An Rhein und Ruhr. Es bräuchte 20 zusätzliche Kliniken für Mutter- oder Vater-Kind-Kuren. Wer eine Kurablehnung bekommt, hat trotzdem gute Chancen auf Genehmigung.

Die Nachfrage nach Mutter-Kind- und Vater-Kind-Kuren ist so hoch, dass es zum Teil zu Wartezeiten für Betroffene kommt. Nach Schätzungen des Müttergenesungswerks (MGW) in Berlin bräuchte es bundesweit 20 zusätzliche Kurkliniken, um den Bedarf zu decken. Einige Kliniken seien zudem dabei, ihre Kapazitäten durch An- oder Umbauten zu erweitern. Im Jahr 2018 nutzten dem Datenreport des MGW 48.000 Mütter eine Mutter-Kind-Kur, 1600 Väter und 71.000 Kinder. Für 2019 und 2020 erwartet Anne Schilling, Geschäftsführerin des Müttergenesungswerks, ähnliche Zahlen, sagt sie auf NRZ-Anfrage.

Nach den Erfahrungen, die die Kliniken zu den Belastungen und Krankheiten der Mütter und Väter machen, gehe das MGW nicht davon aus, dass der Kurbedarf zurückgehe, meint Schilling. Eine Studie des Bundesfamilienministeriums, allerdings aus dem Jahr 2007, zeige, dass 2,1 Millionen Mütter und 230.000 Väter kurbedürftig seien. Real aber nutzen nur fünf Prozent eine solche Mutter-Kind-Kur. Das Bundesfamilienministerium lege derzeit eine neue Studie auf, die Ergebnisse sollen einer Sprecherin zufolge im Frühjahr/Sommer 2021 vorliegen.

Gute Chancen beim Widerspruch

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Wer eine Kur beantragt und eine Ablehnung von der Krankenkasse erhält, hat der Statistik zufolge gute Chancen, sie trotzdem zu bekommen. Im Jahr 2018 sind elf Prozent der Kuranträge abgelehnt worden, in 68 Prozent der Fälle legten die Betroffenen Widerspruch ein, 70 Prozent davon waren erfolgreich. MGW-Geschäftsführerin Schilling zufolge weise die hohe Zahl von erfolgreichen Widersprüchen darauf hin, dass die Krankenkassen Fehleinschätzungen treffen. Die Techniker Krankenkasse hingegen gibt auf Nachfrage an, dass die Unterlagen bei der Beantragung „nicht aussagekräftig genug“ seien. Dieses werde im Zuge des Widerspruchs dann nachgeholt, erläutert ein Sprecher.

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Auffällig ist, dass Vater-Kind-Kuren häufiger abgelehnt werden als Mutter-Kind-Kuren. Laut Schilling fehle den Krankenkassen möglicherweise das Verständnis. Denn wichtig sei bei einem Kurantrag, dass die Probleme aus der Familiensituation und nicht allein aus der beruflichen Belastung resultieren. Da Väter häufiger in Vollzeit arbeiten als Mütter, spiele aber auch die berufliche Belastung für die Männer eine große Belastung.

Zahl der Vater-Kind-Kuren steigt auch langsam

Insgesamt steige die Zahl der Vater-Kinder-Kuren, wenn auch langsam. Waren es im Jahr 2012 noch 1000 Väter, die eine solche Kur in Anspruch nahmen, nutzten 2018 bereits 1600 Väter das Angebot. In 20 Kliniken seien Väter-Kind-Kuren derzeit möglich; die Kuren finden dann geschlechterspezifisch statt. Das heißt: Auch Frauen sind in der Klinik, aber es gibt getrennte Angebote.

Auf der Nordseeinsel Norderney hingegen gebe es laut Schilling die einzige Klinik, die väterspezifisches Konzept. Zu bestimmten Terminen öffne diese Klinik nur für Väter. Zukünftig wird das Müttergenesungswerk auch pflegende Angehörige verstärkt in den Blick nehmen.