Dinslaken. Die Schlange vor Essensausgabe in Einrichtung Düppelpunkt wird immer länger. Not spitzt sich zu. Expertin: „Mitte des Monats kein Geld mehr da.“

Jeder sechste Mensch in Deutschland ist von Armut betroffen – und jedes fünfte Kind. Im Düppelpunkt bemüht man sich, Angebote für Menschen zu schaffen, die finanzielle Probleme haben – aber nicht nur für Personen, die von Armut betroffen sind. „Seit Anfang des Jahres merken wir, dass die Menschen häufiger kommen und nach Dingen fragen, die vorher nicht so gefragt waren“, sagt Daniela Rohde, Leiterin der Kita am Düppelpunkt.

Die Zahl derjenigen, die zur Lebensmittelausgabe an der Einrichtung kommen, sei von 40 auf bis zu 75 Menschen gestiegen. „Die Schlange wird immer länger“, berichtet Rabea Bruns-Albrecht, die sich im Düppelpunkt um die Kurberatung kümmert. Oft fehlen bei gestiegenen Energiekosten und Lebensmittelpreisen seit Beginn des Ukraine-Krieges einfach die finanziellen Mittel. „Bei vielen ist Mitte des Monats schon kein Geld mehr da“, sagt Daniela Rohde.

Familien sind aktuell oft besonders belastet

Dabei treffen Probleme häufig Familien – gerade in der aktuellen Situation. „Die Familien sind allgemein belastet und erschöpft“, sagt Rabea Bruns-Albrecht. Für viele wäre zum Beispiel eine Kur angezeigt. „Die Kliniken sind überfüllt. Teilweise kann erst fürs kommende Jahr ein Platz gefunden werden“, erklärt sie. Wenn dann noch ein Elternteil erkrankt, und sich nicht wie gewohnt kümmern kann, nehmen die Probleme schnell überhand.

Und wenn das Geld fehlt, wir auch manchmal Alltägliches zum Problem: „Alle Kinder können nach der Schule hier ein warmes Mittagessen bekommen“, sagt Daniela Rohde. Zudem gibt es hier eine Hausaufgabenbetreuung und pädagogische Angebote. „Auch da merkt man ganz klar, dass es da steigende Zahlen gibt“, berichtet sie. Es kommen also immer mehr Kinder, um in der Einrichtung zu essen oder sich bei den Hausaufgaben helfen zu lassen.

Auch die Anträge auf Bildungsteilhabe steigen – Hilfen für Hefte für die Schule oder Tornister. „Wenn man kein vernünftiges Material hat, kann man auch nicht vernünftig arbeiten“, sagt Sabine Rauenschwender, die sich im Düppelpunkt um die Sozialberatung kümmert. Oft stünden von Armut betroffene Kinder schon in der Grundschule im Abseits – weil es an der Ausstattung fehlt oder Eltern nicht helfen können. „Das Angebot mit fachlicher Anleitung hier ist da schon ein großer Schritt für die schulische Karriere“, sagt Rauenschwender.

Von Geldmangel bis hin zu komplexen Problemen

Auch in ihrem Bereich hat sie es mit immer mehr Fällen zu tun, in denen Menschen Hilfe suchen. Seit 2011 gibt es die Sozialberatung im Düppelpunkt. „Die Idee war, den Menschen, die über die Kita ans Haus angebunden sind ein niedrigschwelliges Angebot zu machen“, erklärt sie. Mittlerweile kämen allerdings auch viele Menschen, die sonst nichts mit dem Düppelpunkt zu tun haben, die meisten, weil sie Geldsorgen haben. „Oft sind die Probleme aber auch vielschichtiger“, erklärt Sabine Rauenschwender.

Dann geht es manchmal um komplizierte Anträge, mit denen einige nichts anfangen können. Viele wissen aber auch nicht, auf welche Leistungen sie überhaupt ein Anrecht haben. „Das sind dann aber Fragen, die oft existenziell sind“, sagt sie. So bekommt sie zum Beispiel oft die Frage nach bezahlbarem Wohnraum zu hören. „Da sieht man dann, wie groß die Not ist.“

Im Düppelpunkt versucht man, diese zu lindern. Durch Angebote, die von der Sozial- und Kurberatung über die Lebensmittelausgabe bis hin zu Freizeit-Angeboten gehen. „Wir versuchen, alles abzudecken, was wir können oder an die entsprechenden Stellen weiterzuleiten“, sagt Daniela Rohde. Manchmal geht es auch nur darum, alternative Wege aufzuzeigen – etwa, wie man auch ohne viel Geld auszugeben einen schönen Tag mit der Familie verbringen kann. So wird der Düppelpunkt wohl auch in Zukunft ein erster Anlaufpunkt für viele Menschen bleiben.

>>>Zahlen zum Thema Armut

16,5 Prozent der Kinder in Dinslaken sind von Kinderarmut betroffen, leben also in einem Haushalt, der Sozialleistungen bezieht.

Deutschlandweit sind laut Armutsberichts der Paritätischen Wohlfahrtsverbands insgesamt 14,1 Millionen Menschen von Armut betroffen.

26,6 Prozent der Menschen, die von Armut betroffen sind, ist übrigens erwerbstätig. Weitere 23,3 Prozent sind in Rente oder in Pension. Nur 5,5 Prozent der Betroffenen sind Erwerbslose.

Die Kinderarmut in Deutschland liegt aktuell bei 21,3 Prozent. Damit sind rund 2,8 Millionen Kinder von Armut betroffen.