Voerde. Dass ein Wolf ein Wohngebiet durchstreift, versetzt auch Voerdes Bürgermeister Dirk Haarmann in große Sorge. Er nimmt das Land in die Pflicht.

Knapp zwei Wochen nach dem Riss von vier Schafen auf einer Weide an der Rönskenstraße gibt es von offizieller Seite noch keine Antwort dazu, ob – worauf alles hindeutet – ein Wolf die Tiere getötet hat. Die Klärung fällt in die Zuständigkeit des Landesumweltamtes (Lanuv) und befindet sich dort im Status der „Bearbeitung“. Die Attacke hatte sich am frühen Morgen des 13. März ereignet. Ein Wolfsberater des Lanuv war am gleichen Tag vor Ort. Die gefundenen Spuren werden im Senckenberg Forschungsinstitut Gelnhausen – dem „von allen Bundesländern ausgewählten nationalen Referenzlabor für Wolfgenetik“ – analysiert. Die Untersuchungen nähmen ein paar Wochen in Anspruch. Dabei soll auch geklärt werden, „welches Tier es war“, erläutert ein Sprecher des Lanuv.

Dass die mutmaßliche Wolfsattacke im unmittelbaren Siedlungsbereich stattfand, hat in Voerde fast alle Ratsfraktionen alarmiert. Damit sei eine rote Linie überschritten, erklären SPD, CDU, FDP, Die Unabhängigen Voerde und die WGV in einem Brief an Ministerpräsident Wüst. Unterstützung gibt es von Bürgermeister Dirk Haarmann: Sollte sich der Verdacht eines Wolfsrisses bestätigen, wovon er ausgehe, teile er die Position, dass die Sorgen und Ängste der Menschen und die Interessen der Tierhalter ernst genommen werden müssen.

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Durch den aktuellen Vorfall auf einer Weide an der Rönskenstraße wären für den Voerder Bürgermeister offensichtlich „zwei bisher immer vom Land postulierte Fakten“ widerlegt: „Den Vorschriften entsprechende Schutzzäune bieten einen angemessenen Schutz für die Tiere. Der Wolf behält die Scheu vor den Menschen.“ Nach Ansicht Haarmanns zeigt „gerade die Lage des Risses und der Weg dorthin durch ein Wohngebiet“, dass die Wölfe aus dem hiesigen Wolfsgebiet „ihr artgerechtes Verhalten verändern“. Der Voerder Verwaltungschef nimmt das Land in die Pflicht: Dieses stehe in der Verantwortung, „im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu handeln.“

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Die Frage, wie sich die gegensätzlichen Interessen – Schutz des Wolfes auf der einen und Schutz von Menschen und Weidetieren auf der anderen Seite – lösen lasse, könne er abschließend nicht beurteilen. Dies überlasse er der Einschätzung der Experten. Gleichwohl konstatiert Haarmann auch: „Wenn aber die bisher empfohlenen Schutzmaßnahmen nicht helfen, muss auch über eine Umsiedlung/Vergrämung oder auch Entnahme nachgedacht werden.“

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Ihn stimme es nachdenklich, „dass, selbst wenn angemessene Schutzmaßnahmen an den Weideflächen gefunden werden sollten, Tiere aus dem Rudel erst einmal durch das Wohngebiet streifen. Dies als normal und tolerabel hinzunehmen“, falle ihm schwer. Das Land sollte seiner Meinung nach unter Berücksichtigung „der geänderten Verhaltensmuster der Tiere“ entscheiden, erklärt Haarmann.

Die Diskussion über den Wolf nehme er als leider „sehr aufgeheizt“ wahr. Es bringe wenig, „dass sich die beiden Lager in dieser Art gegenseitig Vorwürfe machen“. Alle Fakten und alle Argumente für oder gegen den Wolf lägen auf dem Tisch, sagt Haarmann. Er will nun zunächst die Antwort der Landesregierung auf das Schreiben der fünf Ratsfraktionen abwarten. „Als nächster Schritt wäre eine formelle Resolution des Stadtrates denkbar, auf deren Grundlage die Stadt dann ganz konkrete Maßnahmen vorschlägt und einfordert“, sagt Haarmann.

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Die Kommune selbst habe in der Sache keine eigene Zuständigkeit und könne nicht direkt in das Thema eingreifen. „Bisher haben Rat und Verwaltung stets wirksame Schutzmaßnahmen und die angemessene Unterstützung der Tierhalter eingefordert und werden dies auch weiterhin tun. Eigentlich bedarf es keiner weiteren Appelle oder Initiativen, damit das Land über wirksame Maßnahmen entscheidet“, findet Voerdes Bürgermeister.