsbedürftig ist, wurde er seit Ende 2021 geleert und gereinigt – das erste Mal nach knapp 60 Jahren. „Wir haben darüber hinaus noch 512 Tonnen Ablagerungen entsorgt“, erzählt Frank Heuner, technischer Betriebsleiter des Stadtentwässerungsbetriebes. Dazu gehörten Schlamm, Fettablagerungen und Haare, die sich so festgesetzt hatten, dass sie nicht ausgespült und abgesaugt werden konnten. Weil der Dreck schadstoffbelastet war, musste er verbrannt werden. Zwei Jahre hat die Reinigung des Dükers gedauert.
Und weil dieser nun leer ist, gibt es erstmals die seltene Gelegenheit, ihn zu besichtigen. Aber: Es ist eine Ausnahme für die Presse. Führungen für Privatpersonen gibt es nicht. Sie wären zu aufwendig. In den Düker geht es nur mit Sicherheitsausrüstung: einem speziellen Schutzanzug, Helm, Handschuhen und festem Schuhwerk. Wer Platz- oder Höhenangst hat, für den ist der Abstieg nichts.
Unten angekommen fällt kaum noch Tageslicht in den Schacht. An den Tunnelwänden hängen kleine Lampen, die die endlos lang erscheinende Röhre beleuchten. Eine Schräge führt weitere zehn Meter hinab in den engen Tunnel. Ab hier befindet man sich nun mitten unter dem Rhein in 25 Metern Tiefe. „Wenn man ganz leise ist, kann man über uns sogar die Schiffe hören“, sagt Heuner. Für ihn ist der Düker nach wie vor ein beeindruckendes Bauwerk. „Ich bewundere die Ingenieurskunst von damals.“
Verlaufen kann man sich in dem Abwassertunnel übrigens nicht: Es geht nur geradeaus. Der Düker ist aber in zwei nierenförmige Ableitungsstränge aufgeteilt. Eine Betonwand trennt sie voneinander. Die eine Röhre ist gerade mal einen Meter, die andere 1,30 Meter breit. Hier durchzulaufen, gleicht stellenweise einem Balanceakt, denn die eigentliche Trittfläche ist ziemlich schmal.
Im Düsseldorfer Rheindüker stinkt es nach der Reinigung nicht
Dass hier bis vor wenigen Wochen Abwasser floss, kann man sich kaum vorstellen. Es stinkt nicht. Nur ein leicht modriger Geruch liegt in der Luft. Heuner schätzt die Temperatur auf etwa zwölf Grad – und dennoch wird es unter dem Schutzanzug schnell ziemlich warm.
Man mag sich da kaum vorstellen, wie hart die Arbeit für die Mitarbeitenden des Stadtentwässerungsbetriebes während der Reinigung gewesen sein muss. Die tonnenschweren Ablagerungen konnten nämlich nur mechanisch abgebaut werden. Neben den beengten Arbeitsbedingungen erfolgten die Arbeiten unter schwerem Atemschutz. Ein Sicherheitsingenieur war permanent im Tunnel dabei, weil es Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten in dem knapp einen Kilometer langen Düker nur an den Enden der jeweiligen Seite des Rheinufers gibt.
Hier und da bleibt Frank Heuner während des Rundgangs stehen, zeigt, warum der Düker saniert werden muss. An einigen Fugen sind tiefe Risse zu sehen, stellenweise ist der Beton kaputt. Im Zuge der Sanierung erhält der Tunnel eine neue Betonauskleidung. „Wir werden das Bauwerk dann noch weitere 60 Jahre benutzen“, kündigt der technische Betriebsleiter an.
Saniert wird der Rheindüker von April bis Anfang 2025. 6,5 Millionen Euro kostet die Instandsetzung. Bis dahin läuft das Abwasser natürlich trotzdem zum Klärwerk: Es gibt seit 2018 einen parallel verlaufenden Düker, der auch schon seit der Reinigung des alten Tunnels genutzt wird.
Apropos Tunnel: Der soll nach einer knappen Stunde auch wieder verlassen werden. Dafür geht es wieder über die steile Leiter nach oben. Allmählich ist die Luke in Sicht, das erste Tageslicht scheint hinein. Draußen angekommen, wird erst einmal tief durchgeatmet.
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