Voerde. Bürger und Aussteller bedauern, dass der Weihnachtsmarkt nicht mehr am Schloss stattfindet. Sie erzählen, was sie am meisten vermissen werden.
Das Bedauern bei Bürgern und in den Reihen der Händler über das Aus des Weihnachtsmarktes am Wasserschloss ist groß. Die ersten Reaktionen auf die traurige Nachricht hatte Stefan Schmitz, Chef des veranstaltenden Vereins, schon am Dienstagabend erhalten, kurz nachdem der Rückzug öffentlich geworden war. Sein Fazit bis zum späten Mittwochmittag auch mit Blick auf die Kommentare in den sozialen Medien: Bedauern, aber zugleich Verständnis für die Entscheidung geben den Ton an – wie auch Dankbarkeit an das ehrenamtliche Team, das Jahr für Jahr viele Stunden seiner Freizeit dafür opferte, um den Budenzauber an der Allee auf die Beine zu stellen.
Das ist im Gros auch das Bild, das sich auf der NRZ-Facebookseite zeigt. Dass der Weihnachtsmarkt künftig nicht mehr vor der illustren Kulisse des Wasserschlosses über die Bühne gehen wird, findet ein Nutzer „sehr schade“: Es sei immer sehr schön an der Allee gewesen. Der Besucher spricht den Organisatoren ein großes Lob dafür aus, sich jahrelang die Mühe gemacht zu haben, „in Voerde etwas mehr Glanz hervorzubringen“. Der beliebte Budenzauber hat auch Gäste über die Stadtgrenzen hinaus angezogen. So etwa Susanne Rehse aus Rheinberg. Sie seien jedes Jahr wegen des „sehr schönen Ambiente“ angereist. Jetzt würden sie sich wohl einen neuen Weihnachtsmarkt suchen, sagt Susanne Rehse, die vermutet, dass es vielen so gehen wird, die von auswärts kamen.
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„Unfassbar traurig und schade“ findet Jasmin Richter das Aus für den Weihnachtsmarkt am Wasserschloss. Die „schönen und besonderen Dinge“ gingen „immer mehr verloren“, würden „nicht gefördert“. Mehrfach kommt in den Kommentaren das besondere Ambiente des Veranstaltungsortes im Schatten von Haus Voerde zur Sprache: „Das war einer von ganz wenigen Weihnachtsmärkten in der näheren Umgebung, der durch seine besondere, fast schon magische Atmosphäre bestach“, meint Sarah Ostermeier.
Harald Küpper sieht dies sehr ähnlich. Der Friedrichsfelder ist seit 40 Jahren mit seinen selbst gefertigten Schwibbögen auf unzähligen Weihnachtsmärkten vertreten, 25 bis 30 Veranstaltungsorte habe er in jener Zeit gesehen. „Voerde war mit Abstand der schönste von der Atmosphäre her“, urteilt Küpper, der in dem Zusammenhang auch auf die beleuchtete Allee und das angestrahlte Wasserschloss hinweist. Aus seiner Sicht war der Budenzauber ein Aushängeschild für die Stadt, der seinem Eindruck nach von Jahr zu Jahr mehr angenommen wurde. „Das war eine feste Institution“, sagt Harald Küpper. Auch hebt er die gelebte Gemeinschaft und den Zusammenhalt unter den Händlern hervor: „Es war wie eine richtige Familie“, obwohl man sich nur einmal im Jahr gesehen habe.
Budenzauber am Haus Voerde: Händler lässt auch Kritik anklingen
Der 74-Jährige lobt die „gute Arbeit“ und die Mühe des Weihnachtsmarktteams und kann angesichts des hohen Aufwands die Entscheidung, die Reißleine zu ziehen, nachvollziehen. Küpper lässt aber auch Kritik anklingen: Seiner Ansicht nach hätte man gut auf die große Bühne und auf externe Künstler verzichten können, um Kosten zu sparen. Die örtlichen Chöre und Vereine hätten dann an wechselnden Plätzen auftreten können. Dass sie das dann allerdings ohne Wetterschutz hätten tun müssen, räumt Küpper als Problem ein.
Stefan Schmitz tritt der Kritik von Küpper an der großen Bühne entgegen: Der Mann der ersten Stunde des Weihnachtsmarkts am Wasserschloss verweist nicht nur auf die den Sponsoren eröffnete Möglichkeit, sich über die dort aufgebaute Leinwand präsentieren zu können. Die Bühne, auf der die offizielle Eröffnung stattfand, sei auch „wichtig für das gesellschaftliche Miteinander“ gewesen. Zu einem Weihnachtsmarkt gehöre, dass dort örtliche Chöre und Tanzgruppen auftreten können. Die Plattformen, die ihnen diese Möglichkeit bieten, seien durch die immer weniger werdenden Veranstaltungen, in Voerde „rar gesät“, gibt Schmitz zu bedenken. Er warnt vor dem Trugschluss, zu glauben, dass die Bühne „das Ganze so teuer“ gemacht habe. Die Problematik liege vielmehr im hohen Arbeitsaufwand zur Herstellung der Infrastruktur mit Strom- und Wasserversorgung, den seit dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz verschärften Sicherheitsanforderungen und massiven Preissteigerungen.
Weihnachtsmarkt Voerde zieht auf den Rathausplatz um
Zu der von einer Besucherin via Facebook geäußerten Kritik, die Veranstaltung im vergangenen Jahr habe für sie wenig mit Weihnachtsmarkt zu tun gehabt, weil dort überwiegend „Fressbuden“ gewesen seien, sagt Schmitz: „Das ist immer ein subjektives Empfinden von Menschen.“ Er macht deutlich, dass es „immer schwieriger wird, Aussteller zu finden“. Und: Wenn die Hütten nicht genügend Umsatz machen, sagen die Betreiber: ,Ich gehe wieder’“, erklärt Schmitz mit Hinweis auch auf das Problem, dass heute viele Waren im Internet kaufen: „Das ist ein allgemeines Phänomen, das sich leider auch durch unsere Innenstädte zieht.“ Sind es auf dem Weihnachtsmarkt in einem Jahr ein oder zwei Aussteller weniger als vorher bei gleich bleibender Zahl der Essensstände, entstehe ein Bild der Ungleichheit.
Aussteller Harald Küpper jedenfalls möchte auch auf dem Rathausplatz, wohin das Event ziehen wird, wieder mit seinen Schwibbögen dabei sein. Auch weitere Händler würden dem neuen Veranstaltungsort eine Chance geben wollen, hat Stefan Schmitz bereits vernommen.