Voerde. Nachbarn des Reyna Palace in Voerde sehen den Bau der neuen Lärmschutzwand als Wegbereiter für eine zweite Genehmigung der Veranstaltungshalle.

Der Betrieb des Reyna Palace an der B8 ist, seitdem das Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Düsseldorf von April 2021 mit der Entscheidung der nächsthöheren Instanz vor einer Woche Rechtskraft erlangt hat, untersagt. Der seit einigen Jahren andauernde Disput um den Festsaal ist damit jedoch wohl längst nicht beendet. Darauf deutet einiges hin: Der Inhaber lässt entlang der Bundesstraße eine vier Meter hohe und 138 Meter lange Lärmschutzwand bauen. Warum sollte er dafür Geld investieren, wenn nicht am Ende das Ziel steht, für den Betrieb des Reyna Palace bei der Stadt erneut einen Antrag zu stellen, fragen sich die Nachbarn, die mit ihrer Klage gegen die von der Stadt erteilte Baugenehmigung für den Betrieb des Festsaals obsiegt haben.

Nachbarn blieb nur der Gang vor Gericht

Dass dies das Ansinnen ist, diesen Schluss lässt auch die jüngste Äußerung der Stadt zu dem Urteil des VG zu, das das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster bestätigte, indem es den Antrag des Reyna-Palace-Inhabers auf Zulassung der Berufung ablehnte: „Die Richter hielten die aufgehobene Baugenehmigung für zu unbestimmt“, erklärt die Stadt. Dies sei nicht gleichbedeutend mit der Aussage, dass es an der Stelle keine Veranstaltungshalle geben könne. Mit der neuen Lärmschutzwand habe der Bauherr die Rahmenbedingungen verändert – „was zu einer anderen Bewertung führen kann“, meint die Stadt.

Den Nachbarn blieb im Spätsommer 2018 nichts anderes, als gerichtlich gegen die vier Wochen zuvor erteilte Baugenehmigung für den Betrieb des Reyna Palace vorzugehen. Die Nutzungsformen und -zeiten der Veranstaltungshalle ließen sie vor allem um ihre Nachtruhe fürchten – nach der Inbetriebnahme wurden von ihrer Seite immer wieder Lärm und vor allem tieffrequente Bässe im Wohnhaus beklagt. Das Verwaltungsgericht stufte die Baugenehmigung der Stadt als im Hinblick auf die Nachbarklage „maßgeschneidert“ ein und verwies dabei auf die vielen Auflagen. Das OVG stellte nunmehr klar, dass eine solche Erlaubnis definitionsgemäß die Einhaltung der Vorgaben und damit eine Sicherung der Nachbarrechte nicht gewährleiste, da „die Regelungen in ihrer Komplexität praktisch nicht zu kontrollieren sind“.

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Stellt sich die Frage, wie – bei gleichartiger Nutzung der Halle etwa für große Hochzeitsfeiern oder Partys mit nachts abfahrenden Gästen – durch die neue Lärmschutzwand an der B8 diese Problematik und die der tieffrequenten Bässe in den Wohnräumen gelöst werden könnte. Die Stadt antwortet darauf schmallippig und ausweichend: „Der Weg zu einem Betrieb der Veranstaltungshalle kann nur über ein neues Baugenehmigungsverfahren erfolgen“, sagt Sprecherin Miriam Gruschka.

Vonseiten des Investors seien keine Pläne in Richtung Stadt kommuniziert worden, dass der Festsaal für andere Zwecke als bisher genutzt werden solle. Solche seien nicht bekannt, erklärt Gruschka auf Anfrage der NRZ weiter. Folgt also ein zweiter Bauantrag mit dem Ziel, wie gehabt unter anderem große Hochzeitsfeiern und Partys dort zu veranstalten? Eines ist klar: Die Nachbarschaft kann gegen eine Genehmigung der Stadt nur wieder gerichtlich vorgehen.

Eine zweite Klage im Zusammenhang mit dem Festsaal an der B8 hat sie bereits beim Verwaltungsgericht Düsseldorf eingereicht. Es geht um die noch im Bau befindliche neue Lärmschutzwand, durch die sie jetzt schon, wie sie sagt, eine Verschlechterung der Lärmsituation in Folge reflektierenden Schalls wahrnimmt. Schon mit der alten, halb so hohen und deutlich kürzeren Wand habe sich der Verkehrslärm deutlich verstärkt. Die Nachbarschaft fürchtet, dass mit der Wand der Weg „für eine weitere rechtswidrige Baugenehmigung einer Veranstaltungshalle“ geebnet werden soll.

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Die Stadt lehnte den von ihr beantragten sofortigen Baustopp ab. Die dafür erteilte Baugenehmigung sei „rechtskonform“. Die Nachbarschaft sieht dies anders, sie versuchte, beim Verwaltungsgericht per Eilantrag einen Baustopp zu erwirken, nahm diesen jedoch, wie sie sagt, „aus Kostengründen“ zurück. Im Eilverfahren erfolge nur eine Abwägungsentscheidung. Der Richter sei der Auffassung, dass dem Investor zuzumuten sei, die Wand zurückzubauen, sollte das Verfahren in der Hauptsache zu ihren Gunsten ausgehen. Bis zu der Entscheidung des Gerichtes müssten sie zunächst lange mit den Lärmbelastungen durch den reflektierenden Lärm leben, sagt die klagende Nachbarin.

Sie ist grundsätzlich erst einmal sehr erleichtert über die Entscheidung der drei Richter des OVG. Diese habe „rechtlich betrachtet nicht anders ausfallen können“. Das VG und das OVG hätten sehr deutlich gemacht, dass die Baugenehmigung der Stadt mit ihren vielfachen Änderungen „einer neutralen rechtlichen Prüfung in vielerlei Hinsicht nicht standgehalten“ habe. Die vielen Änderungsgenehmigungen würden als „Reparaturversuche“ gesehen.

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Die Nachbarin fragt sich, wie es möglich ist, „dass einem ,Fachbereich’ direkt so viele Fehler in einer Genehmigung unterlaufen“. Selbst ein Gutachter habe ihr gesagt, „man müsse kein Gutachter sein, um zu erkennen, dass ein solches Vorhaben in dieser Nähe zu Wohnbebauung nicht funktioniert!“ Die Stadt jedoch setze sich über diesen Umstand hinweg.

Die Nachbarin sieht das „Recht mit Füßen getreten“ und ihre Anliegen weitestgehend ignoriert. Kritik übt sie auch an der Politik: „Die, die handlungsfähig wären, schweigen – sie haben das Vorhaben ja nicht vor ihrer eigenen Haustür. Uns nimmt man das Recht zu wohnen, das Recht an unserem Eigentum.“

>>Info: Zum Verfahren

Die Stadt erklärt zum Verfahren: „Wenn ein Bauantrag gestellt wird, muss über diesen entschieden werden. Die untere Bauaufsicht (die Stadt, Anm. d. Red.) hat gestellte Bauanträge zu genehmigen, wenn sie nach der planungsrechtlichen Grundlage (hier: des Bebauungsplanes) und bauordnungsrechtlich zulässig sind. Bezüglich der Genehmigung von Vorhaben, die baurechtlich zulässig sind, komme der Stadt kein Ermessen zu. Drittbetroffene könnten „die Baugenehmigung, soweit sie dies wünschen, einer gerichtlichen Prüfung zuführen“.