Lenzerheide. Zehn Jahre nach ihrem Massenstart-Silber wird Franziska Preuß im Sprintrennen bei der Biathlon-WM in Lenzerheide erneut Zweite.

Es schien, als würden die Flocken unterhalb des „Lenzerhorns“ vor lauter Freude tanzen. Und auch Franziska Preuß konnte am Ende eines kräftezehrenden Sprintrennens schon wieder lächeln. Zwar schnappte ihr die Französin Justine Braisaz-Bouchet dank einer fulminanten Schlussrunde noch das WM-Gold über die 7,5 Kilometer weg. Doch mit der Silbermedaille um den Hals wirkte die Bayerin nicht weniger glücklich. Zehn Jahre nach dem Massenstart-Silber von Kontiolahti (Finnland) freute sie sich „wirklich mega“ über ihre zweite WM-Einzelmedaille: „Gut Ding will Weile haben.“ Auf Platz drei landete überraschend die Finnin Suvi Minkkinen.

Flockenwirbel und Minusgrade in den Schweizer Bergen

In der Nacht zum Freitag war in den Schweizer Bergen das Wetter umgeschlagen. Nach fast frühlingshaften Temperaturen in den vorangegangenen Tagen hatten kräftiger Schneefall und Minusgrade die Loipen-Verhältnisse tüchtig durcheinandergewürfelt. Winterliche Bedingungen, die Preuß mehr mag als tiefes Geläuf. Entsprechend angriffslustig war sie den Wettkampf angegangen. „Mein Ziel war eine Einzelmedaille. Hätte ich sie nicht gewonnen, wäre es schon eine Enttäuschung gewesen“, sagte sie später.

Das Selbstvertrauen kam nicht von ungefähr. In diesem Winter präsentierte sich die 30-Jährige so konstant wie nie, stand in 14 Weltcup-Wettbewerben zehnmal auf dem Podest und führt die Gesamtwertung souverän an. Vor 5900 Zuschauern stürmte Preuß los, als gäbe es kein morgen. Dem hohen Tempo und der Laufbestzeit auf der ersten Runde musste sie allerdings im Rennverlauf Tribut zollen. „Mein Motto war ‚friss oder stirb‘. Ich wusste, dass es nur mit einem gewissen Risiko funktionieren kann“, verriet sie. „Vielleicht war es stehend dann einen Tick zu schnell.“

Justine Braisaz-Bouchet aus Frankreich bejubelt ihren Sieg.
Justine Braisaz-Bouchet aus Frankreich bejubelt ihren Sieg. © AFP | Franck Fife

Der eine Fehler, der ihr beim Stehendschießen unterlief, war letztlich der eine zu viel, um den ganz großen Coup zu landen. „Das ärgert mich schon, auch wenn er nur knapp links vorbei war“, gestand die deutsche Vorzeigeathletin. Braisaz-Bouchet, die ebenfalls einmal patzte, hatte in der zweiten Rennhälfte mehr zuzusetzen. Kurios: Sie blieb damit in der „Roland Arena“ ungeschlagen. Nach ihren drei Siegen beim Weltcup im Dezember 2023 gewann die 28-Jährige auch ihr viertes Rennen in Lenzerheide. Sie distanzierte in 22:08,7 Minuten Preuß letztlich um 9,8 Sekunden. Die Deutsche hatte wiederum nur einen Wimpernschlag von 0,2 Sekunden vor der fehlerfreien Finnin die Ziellinie überquert.

Ein bitteres Ende nahm dieser spannende Nachmittag indes für Lena Häcki-Gross. Die makellos schießende Schweizerin verpasste als Vierte die historische erste WM-Medaille für ihr Land um lediglich 1,4 Sekunden.

Trainer Röiseland ist stolz auf Franziska Preuß

„Wir sind wirklich glücklich“, resümierte Trainer Sverre Olsbu Röiseland mit Freudentränen in den Augen. „Ich weiß, was Franzi gesundheitlich durchgemacht hat in den letzten Jahren. Wir sind sehr stolz auf sie.“ Auch Preuß vergaß im Moment des Erfolges die vielen Rückschläge nicht. „Ich bin wegen des Biathlons durch viele harte Tage gegangen. Dass es jetzt so aufgeht, ist nicht selbstverständlich“, sagte sie und ergänzte sichtlich angefasst: „Wenn es einer zu schätzen weiß, dann ich; weil ich einfach auch die Kehrseite kenne, wie kaum eine andere. Es bedeutet mir echt viel, dass es heute geklappt hat.“

Auch interessant

Zumal der Druck, der als Mitfavoritin auf ihr gelastet hatte, durchaus belastend war. „Ich habe schon gemerkt, dass ich einen Rucksack dabei hatte. Der ist nun etwas leichter geworden“, erklärte Preuß. Für die deutsche Mannschaft war ihre Silbermedaille nach Bronze in der Mixed-Staffel die zweite Plakette im zweiten WM-Rennen von Lenzerheide – ein toller Auftakt.

Die weiteren deutschen Starterinnen landeten nicht unter den ersten Zehn. Sophia Schneider (ein Schießfehler/55,7 Sekunden zurück) kam als Elfte allerdings sehr nah heran. WM-Debütantin Julia Tannheimer belegte ebenfalls mit einer Strafrunde Rang 17 (59,1 Sekunden zurück). Selina Grotian kam nach drei Schießfehlern nicht über Platz 24 hinaus. Sie muss im 10-km-Verfolgungsrennen am Sonntag (12.05 Uhr/ZDF und Eurosport live) 1:19,5 Minuten auf Braisaz-Bouchet aufholen.

Männer ermitteln am Samstag ihre Sprint-Weltmeister

Für die Männer wird es am Samstag ernst. Im 10-km-Sprintrennen fällt ab 15.05 Uhr (ZDF und Eurosport live) deren erste Einzelentscheidung. Die Mixed-Staffel-Medaillengewinner Justus Strelow und Philipp Nawrath gehören ebenso zum vierköpfigen deutschen Aufgebot wie Philipp Horn und WM-Debütant Danilo Riethmüller. Nawrath werden die größten Podest-Chancen eingeräumt. Er war 2023 beim Weltcup-Sprint in Lenzerheide Dritter geworden.

Mehr Nachrichten zur Biathlon-WM: