Dinslaken/Oberhausen. Zu offenen Rundgängen lädt das Friedensdorf International Besucher ein. Diese besonderen Einblicke in die Einrichtung gab es dabei für die Gäste.

Am Besucherparkplatz des Friedendorfs International Oberhausen warten schon einige Menschen auf den Beginn des offenen Dorfrundgangs. Die meisten kommen aus Dinslaken oder Oberhausen. Birgit Schmidt und drei ihrer Kolleginnen aus dem Bonifatius-Hospital in Lingen hatten mit absolvierten 135 Kilometern die weiteste Anreise.

In der Kinderstation, in der sie arbeiten, sind schon des Öfteren Kinder vom Friedensdorf International vermittelt worden. Schmidt erläutert, dass sie sich mit ihren Kolleginnen einmal das Friedensdorf anschauen wollten und natürlich wäre es dabei schön, den kleinen Patienten Fabio zu treffen, der sich – nach Behandlung in ihrer Kinderstation – jetzt zur Nachversorgung im Friedensdorf Oberhausen befinden würde. Der dreijährige Angolaner ist der „Delegation“ aus Lingen sichtlich ans Herz gewachsen.

Kinder für medizinische Betreuung in Deutschland

Dann ist es so weit. „Herzlich willkommen im Friedensdorf. Sie sollen wissen, wofür spende ich, wo bleibt mein Geld, was wird hier für Arbeit verrichtet“, eröffnet Claudia Peppmüller, hauptamtliche Mitarbeiterin des Friedensdorfs die Dorfführung. Sie konzentriert sich in der Führung auf die medizinische Einzelfallhilfe und die Betreuung von Kindern in Deutschland. Das könne hier im Friedensdorf erahnt, erfahren werden. Die weiteren wichtigen Stränge Projektarbeit und Bildungsarbeit werden – da wo relevant – kurz erläutert.

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Da für viele Kinder in Kriegs- und Krisengebieten eine medizinische Versorgung nicht möglich ist, weil die Strukturen vor Ort fehlen oder die Leistungen für die Familien unbezahlbar sind, holt das Friedensdorf mehrmals jährlich Kinder für notwendige medizinische Behandlungen nach Deutschland und bringt genesene Kinder zurück in ihre Heimat. Bei der Auswahl der Kinder und der Koordination vor Ort wird eng mit einheimischen Partnerorganisationen kooperiert. Überwiegend stammen die Kinder aus Afghanistan und Angola, berichtet Peppmüller. Gambia, Tadschikistan, Usbekistan, Kirgistan und der Irak/Kurdistan sind weitere Herkunftsländer.

Inzwischen konnten in der Projektarbeit - durch Kooperation mit Partnerorganisationen - auch vor Ort – in den Krisenregionen – geeignete Krankenhausinfrastruktur aufgebaut werden. Allerdings muss auch hier die Behandlung in diesen „Privatkliniken“ vom Friedensdorf finanziert werden.

Auf dem Dorfplatz von Kindern umringt

Im Dorf sind seit 1967 neun Gebäudekomplexe entstanden, immer wieder instandgesetzt worden. Stolz berichtet Peppmöller, dass seit Anfang 2021 ein Medizin-Zentrum entstanden sei, in dem kleinere orthopädische Operationen direkt in Oberhausen durchführbar sind.

Viele der Kinder im Dorf sind auf Gehhilfen oder gar einen Rollstuhl angewiesen. Ihre Lebensfreude trübt das scheinbar nicht.
Viele der Kinder im Dorf sind auf Gehhilfen oder gar einen Rollstuhl angewiesen. Ihre Lebensfreude trübt das scheinbar nicht. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Erste Station im Rundgang ist dann die Begegnungsstätte, in der auch ein kleiner Schulraum untergebracht ist. Peppmöller berichtet über die Schwierigkeit Kinder unterschiedlichen Alters, Bildungsstandes, Sprache gemeinsam zu unterrichten. Aber die hier verfügbaren „Abaki“ erfreuten sich großer Beliebtheit. Peppmöller bewirbt die Begegnung deutscher Schulklassen mit den Kindern des Friedensdorfes. Die Kinder des Friedensdorfes brauchen nicht den dauernden Blick auf’s Handy. „Basteln und insbesondere mit Murmeln spielen, sind hier besonders angesagt“ schmunzelt Peppmöller.

Dann wird der Dorfplatz erreicht. Peppmöller und die Besuchergruppe sind im Nu von mehr als zwanzig Kindern umringt. Dem Charme der Kleinen – ob aus Angola, Afghanistan, Tadschikistan – kann sich keiner entziehen.

Besucher beeindruckt vom Gesehenen

Vorbei am plakatierten Appell „Viele helfende Hände können gemeinsam Großes bewirken“ erreicht die Gruppe im nächsten Gebäude der Krankengymnastikraum. Minoli Nakaoko kümmert sich physiotherapeutisch um Gulahad aus Tadschikistan. Nebenan ist die 11-jährige Marie-Isabell aus Angola damit beschäftigt, die Fußmuskulatur zu stären. Sie umgreift mit ihren Zehen Murmeln und befördert sie in einen Eimer. „Es ist toll, wie Kinder unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Alters, mit teilweisen traumatischen Erfahrungen so friedlich zusammenleben“, beschreibt Besucherin Daniela Wied aus Oberhausen ihre Empfindungen.

Physiotherapie gehört für viele Kinder im Friedensdorf zu ihrem Alltag dazu, um etwa nach Operationen wieder ganz gesund zu werden.
Physiotherapie gehört für viele Kinder im Friedensdorf zu ihrem Alltag dazu, um etwa nach Operationen wieder ganz gesund zu werden. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

So wichtig ist es, in diesem Maß zu helfen. Ob es so weiter gehen kann, sieht Peppmöller kritisch. „Durch die Gesundheitsreform wird es wahrscheinlich schwieriger, kostenlose Behandlungen in den Kliniken zu bekommen“, befürchtet sie. Auf dem Kinderspielplatz der Kleinen finden am Ende die Mitarbeiterinnen des Bonifatius-Hospitals auch Fabio.

Das Friedensdorf

Zurzeit werden 135 Kinder aus sieben Ländern im Friedensdorf betreut. Die Anlage ist auf maximal 200/220 Kinder ausgelegt. Noch im Mai werden fast 50 Kinder wieder zu ihren Familien zurückkehren – dafür werden 74 neue kleine Patienten erwartet.

Heute findet im Friedensdorf mehr medizinische Versorgung mit Rehabilitation statt als früher – die Krankenhausaufenthalte werden aus Kostengründen immer kürzer aus.

Das Friedensdorf will jetzt regelmäßig die Dorfrundgänge fortsetzen, um für Unterstützung zu werben. Weitere Rundgänge sind für den 8. Juni (ab 13 Uhr), 13. Juli, 17. August und 5. Oktober geplant. Anmelden kann man sich dafür per Mail an offen@friedensdorf.de.

Neben Geldspenden nimmt das Friedensdorf gerne auch Sachspenden (Kleidung, Spielzeug etc.) an. Außerdem hofft das Friedensdorf-Team auf weitere Unterstützung von Ehrenamtlern. Wichtig ist nur, dass Zeit für hilfsbedürftige Kinder gegeben wird. „Hilfe kann zur Sucht werden“, bemerkt Claudia Peppmöller.