Mülheim. In Mülheim gibt es deutlich mehr Fußball-Schiedsrichter als vor zwei Jahren. Warum die Zahl nicht über bestehende Probleme hinwegtäuschen kann.
Es war fast eine Brandrede, die Wolfgang Mülheim, Obmann der Mülheimer Fußball-Schiedsrichter, bei der Mitgliederversammlung des Verbandes Mülheimer Fußballvereine im vergangenen Jahr hinlegte. Sein Appell scheint zumindest zum Teil angekommen zu sein. Doch es ist noch lange nicht alles gut. Im Gegenteil.
Die Bemühungen der Schiedsrichtervereinigung, in die Vereine zu gehen, um neue Schiedsrichter zu finden, sind zumindest nicht vollkommen erfolglos geblieben. „Wir haben die Zahl der Mülheimer Schiedsrichter von 60 vor zwei Jahren auf über 100 gesteigert“, sagte Müller jetzt bei der jüngsten Mitgliederversammlung des Verbandes.
Mülheimer Schiri-Chef: „Einfacher wird man nicht Schiedsrichter“
Doch die Zahl täuscht. Denn einige dieser hundert pfeifen nicht viele Spiele, manche sind in diese Saison sogar noch ohne Einsatz geblieben. „Die werden am Jahresende wieder von der Liste entfernt, denn Karteileichen brauchen wir nicht führen“, stellte Müller klar.
Der Lehrgang für neue Schiedsrichter findet mittlerweile dreimal im Jahr in hybrider Form statt. „Das geht von zu Hause aus, man muss einen Regeltest vor Ort bestehen und drei Runden in neun Minuten laufen – einfacher wird man nicht Schiedsrichter“, findet der Obmann.
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Warum der ein oder andere potenzielle Schiedsrichter vielleicht doch vom Pfeifen absieht? Wahrscheinlich wegen Vorkommnissen wie diesen: Ein D2-Spiel im August in Mülheim. Ein 14-Jähriger fungiert als Spielleiter und wird vom Trainer anschließend mit den Worten beschimpft: „Warte mal ab, ich kenne die richtigen Leute, du wirst nie wieder ein Spiel pfeifen.“ Später bezichtigte der Trainer in einer Stellungnahme den 14-Jährigen (!) der bewussten Manipulation.
Schiedsrichter-Chef: „Da bin ich unfassbar sauer drüber“
Immerhin: Der betreffende Trainer erhielt ein sechsmonatiges Innenraumverbot, zu Heimspielen der Mannschaft schickt der Kreis aktuell keine Schiedsrichter mehr. Traurigerweise allerdings hat der Coach mit seiner Drohung Recht behalten: Der junge Unparteiische hat bis heute kein Spiel mehr gepfiffen. „Wenn dieser Schiedsrichter, der vorher gute Leistungen gezeigt hat, aufhört zu pfeifen, muss eigentlich auch dieser Trainer aufhören, Kinder zu trainieren, da bin ich unfassbar sauer drüber“, schimpfte Müller.
Am vergangenen Sonntag besuchte der Obmann ein Mülheimer Derby in der B-Jugend und kam wenige Minuten nach dem Anpfiff auf die Anlage. „Was hast du uns denn da wieder für einen geschickt“, waren die ersten Worte eines ehemaligen Jugendvorstands. „Das waren wirklich die ersten Worte. ,Guten Morgen‘ fiel nicht. Das sind so Dinge, die mich einfach sowas von sauer machen“, schüttelte Müller mit dem Kopf.
Appell an die Vereine: Integriert eure Schiedsrichter
Bittere Anekdoten könnte er wohl viele erzählen – zum Beispiel die einer Mannschaft, die bei einer 12:0-Führung eine Massenschlägerei anzettelte. „Das Spiel muss eigentlich gegen beide Mannschaften gewertet werden, denn so dämlich kann man eigentlich gar nicht sein“, findet der Obmann. Auch ein eigener Schiedsrichter sei bereits für viereinhalb Monaten gesperrt worden, weil er sich als Spieler danebenbenommen hat.
Wolfgang Müller wirbt in Anbetracht solcher Vorkommnisse einmal mehr um deutlich mehr Respekt für die Unparteiischen. Zum Beispiel durch die Vereine, denen sie angehören. „Integriert die Schiedsrichter in euer Vereinsleben, ladet sie zum Beispiel zu Weihnachtsfeiern ein“, rief Müller den Vereinsvertretern zu. Damit die Referees die Wertschätzung erfahren, die ihnen auf dem Platz so selten zu Teil wird.