Voerde. Damit der Kühlturm am Ende so fällt, wie er fallen soll, werden entsprechende Vorkehrungen getroffen. Das passiert bis zum Tag der Sprengung.

Der erste von mehreren Bauriesen auf dem Gelände des ausgedienten Steinkohlekraftwerks in Möllen wird in wenigen Wochen dem Erdboden gleichgemacht: Der 165 Meter hohe Kühlturm – eine weithin sichtbare und bekannte Landmarke – wird am Sonntag, 3. Dezember, gesprengt. Aus diesem Grund wird eine Sperrzone eingerichtet, die an dem Tag von allen Personen bis 9 Uhr verlassen werden muss. Die Sprengung soll um 11 Uhr erfolgen, wie die Stadt Voerde in ihrem Amtsblatt am Freitagvormittag bekanntmachte.

Das Betreten und jeglicher Aufenthalt sind in der Sperrzone innerhalb und außerhalb der Gebäude ab 9 Uhr bis zum Abschluss der Sprengarbeiten verboten. Für den Zeitraum der Evakuierung werden den betroffenen Anliegerinnen und Anliegern sowie Anwohnerinnen und Anwohnern Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, heißt es städtischen Amtsblatt weiter. Der betroffene Personenkreis werde darüber frühzeitig und in geeigneter Weise informiert. Aktuelle Informationen will die Stadt zudem auf ihrer Webseite unter www.voerde.de sowie in der Presse veröffentlichen.

RWE: Umfassendes Sicherheitskonzept wurde erarbeitet

Wie RWE – Eigentümerin des etwa 60 Hektar großen Industriegeländes an der Frankfurter Straße – mitteilt, wird die Sprengung die Thüringer Spreng GmbH verantworten. Dabei handele es sich um eine Spezialfirma „mit 30 Jahren Erfahrung und mehr als 3.200 erfolgreichen Sprengprojekten“. Sicherheit habe dabei oberste Priorität. Deshalb sei ein umfassendes Sicherheitskonzept erarbeitet worden, das der Essener Energiekonzern in Abstimmung unter anderem mit der Stadt Voerde, den Behörden, Straßen.NRW, der Deutschen Bahn, dem Stromnetzbetreiber Amprion sowie dem Fernleitungsnetzbetreiber Thyssengas umsetze.

Bevor der Sprengtermin habe festgemacht werden können, „galt es, zahlreiche Fragen abschließend zu klären“, erläutert RWE-Sprecher Olaf Winter. Neben der Abstimmung des Sicherheitskonzeptes mit der Kommune und einer Vielzahl weiterer Akteure ging es dabei um „die technische Umsetzbarkeit und die Verfügbarkeit entsprechender Abbruch- und Spreng-Technik und Sprengspezialisten“.

Die vorbereitenden Arbeiten am Kühlturm seien stark wetterabhängig, laufen „aktuell aber nach Plan“, erklärt der RWE-Sprecher auf NRZ-Anfrage weiter. In den kommenden Wochen werden in den Kühlturm Bohrlöcher für die Sprengungen gesetzt – und „Fallschlitze“ in die Turmwand gefräst. Letztere „schwächen den Kühlturm strukturell“, erläutert Winter. So werde sichergestellt, „dass der Turm bei der Sprengung wie geplant erst leicht kippt und dann kollabiert“.

Dazu kommen Sicherungsarbeiten wie das Platzieren von Sprengmatten in den Sprengbereichen. In den vergangenen Wochen wurden nach Angaben des RWE-Sprechers Elemente im Inneren des Kühlturms wie etwa die Wasser-Verrieselungsanlage ausgebaut. „Dadurch fällt bei der Sprengung nur noch Betonschutt und Baustahl an“, erklärt Winter auf die Frage, was von dem Bauriesen bis zum Tag der Sprengung noch übrig bleibt.

Von der um den Kühlturm eingerichteten Sperrzone sind laut RWE die Bewohner von etwa zehn Wohngebäuden südwestlich und nordöstlich der Frankfurter Straße betroffen. Ein Aufenthalt dort wird am Sonntag, 3. Dezember, ab 9 Uhr bis voraussichtlich 13 Uhr nicht möglich sein. Anwohnern wird nahegelegt, ihre Fenster zum Schutz vor der zu erwartenden Staubentwicklung geschlossen zu halten, Klimaanlagen abzustellen und die Rollläden herunterzulassen. Haustiere sollten zur Sprengzeit in der Sperrzone nach Möglichkeit nicht frei umherlaufen.

Der Straßenverkehr im Umfeld des alten Kraftwerksgeländes wird am Tag der Sprengung „stark eingeschränkt sein“. So werden Teile der Frankfurter Straße und der Rahmstraße sowie die Straßen „Am Bahndamm“ und „Auf der Horst“ zwischen 9 und voraussichtlich 13 Uhr für den Verkehr gesperrt. Entlang der Friedrichstraße gilt in diesem Zeitraum ein Park- und Halteverbot.

RWE will die Abbruchsprengung des Kühlturms dokumentieren und die Bilder für die Öffentlichkeit verfügbar machen. Für Fragen zu den Rückbauarbeiten hat das Unternehmen die Service-Mailadresse buergeranfragen-voerde@rwe.com eingerichtet. Die Sprengung des Kühlturms ist Teil der im Juli angelaufenen Rückbauarbeiten am stillgelegten Steinkohlekraftwerk der RWE. Damit schafft der Energiekonzern nach eigenen Worten „Platz für neue Anlagen, die zum Erfolg der Energiewende beitragen werden“.

Von dem ehemaligen Parkdeck für die damaligen Kraftwerksbeschäftigten sind zum großen Teil nur noch Bruchstücke vorhanden.
Von dem ehemaligen Parkdeck für die damaligen Kraftwerksbeschäftigten sind zum großen Teil nur noch Bruchstücke vorhanden. © FUNKE Foto Services | Markus Weißenfels

Bekanntlich prüft das Unternehmen den Umbau des alten Kohlekraftwerksgeländes zu einem Standort, an dem „in industriellem Umfang grüner Wasserstoff“ erzeugt werden kann. „Sofern es die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zulassen, ist auch der Bau eines wasserstofffähigen Gaskraftwerks am Standort Voerde denkbar“, erklärt RWE-Sprecher Olaf Winter.

Zurzeit konzentrieren sich die Rückbauarbeiten auf die Kühlturmseite. Zum Fortschritt der Maßnahme erklärt Winter, dass mehrere Gebäude in dem Teil des Kraftwerksgeländes inzwischen vollständig entkernt, saniert und abgebrochen seien. „Parallel werden Materialien an die davor vorgesehenen Entsorgungsstellen verkippt und beseitigt“, sagt der RWE-Sprecher. Ein Blick auf die andere Seite der Frankfurter Straße auf den im Westen gelegenen Teil des alten Industriegeländes zeigt, dass vom einstigen Parkdeck für die damaligen Kraftwerksbeschäftigten zum großen Teil nur noch Bruchstücke geblieben sind.

>>Info: Bis 2026 sollen die Abbrucharbeiten beendet sein

Der Essener Energiekonzern RWE setzt den Rückbau des früheren Kraftwerksstandortes Voerde zusammen mit der Rückbauexpertin PORR Becker Abbruch GmbH um. Bis August 2026 – so wurde es zuletzt kommuniziert – soll von dem alten Steinkohlekraftwerk, das im Frühjahr 2017 stillgelegt wurde, nichts mehr zu sehen sein. Das sei auch weiterhin so vorgesehen. Man liege mit den Rückbauarbeiten „im Plan“.

Weitere Einzelheiten zu der Sprengung am Sonntag, 3. Dezember, sind im aktuellen Amtsblatt der Stadt Voerde vom 10. November (14. Jahrgang, Nummer 29) auf deren Webseite unter www.voerde.de/de/inhalt/bekanntmachungen/ veröffentlicht.