Voerde. Nachbarn der Festhalle befürchten Verschlechterung der Lärmsituation wegen reflektierenden Schalls. Aber nicht nur das. Stadt lehnt Baustopp ab.

Nachbarn des „Reyna Palace“ an der B8 haben am Freitag vergeblich versucht, bei der Stadt einen sofortigen Baustopp für die Errichtung einer neuen Lärmschutzwand zu erwirken. Für deren Errichtung hatte der Betreiber der Veranstaltungshalle Ende September dieses Jahres aus dem Rathaus grünes Licht erhalten. Vor einigen Tagen wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Die Anwohner befürchten, dass sich für sie durch die neue, vier Meter hohe und 138 Meter lange Wand entlang der vielbefahrenen Bundesstraße B8 die Lärmsituation aufgrund reflektierenden Schalls noch weiter verschlechtert. Die jetzige sei zwei Meter hoch und „deutlich kürzer“ und schon damit habe sich der Verkehrslärm deutlich verstärkt und werde von ihnen als weitaus störender wahrgenommen als vor dem Bau dieser Mauer, erklären die Anwohner in ihrer am Freitag an Bürgermeister Dirk Haarmann gesendeten Mail. Auch würden mit der Wand die „tieffrequenten Bässe, die sie bei jeder Veranstaltung im „Reyna Palace“ in ihren Wohnräumen wahrnähmen, nicht gestoppt.

Mit ihrer Mail stellen sie den Eilantrag an den Verwaltungschef, die aus ihrer Sicht erneut „rechtswidrige Baugenehmigung“ aufzuheben und bis zu einer Entscheidung darüber einen Baustopp zu verhängen. Es ist das nächste Kapitel eines seit langem dauernden Konfliktes, zu dessen Klärung einige Nachbarn des „Reyna Palace“ vor drei Jahren vor Gericht gezogen waren.

Sie reichten im Spätsommer 2018 Klage gegen die im selben Jahr von der Stadt erteilte Baugenehmigung für den Betrieb der Veranstaltungshalle ein, weil sie dadurch ihre nachbarschützenden Rechte verletzt sahen. Angesichts der Nutzungsarten und -zeiten des Festsaals an der B8 fürchteten sie insbesondere nachts um ihre Ruhe. Der Rechtsweg war für die Anwohner das einzige, was ihnen geblieben war, um gegen die Baugenehmigung vorzugehen.

Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts steht noch aus

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gab ihnen Recht: Mitte April dieses Jahres hob es die von der Stadt erteilte Baugenehmigung auf. Der Betreiber des „Reyna Palace“ stellte wenige Wochen später beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster einen Antrag auf Zulassung der Berufung. Eine Entscheidung dazu steht noch aus. Mit ihr sei voraussichtlich „vor Ablauf dieses Jahres“ zu rechnen, teilte das OVG vor fünf Wochen auf Anfrage mit. Bis dahin hat das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf keine Rechtskraft und die Baugenehmigung von 2018, der im Zuge des Gerichtsverfahrens drei Änderungsgenehmigungen der Stadt folgten, weiter Gültigkeit.

Die Anwohner, die sich am Freitag wegen des Baus der neuen Lärmschutzwand per Eilantrag an die Stadt wandten, befürchten, dass diese Maßnahme nur der „Wegbereiter für eine weitere rechtswidrige Baugenehmigung einer Veranstaltungshalle“ sein könne. Ansonsten würde der Betreiber dafür wohl kaum die erforderlichen finanziellen Mittel in die Hand nehmen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bringe dem Betreiber und der Stadt, „wie es scheint, vor allem Zeit, das ,Neue’ vorzubereiten und bis dahin die dadurch noch gültige Baugenehmigung weiterhin auszunutzen“, erklären die Anwohner in einer Mail an die Fraktionschefs von SPD, CDU, Grünen, FDP, WGV und der Partei und an den Vorsitzenden des Stadtentwicklungsausschusses, an die sie sich Hilfe suchend gewandt haben.

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Darin erinnern sie die Politiker an die aus ihrer Sicht „sehr deutlichen Worte“, die der Düsseldorfer Richter in seinem Urteil für das Vorgehen der Stadt gefunden habe. Darin heißt es unter anderem: „Die Baugenehmigung ist – was im Besonderen die im Verlauf des Verwaltungsstreitverfahrens von der Beklagten (der Stadt Voerde, Anm. d. Red.) wiederholt erlassenen Änderungsgenehmigungen zeigen – im Hinblick auf die Nachbarklage ,maßgeschneidert’. Es spricht alles dafür, dass die Baugenehmigung durch die Nebenbestimmungen im Hinblick auf den Störgrad des Bauvorhabens des Beigeladenen (des Betreibers, Anm. d. Red.) passend gemacht werden sollte.“ Auch weisen die Anwohner die Politiker in der Mail auf von ihnen verfasste Lärmprotokolle und Anzeigen an die Stadt hin, die bisher ohne Ergebnis geblieben seien. Und: „Richtige, erforderliche und unabhängige Messungen wurden bis heute nicht durchgeführt!“ Die Nachbarn bitten die Politiker „dringlichst einzuschreiten!“.

Stadt geht von Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung aus

Die Stadt geht von der Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung aus. Daher sieht sie aktuell keinen Anlass und auch keine Möglichkeit gegeben, „einen sofortigen Baustopp zu verhängen“, sagte Bürgermeister Haarmann auf Anfrage. Sie werde „aufgrund der vielschichtigen inhaltlichen Aussagen“ im Schreiben der Anwohner „erst nach einer gründlichen bauordnungsrechtlichen Beurteilung dazu Stellung nehmen“. Haarmann rechnet zum jetzigen Zeitpunkt damit, dass die Prüfung des Antrags auf Aufhebung der Baugenehmigung eine Woche dauert.

Im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens habe wegen der Auswirkungen durch den Verkehr selbstverständlich eine Beteiligung von Straßen.NRW stattgefunden. „Die positive Stellungnahme war letztlich die Grundlage für die Erteilung der Baugenehmigung“, sagt Haarmann, der aufgrund dessen davon ausgeht, „dass eine mögliche Erhöhung der Lärmwerte verursacht durch den Verkehr nicht zu einer Überschreitung der Grenzwerte für Verkehrslärm“ führe.

„Die Genehmigung der Lärmschutzwand steht unabhängig von der strittigen Frage der tieffrequenten Bässe“, erklärte er weiter.

>>Info: Anwohner wollen Eilantrag an das Verwaltungsgericht Düsseldorf stellen

Weil die Stadt am Freitag keinen Anlass sah, einen Baustopp für die neue Lärmschutzwand zu verhängen, wollen die Anwohner schnellstmöglich einen entsprechenden Eilantrag an das Verwaltungsgericht Düsseldorf stellen und im weiteren auf Aufhebung der aktuellen Baugenehmigung klagen. „Wir stehen erneut vor Auswirkungen einer unseres Erachtens rechtswidrigen Baugenehmigung und enormen Kosten“, konstatieren sie in ihrer Mail an Bürgermeister Haarmann.