Dinslaken/Voerde/Hünxe. Etwa 15 Bauern aus Dinslaken, Voerde, Hünxe nahmen an der Großkundgebung in Berlin teil. Eine erste Bilanz nach der Protestwoche der Landwirte.
Eine Woche lang haben die Bauern deutschlandweit gegen den Abbau der Subventionen protestiert. Auch in Dinslaken, Voerde und Hünxe gehörten hupende Treckerkolonnen in den vergangenen sieben Tagen zum Alltag, auch hier haben sich zahlreiche Bauern an den Protesten beteiligt. Zum Abschluss der Protestwoche fuhr auch eine Abordnung der Bauern aus Dinslaken, Voerde, Hünxe nach Berlin und nahm dort mit tausenden Landwirten aus ganz Deutschland an der Großdemo zur Agrarpolitik teil.
Insgesamt sind etwa 15 Landwirte aus der Region in die Hauptstadt gefahren, schätzt Carolin Walbrodt, Sprecherin der Bauern aus Dinslaken, Voerde, Hünxe - allerdings mit dem Auto, nicht mit dem Traktor. In aller Frühe, gegen 5 Uhr am Montag, sind etwa Luisa Hülser, Kai Romswinkel, Henning Hülser, Jordan Schulz, Niklas Knipping und Jörg Sprengnetter mit Autos von Voerde in Richtung Hauptstadt gestartet. Von außerhalb ist die Delegation mit der S-Bahn in die Innenstadt gefahren, berichtet Luisa Hülser. Am Bahnhof wurden größere Gruppen zunächst nicht Richtung Regierungsviertel gelassen. „Wir durften aber nach netten Nachfragen mit sechs Leuten doch durch“, berichtet Luisa Hülser, junge Landwirtin und Tochter des Voerder CDU-Ratsherrn Ingo Hülser. Sie hat erneut lobende Worte für die Beamten: „Die Polizei war, wie bei uns zuhause, wieder sehr nett und den Landwirten wohlgesonnen.“
Etwa 30.000 Menschen seien bei der Demo vor Ort gewesen, schätzte Luisa Hülser mittags. Die Behörden sprachen von 8.500 Protestierenden und 6000 Fahrzeugen. Unter die Protestierenden hätten sich allerdings auch andere Teilnehmer gemischt, die man nicht hätte zuordnen können, bedauert Jörg Sprengnetter: „Auf jeden Fall waren das keine Bauern.“
Die Demo-Teilnehmer standen rund ums Brandenburger Tor, auf der Straße des 17. Juni und Unter den Linden - also auch hinter der Bühne. Sie forderten die Rücknahme sämtlicher von der Bundesregierung geplanter Subventionskürzungen. Zu den Rednern gehörte neben Bauernpräsident Joachim Rukwied auch Bundesfinanzminister Christian Lindner.
Das sagte Christian Lindner
Bei dessen Auftritt sei die Stimmung etwas „kritisch“ gewesen, so Luisa Hülser. Der Bundesfinanzminister wurde von den Landwirten ausgebuht und beschimpft. Bauernpräsident Joachim Rukwied musste eingreifen: „Der Bundesfinanzminister ist hier und es gebührt der Respekt, ihm zuzuhören.“ Zuvor hatte Rukwied die Rücknahme der Kürzungen gefordert: „Es reicht, zu viel ist zu viel.“
Lindner beteuerte, „Verständnis“ für den Protest zu haben. Diese seien „legitim und friedlich“. Viele, auch er, hätten „Angst vor schrecklichen Bildern“ gehabt.
Er kenne die steigenden Kosten für Futter, Strom, Kraftstoff, die steigenden und teuren „Umwelt- und Klimaauflagen, die Sie erfüllen müssen“, so Lindner, der seine Rede schreiend gegen den Lärm von Kuhglocken und Tröten absolvieren musste. „Ich teile Ihre Empörung über Bevormundung“, so der Finanzminister. Die geplanten Kürzungen nahm er allerdings nicht zurück. „Alle müssen ihren Beitrag leisten“, so Lindner. Die Landwirtschaft werde aus Brüssel und Berlin jährlich mit neun Milliarden Euro subventioniert. Den Bauern gehe es zudem nicht nur um Agrardiesel. „Da hat sich über Jahrzehnte etwas aufgestaut“, sagte Lindner: „Lassen Sie uns darüber sprechen und nicht nur über den Agrardiesel.“
Der Protest der Landwirte, so wandte sich Lindner an Joachim Rukwied, sei „bereits erfolgreich“ gewesen, ein Teil der Subventionskürzungen seien zurückgenommen worden. „Die Bundesregierung hat Ihre Argumente gehört.“ Der Agrardiesel werde nun schrittweise abgebaut. Gleichzeitig müssen „Belastungen für die Betriebe auslaufen“, Bürokratie abgebaut werden, so Lindners Angebot.
„Ein guter Abschluss“
Die Delegation aus Dinslaken, Voerde, Hünxe stand etwas abseits der Bühne. „Wir haben durch den Lärm von der Rede von Lindner fast nichts gehört“, so Luisa Hülser. Der Finanzminister sei zudem „oft unterbrochen“ worden. Die Protestwoche fand sie persönlich „sehr gelungen“, der Tag in Berlin sei „nochmal ein guter Abschluss“ gewesen. Was die Proteste bewirkt haben, das werde sich zeigen. Auf jeden Fall aber habe sich „der Zusammenhalt unter den Landwirten selbst und mit der Bevölkerung definitiv verbessert“, so die Landwirtin aus Voerde.
Auch Carolin Walbrodt findet, dass die Proteste vor Ort „gut verlaufen“ sind. „Wir haben uns an die demokratischen Regeln gehalten und konnten viele Bürger und Verbraucher erreichen.“ Dennoch macht sie sich wenig Hoffnung, in Berlin ein Umdenken zu erreichen: „Die politische Kehrtwende, wie sie wünschenswert wäre, wird wahrscheinlich ausbleiben.“ Dennoch seien die Proteste „ein deutliches Zeichen an die Politik, dass die Landwirtschaft sich nicht alles gefallen lässt und bei zukünftigen Entscheidungen die Landwirtschaft besser mit einbezogen wird.“ Zudem sei der Bevölkerung „wieder bewusster geworden in welcher schwierigen Lage die Landwirtschaft steckt und das der Schuh an mehr Stellen drückt als nur bei der Dieselsteuer.“
Die Protestwoche sei „sehr gut gelaufen“, sagt auch Jörg Sprengnetter. Vor allem der „Rückhalt in der Bevölkerung“ sei im Kreis Wesel spürbar gewesen.
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