Dinslaken/Voerde/Hünxe. In Dinslaken und Voerde gab es am Montag gleich zwei Protestfahrten der Bauern. Wie die Bilanz der Landwirte und der Polizei ausfällt.
- Am Montag, 8. Januar, protestieren Landwirte gegen die Sparmaßnahmen der Politik.
- Um 7.30 Uhr starteten Bauern aus Dinslaken, Voerde und Hünxe ihre Protestfahrt über die B8 in Richtung Dinslaken.
- Am Montagmittag fuhren rund 100 Landwirte und Spediteure aus dem Kreis Borken erneut durch Voerde und Dinslaken.
Die drei Trecker sorgen um kurz vor 7 Uhr in Lohberg auf der Hünxer Straße für leichte Behinderungen. Sie steuern den Parkplatz des Strandbads Tenderringssee an. Hier treffen sich die Landwirte aus Dinslaken, Voerde und Hünxe am Montagmorgen für ihre Protestfahrt, mit der sie ihren Unmut gegen die Sparpläne der Bundesregierung verdeutlichen wollen.
Nach sieben Uhr haben sich schon viele Landwirte mit ihren Fahrzeugen auf dem Parkplatz eingefunden. Mit ihren Scheinwerfern sorgen sie für ein bisschen Helligkeit. „Genug ist genug“ oder „Ohne Bauern keine Lebensmittel“ ist auf Plakaten zu lesen. Ein Verkaufswagen ist auch vor Ort. Hier können sich die Landwirte mit Brötchen versorgen. Andere schlürfen noch einen Kaffee aus der Thermoskanne.
Gegen 7.30 Uhr wird es laut, die Motoren werden gestartet, die Trecker setzen sich in Bewegung. Auch Landwirte aus dem Duisburger und Oberhausener Norden sind nach Voerde gekommen, um von dort aus über die B8 den Weg Richtung Dinslaken weiter über Walsum, später vorbei an der Hauptzentrale von Thyssen, am Tausendfenster-Haus in Ruhrort und im weiteren Verlauf am Ruhrdeich entlangzufahren und links in Richtung Oberhausen abzubiegen.
Knapp 50 Trecker und etwa 15 Lkw sind in diesem Konvoi unterwegs. Sie werden von Polizeifahrzeugen begleitet, die die Kreuzungen freihalten. „Das Tempo musste sich etwas einspielen, damit der Zug nicht zu sehr auseinandergerissen wird, aber dann hat alles reibungslos funktioniert“, sagt die Hünxer Landwirtin und Mitorganisatorin Carolin Walbrodt. Auf- und Abfahrten an den Autobahnen blockieren die hiesigen Bauern nicht.
Landwirte erhalten Beifall für Protestfahrt
Der Voerder Landwirt Ingo Hülser ist mit seiner Tochter Luisa ebenfalls dabei. Sie lenkt seit dem Morgen den Traktor. Hülser berichtet von einem „Kooperationsgespräch“ mit der Kreispolizeibehörde Wesel am Donnerstag vergangener Woche, an dem auch er als Bauernvertreter teilgenommen habe. Dort seien die Route und der Ablauf der Demo-Fahrt abgestimmt worden, „damit alles vernünftig läuft“. Eine Anweisung der Polizei: Die Konvois sollen „geschlossen“ fahren, um „kein Chaos zu verursachen“, erklärt Hülser. Nur vereinzelt haben seiner Beobachtung nach Pkw-Fahrer, die an einer Kreuzung standen und nicht rauskamen, versucht, immer weiter in die Kreuzung zu fahren.
Als es hell wird, sind am Montagmorgen hier und da Menschen zu sehen, die am Straßenrand stehen und den Teilnehmern des rollenden Protests mit Klatschen und Daumen hoch ihre Solidarität bekunden, wie Hülser berichtet. In Walsum etwa seien Mitarbeiter einer Metzgerei aus dem Geschäft gekommen, hätten ihnen zugewunken und applaudiert. Auch am Centro in Oberhausen bekommen die Teilnehmer der Demo-Fahrt Beifall. „Unsere Botschaft kam an“, sagt auch Carolin Walbrodt.
100 Landwirte aus dem Kreis Borken fuhren durch Dinslaken und Voerde
Bewusst haben sich die Landwirte aus Dinslaken, Voerde und Hünxe dazu entschieden, den Weg in die benachbarten Großstädte auf sich zu nehmen. „Im ländlichen Raum sind mehr Menschen mit unseren Problemen vertraut als in der Stadt. Und in Duisburg und Oberhausen gibt es deutlich weniger Bauern. Wir wollten die Kollegen vor Ort unterstützen“, erklärt Walbrodt.
Zu ruhig ist es in Dinslaken und Voerde deshalb aber nicht geblieben: Am Montagmittag rollt ein weiterer Trecker-Konvoi über die B8. Gestartet sind die Landwirte, ein Großteil kommt aus Borken, in Hünxe. Erneut geht es über die B8 von Voerde nach Dinslaken. Gegen 11.30 Uhr erreicht der Protestzug die Kreuzung Wilhelm-Lantermann-Straße/B8. Mehrere Trecker stellen sich quer auf die Kreuzung, Autos können nicht mehr vorbeifahren.
Rund 100 Trecker gehören dem Konvoi an, auch ein paar Lkw sind dabei. Einige haben Plakate an ihren Fahrzeugen befestigt. „Stirbt der Bauer, stirbt das Land!“ ist darauf zum Beispiel zu lesen. Hupend, teilweise mit laut heulenden Sirenen, macht sich die Kolonne auf den Weg Richtung Innenstadt. Der Verkehr staut sich.
Aber: Der Protest verläuft friedlich. Die Polizei sichert den Anfang und das Ende des Konvois. Und als plötzlich ein Notarztwagen mit Blaulicht und Martinshorn herbeieilt und an dem Protestzug vorbei muss, machen die Traktoren und Lastwagen sofort Platz. Carolin Walbrodt freut sich, dass die Landwirte aus dem Kreis Borken nach Dinslaken gefahren sind. „Das ist keine Konkurrenz, das ist Unterstützung“, betont sie.
Ihr Konvoi, der Morgen am Tenderingssee gestartet ist, löst sich um 13.30 Uhr an der Brinkstraße in Dinslaken auf. „Alles verlief friedlich und unfallfrei“, resümiert Landwirt Ingo Hülser. Und er bittet diejenigen um Verständnis, die wegen des Protests vielleicht zu spät zur Arbeit oder zu einem Termin gekommen sind. „Aber wir können nicht aus dem Homeoffice heraus demonstrieren.“
1300 Landwirte und Spediteure machten bei Protest im Kreis Wesel mit
Die Polizei zieht ebenfalls ein positives Fazit: Bei den Touren, die durch Dinslaken und Voerde führten, habe es keine besonderen Vorkommnisse gegeben. „Es ist alles reibungslos gelaufen“, betont ein Sprecher der Kreispolizei Wesel. Bis zum Montagnachmittag sind rund 1300 Landwirte und Spediteure mit mehr als 950 Treckern, Lastwagen und Autos auf den Straßen im Kreis Wesel unterwegs gewesen. Blockaden habe es nicht gegeben.
Die Kreisbauernschaft Wesel lädt zu einer Versammlung und Kundgebung am Dienstag, 9. Januar, ein. Die Landwirte treffen sich auf ab 11 Uhr auf dem Parkplatz des Auesees, In der Aue 3. Wie es in der Mitteilung heißt, wird an der Kundgebung auch die Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, Silke Gorißen, teilnehmen.
Das haben wir bis zum 7. Januar berichtet
Dass ihre Aktion nicht allen gefallen wird, insbesondere den Autofahrern nicht, weiß Carolin Walbrodt. „Aber es geht nicht anders“, sagt die Landwirtin aus Hünxe. „Wir müssen auf unsere dramatische Lage aufmerksam machen. Wir als regionale Lebensmittelerzeuger, Landschaftspfleger und vieles mehr, werden seit Jahren von unserer Regierung mit Auflagen überhäuft.“
Deshalb werden – wie vielerorts – auch die Bauern aus Dinslaken, Voerde und Hünxe am 8. Januar auf die Straße gehen – oder besser gesagt diese mit ihren Traktoren befahren – um gegen die Sparmaßnahmen der Politik zu demonstrieren. Der Protestkorso mit 30 Treckern startet am Montagmorgen um 7.30 Uhr in Voerde. Von dort wollen die Bauern über die B8 in Richtung Dinslaken und weiter nach Duisburg, Oberhausen und zurück nach Dinslaken fahren.
Betroffen ist also genau der morgendliche Berufsverkehr – und die vielbefahrene B8. „Wir werden sicherlich für Staus und Einschränkungen sorgen, aber nur, wenn wir auf den Hauptverkehrsstraßen unterwegs sind, erreichen wir auch viele Menschen“, erklärt Walbrodt. Die Demonstration ist bei der Polizei angemeldet und genehmigt worden. Vier Stunden soll der Treckerkorso dauern, eine Kundgebung ist nicht geplant.
Bauern in ganz Deutschland protestieren gegen Sparpläne
Bauern und Landwirte aus ganz Deutschland wollen in der kommenden Woche gegen die Sparpläne der Bundesregierung protestieren. Die Politik will unter anderem die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel schrittweise reduzieren, bevor sie 2026 ganz abgeschafft wird. „Diese Kürzung und die zunächst angekündigte Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung landwirtschaftlicher Maschinen hat das Fass zum Überlaufen gebracht“, sagt die Hünxer Landwirtin. Die Streichung der Kfz-Steuerbefreiung ist allerdings vom Tisch – die Politik ruderte zurück, ein erster Teilerfolg für die Bauernschaft.
„Das allein reicht aber nicht. Die Steuerbelastung ist extrem hoch in Deutschland. Unsere Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zur ausländischen Landwirtschaft ist in Gefahr, unsere Existenzen sind bedroht“, betont Carolin Walbrodt. Auch deshalb rufen die hiesigen Landwirte zur Treckerdemo auf, ein friedlicher Protest soll es trotz des ernsten Anliegens aber bleiben, hebt Walbrodt hervor. „Wir blockieren keine Rettungszufahrten und halten uns an die Anweisungen der Polizei. Das erwarten wir auch von allen, die sich mit uns solidarisieren.“