Wesel. Dominik Seemann wird mit seinen 32 Jahren nach Joel Kaworsky der zweite Trainer-Youngster in Folge beim A-Ligisten Büdericher SV.
Früher lief viel über Mundpropaganda, Trainer wurden oft empfohlen. Diese Vorgehensweise ist zwar noch nicht komplett von der Bildfläche verschwunden, doch sie wird immer mehr von anderen Informationsquellen abgelöst. Bestes Beispiel: Dominik Seemann. „Ich habe meinen Verein im Internet kennengelernt“, erzählt der 32-Jährige, der den im Sommer zum TSV Meerbusch wechselnden Joel Kaworsky als Coach des Fußball-A-Ligisten Büdericher SV ablöst. Dabei wundert sich der neue Übungsleiter schon ein wenig, dass auf einer Online-Trainerbörse „ein Verein zu dieser späten Zeit noch einen Trainer sucht“. Der kurzfristige Wechselwunsch Kaworskys machte es möglich.
Danach ging es von der ersten Kontaktaufnahme bis zu einem Treffen und der Einigung sehr schnell. Dominik Seemann hatte schon mal gefallen, dass es sich bei dem Posten um einen bei einer ersten Mannschaft handelt. Zudem bei einem A-Liga-Aufsteiger, der kurz vor dem Saisonende als Tabellensechster auch noch eine gute Rolle in der neuen Klasse spielt. Die erste Gesprächsrunde, gleichzeitig auch die finale, fand mit dem 2. Vorsitzenden Axel Angenendt und dem für die Fußball-Senioren zuständigen Vorstandsmitglied Rocco Steinert statt. Nach gut drei Stunden war alles klar. „Wir haben sehr schnell gemerkt, dass wir auf einer Wellenlänge liegen“, so Seemann. „Dass dies jetzt alles so schnell ging, dies war eine glückliche Fügung.“
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Auf den 29-jährigen Kaworsky folgt nun also der zweite Youngster auf der Büdericher Trainerbank. Diesmal allerdings einer, für den der Fußballkreis Moers ein wenig Neuland bedeutet. „Mittlerweile kenne ich einige Vereine, aber die Moerser A-Liga ist schon noch relativ unbekanntes Terrain“, räumt der Inhaber der B-Lizenz ein, dessen Lebensmittelpunkt mittlerweile in Kamp-Lintfort ist. Zwei Tage, nachdem die Verpflichtung unter Dach und Fach war, stellte er sich bereits der Mannschaft vor. Am Mittwoch folgt ein Treffen mit dem Mannschaftsrat. Hier will er erkunden, mit welchem taktischen System sich das Team „am wohlsten fühlt“.
Viel Ballbesitz und Kontrolle über das Geschehen
Für Dominik Seemann gibt es nicht die allein glücklich machende Taktik. „Da bin ich überhaupt nicht festgefahren“, sagt der Coach. Er weiß, dass der Neuling häufig auf die Dreierkette gesetzt hat. Viel Ballbesitz und viel Kontrolle über das Spielgeschehen bilden seine Idealvorstellungen. Verein und Trainer haben sich übrigens erst einmal auf eine Zusammenarbeit von einem Jahr geeinigt, Verlängerung möglich und auch erwünscht. „Ich bin eher der bodenständige Typ, der überhaupt nicht den Plan hat, jedes Jahr woanders aufzuschlagen“, sagt Seemann.
Den Trainerjob als „Passion“ bezeichnet
Trotz seines verletzungsbedingt frühen Karriereendes (siehe Box) will Dominik Seemann seinen Spielerpass für den Büdericher SV beantragen, allerdings nur für den personellen Notfall. „Denn meine Passion ist der Trainerjob“, verdeutlicht der 32-Jährige, der derzeit noch in der Logistik tätig ist und wohl Anfang August eine neue Arbeitsstelle ohne Schichtdienst antritt. Bei seiner Tätigkeit für den A-Ligisten aus dem Kreis Moers verfolgt er eine recht simple Philosophie. „Für die Spieler ist es das Hobby, gegen den Ball zu treten, für mich der Trainerjob. Wenn dabei alle Spaß haben, dann sind wir auf einem guten Weg.“
Zur Person
Mit 32 Jahren befindet sich Dominik Seemann eigentlich im besten Fußballer-Alter. Doch der Mittelfeldakteur, der während seiner aktiven Zeit ausschließlich für TuS Gahlen auflief, beendete frühzeitig seine Laufbahn. „Mit 23, 24 Jahren waren im linken Sprunggelenk mehrfach die Bänder durch, das ist halt meine Baustelle“, erzählt der neue Büdericher Trainer. Dabei hatte er sich schon mit Anfang 20 mit der Perspektive des Coaches vertraut gemacht. Zusammen mit Vater Peter Seemann betreute er die Gahlener B-Junioren, wechselte mit ihm auch zur A-Jugend. Rund dreieinhalb Jahre war das Duo im Nachwuchsbereich unterwegs, ehe es bei der abstiegsgefährdeten ersten Mannschaft in der Saison 2018/19 als „Feuerwehr“ einstieg. „Wir haben den Klassenerhalt aber nicht geschafft“, so Dominik Seemann. Danach wurde er Co-Trainer von Thomas Grefen beim TuS, bis zum Sommer 2021. Vor rund drei Jahren kam auf Seemann beruflich Schichtdienst hinzu, bis auf ein halbes Jahr beim TSV Marl-Hüls (U 17) pausierte er – bis jetzt.
Spaß am Fußball will Dominik Seemann nicht nur seiner neuen Truppe in Büderich vermitteln. Vielmehr sollen diesen auch Acht- bis Zwölfjährige erfahren - auch wenn die von ihm mit gegründete Fußballschule den eher nach Schweiß treibender Arbeit klingenden Namen „Dein Talentschleifer“ trägt. Im Winter 2021, also während der Hochzeit der Coronavirus-Pandemie, gründete er mit seinem Freund Leon Pick, derzeit Trainer bei der Reserve des SV Schermbeck, dieses Unternehmen. „Mein Baby neben dem Hauptberuf“, nennt Dominik Seemann diesen Job.
Das Individualtraining als Nische
Da es damals wegen Corona sowieso nicht anders ging, „haben wir uns auf Individualtraining fokussiert, zu dem Zeitpunkt im Amateurfußball sowieso eine Nische“, erzählt Seemann. Etwa 20 bis 25 Honorartrainer kümmern sich um die anfallenden Aufgaben, zu der mittlerweile auch Feriencamps gehören. Hier setzt Dominik Seemann auch auf Mundpropaganda, aber natürlich ebenfalls aufs Internet.