Voerde. Der Planfeststellungsbeschluss für den ersten Voerder Betuwe-Abschnitt liegt vor. Nicht nur beim Bahnübergang Schwanenstraße scheitert die Stadt.
Alle Argumente der Stadt haben am Ende nicht verfangen: Die Deutsche Bahn muss für den im Zuge des dreigleisigen Ausbaus der Betuwe-Linie Emmerich-Oberhausen wegfallenden Bahnübergang an der Schwanenstraße in Voerde keinen Ersatzbau schaffen. Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) hat die Forderung der Kommune nach einer Unterführung zurückgewiesen. Die Entscheidung ist Teil des Planfeststellungsbeschlusses für den ersten von zwei auf Voerder Gebiet liegenden Abschnitten, den die Behörde auf ihrer Webseite eba.bund.de veröffentlicht hat. Das EBA weist in punkto Ersatz für den Kfz-Verkehr nach Wegfall des Bahnübergangs „Schwanenstraße“ auf die „etwa 600 Meter entfernte Straßenüberführung“ an der Rahmstraße und die Unterführung an der Steinstraße in zirka 930 Metern Entfernung hin.
Auch interessant
Die Kommune hatte sich gegen die ersatzlose Schließung des Bahnübergangs „Schwanenstraße“ ausgesprochen und dies unter anderem damit begründet, dass dadurch die zukünftige städtebauliche Entwicklung und damit ihre Planungshoheit eingeschränkt sei und die zwei Bereiche des Ortsteils Voerde nur noch an einer Stelle – an der Steinstraße – mit einer vollwertigen Straße verbunden seien. Diese wie auch die weiteren vorgebrachten Punkte pro Erhalt einer Querungsmöglichkeit an der Schwanenstraße vermochten nach Bewertung des EBA nicht zu überzeugen.
Stadt verweist auf Erschwernisse für Einsätze der Feuerwehr
Dazu gehören auch die von der Stadt angesprochenen Erschwernisse für Einsätze der Feuerwehr, wenn die Unterführung an der Steinstraße in Folge eines Unfalls oder einer Überschwemmung nicht passierbar ist und deshalb aufgrund der dann nicht mehr vorhandenen durchgängigen Befahrbarkeit der Schwanenstraße Umwege über den Hammweg oder die Rahmstraße erforderlich würden. Dies wiederum sieht die Stadt mit Blick auf die Zeit zwischen Alarmierung und Eintreffen am Einsatzort kritisch.
Auch interessant
Die aus ihrer Sicht negative Entscheidung des EBA stellt sie nun vor die Frage, ob gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben werden soll. Dabei steckt die Politik in einem Dilemma: Es geht um die Ankündigung des Landes, die kommunalen Finanzierungsanteile für die Beseitigung der Bahnübergänge nur dann zu übernehmen, wenn bei allen auf dem Stadtgebiet vorgesehenen Maßnahmen zum Rückbau der Bahnquerungen Konsens zwischen Stadt und Bahn herrscht. Die Politik in Voerde steht also vor einer schwierigen Frage: Soll in Kauf genommen werden, dass die Stadt im Falle einer Klage die 30 Prozent Kostenanteil bei allen Bahnübergangsbeseitigungen selbst zahlen muss?
Rat beschäftigt sich in einer Sondersitzung mit Planfeststellungsbeschluss
Der Stadtrat wird sich in einer Sondersitzung am 12. März mit dem Planfeststellungsbeschluss des EBA befassen. Wenige Tage zuvor gibt es Bürgermeister Dirk Haarmann zufolge ein Gespräch im Bundesverkehrsministerium, bei dem es um den „Niederrheinischen Appell“ gehen soll, den die Bürgermeister der Anrainer-Kommunen, die Landräte, die Bundes- und Landtagsabgeordneten des Niederrheins und die Bürgerinitiativen im Sommer 2017 überreicht hatten. Darin werden Bundestag und Bundesregierung aufgefordert, die Strecke zeitgemäß, sicher und mit innovativem Lärm- und Erschütterungsschutz auszubauen. Auch wird um konstruktive und individuelle Lösungen für spezielle Ortslagen – genannt ist auch der Bahnübergang Schwanenstraße – gebeten. Noch gebe es keine abschließende Aussage dazu, wie mit dem Appell umgegangen werden soll, sagt Haarmann.
Auch interessant
Neben dem Erhalt einer Querungsmöglichkeit an der Schwanenstraße ist für die Stadt unter anderem die Gestaltung des Bahnhofs in Voerde im Hinblick auf die Lärmschutzwand ein zentraler Punkt bei den Planungen zum dreigleisigen Ausbau der Betuwe-Linie. Der Stadt geht es darum, dass durch den Einbau transparenter Elemente eine Sichtbeziehung zwischen den Bahnsteigen ermöglicht wird.
Auch in punkto Bahnhof ruhten Hoffnungen der Stadt auf Entscheidung des EBA
Auch eine Einsehbarkeit des Haltepunkts von außen hält sie für erforderlich. Sowohl die Stadt als auch die Bürgerinitiative „Betuwe – so nicht!“ hatten immer wieder die fehlende soziale Kontrolle in Folge nicht durchsichtiger Lärmschutzwände kritisch angeführt. Im Voerder Rathaus wurden Alternativvorschläge erarbeitet. Die Hoffnung der Stadt ruhte am Ende schließlich auf der Entscheidung des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA).
Die Behörde jedoch folgte der Argumentation der Deutschen Bahn, die sie für nachvollziehbar und überzeugend hält, wie es im Planfeststellungsbeschluss heißt. Gegen die Einfassung des Voerder Bahnhofs durch vier Meter hohe Schallschutzwände hatte es etliche Einwendungen mit dem Hinweis auf die drohende Entstehung eines Angstraums gegeben, konstatiert das EBA. Zwar habe die Bahn den städtebaulichen Aspekt der beschränkten Einsehbarkeit von außen eingeräumt, dies aber als hinzunehmen erklärt. Die Begründung: Auch im Bahnhofsbereich sei nur durch undurchlässige Wände „ein ausreichender Schallschutz“ zu gewährleisten.
Stadtverwaltung erarbeitete Alternativvorschläge
Als sie vor einigen Jahren im Planungs- und Umweltausschuss ihre Alternativvorschläge zur Gestaltung der Lärmschutzwände entlang der Strecke und im Bereich des Bahnhofs vorstellte, machte die Stadtverwaltung deutlich, dass transparenter Lärmschutz die gleiche Schallschutzwirkung haben müsse wie der konventionelle. Dafür wiederum sei es erforderlich, dass die Wand an der entsprechenden Stelle höher gebaut wird als bei einer herkömmlichen Ausführung. Das EBA folgt der Begründung der Deutschen Bahn, wonach transparente Wände nicht die Schallschutzanforderungen erfüllen würden, weil sie nicht in ausreichendem Maße schallabsorbierend seien.
Auch interessant
Momentan befindet sich die Stadt noch in der Meinungsfindung, wie sie die Entscheidung des EBA auch zu diesem Punkt einstuft. Von dem mehr als 500 Seiten starken Planfeststellungsbeschluss sei noch nicht alles ausgewertet, sagte Bürgermeister Dirk Haarmann auf Nachfrage der NRZ. So müssten etwa auch Details zum Sicherheitskonzept im Einzelnen abgeglichen werden. Die Stadt will mit der Bahn nicht nur in punkto Lärmschutzwände ein Gespräch führen. Deren konkrete Ausgestaltung, heißt es im Beschluss des EBA, sei „nicht Gegenstand der Planfeststellung“. Als Vermeidungsmaßnahme werde deshalb im landschaftsplanerischen Begleitplan auf „eine ortsbildangepasste Gestaltung und Begrünung der Schallschutzwände“ hingewiesen.
Bahn argumentiert mit hohem Flächenverbrauch gegen Lärmschutzwälle
Auch mit ihrer Forderung, anstelle von Lärmschutzwänden an dafür geeigneten Abschnitten Lärmschutzwälle vorzusehen, weil sich Letztere wesentlich besser in das Orts- und Landschaftsbild einfügen würden, ist die Stadt gescheitert: Die Bahn führt mehrere Punkte ins Feld, die ihrer Absicht nach dagegen sprechen: Bei einem Lärmschutzwall falle der Flächenverbrauch höher aus. Um die gleiche Abschirmwirkung zu erzielen, müsse dieser in der Regel um etwa 1,50 Meter höher errichtet werden als die entsprechende Lärmschutzwand. Das EBA bewertet diese Argumente als nachvollziehbar und weist die Forderung der Stadt daher zurück.
>>Info: Im Internet veröffentlicht
Der Planfeststellungsbeschluss ohne Anlagen, in dem das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) auch anonymisiert auf private Einwendungen eingeht und dazu die Entscheidungen erläutert, ist auf dessen Webseite eba.bund.de unter „Themen“ (Planfeststellung/Entscheidungen) veröffentlicht.
Der Abschnitt 1.4, zu dem das EBA mit Datum vom 25. November 2019 den Planfeststellungsbeschluss erlassen hat, ist etwa 4,7 Kilometer lang und beginnt im Süden an der Stadtgrenze zu Dinslaken und endet kurz hinter dem heutigen Bahnübergang „Grenzstraße“. Dieser wird nach dem Wegfall im Zuge des Betuwe-Ausbaus durch eine Unterführung für Fußgänger und Radfahrer ersetzt.