Voerde. Die Deiche am Niederrhein sollen die Menschen vor Hochwasser schützen. Doch Verfahren ziehen sich über Jahre hin. Die Deichgräfe üben Kritik.

Wie professionell ist der Hochwasserschutz am Niederrhein organisiert und wie sicher sind die Deiche? Nachdem die Initiative Hochwasser- und Infrastrukturschutz am Niederrhein Kritik geübt hatte (die NRZ berichtete), nahmen CDU und Grüne in Voerde das zum Anlass, um gemeinsam zu einer Veranstaltung zum Thema einzuladen. Mit dabei auf dem Podium zur Diskussion: die Deichgräfe der lokalen Deichverbände, Charlotte Quik (CDU) und Volkhard Wille (Grüne) als Vertreter der Landespolitik und Mitglieder der Initiative.

Bürokratie ist ein Problem für die Deichverbände

Dabei wurde schnell klar, dass sich auf dem Podium eigentlich alle einig waren, was die Arbeit der Deichverbände angeht: die würden, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, einen guten Job machen, bräuchten dabei aber mehr Unterstützung. „Wir brauchen staatliche Hilfe“, erklärte Rainer Gellings, stellvertretender Deichgräf des Deichverbands Duisburg-Xanten. Zwar könnten die Deichverbände durchaus ihre Arbeit bewältigen, es harke aber an anderer Stelle. „Die Genehmigungswege sind lang“, erklärte Gellings.

Ins selbe Horn stieß auch Ingo Hülser, Deichgräf des Deichverbands Mehrum. „Die Deichsanierung läuft schlecht“, erklärte er. Es sei zum einen schwierig, von der Planung zum Bau zu kommen. Die zweite Schwierigkeit bestünde darin, Geldmittel vom Land zu bekommen. „Die Abstimmungen mit den Behörden machen uns die meisten Probleme“, sagte er. Mit teilweise massiven Auswirkungen auf die geplanten Sanierungsprojekte. So plane man bereits seit 2008 an der Deichsanierung in Götterswickerhamm, 2017 habe man einen Förderantrag gestellt. „Da sind wir heute noch keinen Schritt weiter!“, klagte Hülser.

Neue Stellen sollen Abhilfe schaffen – Frage bei Finanzierung

Landtagsmitglied Volkhard Wille stellte Besserung in Aussicht: Zum einen habe die Landesregierung die finanziellen Mittel für den Hochwasserschutz erhöht. Zum anderen sollen in der Umweltverwaltung, wo in den Jahren zuvor Personal eingespart wurde, 1000 neue Stellen geschaffen werden. Allerdings sieht er die Finanzierung in Zukunft schwierig, da auch der Landeshaushalt mit Schuldenbremse am Ende bei einer Schwarzen Null auskommen muss. „Wenn wir weniger Landesmittel bekommen, dann können wir hier dichtmachen“, kommentierte Ingo Hülser diese Ausführung. Die Sanierung eines Kilometers Rheindeich schlage, wie Rainer Gellings erklärte, zur Zeit mit zehn Millionen Euro zu Buche. Ohne Landesmittel sei das kaum zu stemmen.

Gegen die Idee, die Verantwortung für den Deichschutz komplett aus den Händen der Ehrenamtler zu nehmen, sprachen sich nicht nur die Vertreter der Deichverbände aus. „Die Menschen, die hinter dem Deich leben, sollten auch die Verantwortung für die Deiche tragen“, erklärte Charlotte Quik. „Man muss uns nur machen lassen“, betonte Deichgräf Harry Schulz vom Deichverband Bislich-Landesgrenze. Allerdings mit besserer Organisation der Bürokratie. „Hier muss etwas geschehen – und zwar schnell“, sagte Karl Heinz Kamps von der Initiative Hochwasser- und Infrastrukturschutz.

>>>Hochwasserschutz am Niederrhein

Im Kreis Wesel gibt es auf beiden Seiten des Flusses Rheindeiche mit einer Gesamtlänge von etwa 70 Kilometern. Der Deichverband Bislich-Landesgrenze kümmert sich um fast 50 Kilometer Rheindeiche.

Die Kosten für die Sanierung der Deiche werden zu 80 Prozent vom Land Nordrhein-Westfalen getragen.

Bis 2025 sollten nach dem „Fahrplan Deichsanierung“ ursprünglich alle Deiche saniert sein. Das ist nicht zu schaffen.