Goch. Ein Kino wie früher: Fast hundert Jahre lang wurde das Goli bespielt und dann geschlossen. Doch die Gocher sorgten für ein Happy End.
Plötzlich wird die Leinwand schwarz und das Licht geht noch einmal an. Dann stehen Kirsten Pauls und Ingo Rossi in den hölzernen Sitzreihen mitten im Kinosaal in des Goli Theaters Goch und verkaufen Eis-Konfekt aus ihrem Bauchladen heraus. Doch, doch, liebe Filmfreunde, so etwas gibt es auch heute noch, zumindest im Goli Theater in Goch, dem letzten Lichtspielhaus alter Art am linken Niederrhein.
Die Geschichte dieses Hauses ist selbst ein filmreifer Stoff, der Titel könnte lauten: „Das Wunder von Goch.“ Das mag anrührend, gar kitschig klingen, doch man muss wissen: Die Gocher Lichtspiele, kurz: Goli, waren für die Menschen hier immer eine Herzensangelegenheit.
Kultkino erhalten und bespielen
„Ich wollte einfach dieses Gebäude für die Stadt erhalten und diesen Ort für die Menschen bewahren“, erklärt Joachim Lück. Er ist Sprecher von rund 100 Mitgliedern, die sich im Verein Goli zusammengeschlossen haben – um dieses Kultkino zu erhalten und zu bespielen. Mit Erfolg.
Rückblende: Im Jahr 2009 war das Theater um das Theater besonders groß. Der Vorhang war zu, und alle Fragen waren offen. Damals sah es so aus, als ob das Kinolicht in dem Haus an der Brückenstraße 39 endgültig ausbleiben würde.
Über Nacht war das Goli einfach leer
An einem Abend im Dezember jenes Jahres verirrten sich gerade einmal fünf Besucher in das Kino. Zu wenig, befand der damalige Betreiber Peter Pickl mit Blick auf die Betriebskosten – und bat die Gäste wieder hinaus. 13 Monate später verließ er „fluchtartig“, wie man sich erzählt, den Spielort – und über Nacht stand das Goli Theater leer und ohne Betreiber da. Ende, The End, Fin?
Dies war die Stunde einer engagierten Bürgerschaft, der das Schicksal dieses Kinos nicht egal war. Am 7. Dezember 2011 wurde der Trägerverein gegründet. Seitdem ist das Goli Theater wieder fester Bestandteil des kulturellen Lebens in der Stadt. Nicht nur als Kino, auch als Bühne für Lesungen, Kabarett und Schauspiel sowie als Veranstaltungsstätte für Info- oder Vortragsabende.
Ein Nischenplatz für das Goli Theater in Goch
„Wir können mit dem Goli nicht das große Geld verdienen“, weiß Joachim Lück. Aber es reicht, auch dank einiger Sponsoren, um in der niederrheinischen Lichtspielhaus-Landschaft einen Nischenplatz zu behaupten. Alles andere wäre jammerschade gewesen, schließlich ist die Kino-Geschichte in Goch ein altes Kapitel, das anno 1911 von Otto Skötsch begonnen wurde.
Er war damals von einer Amerika-Reise nach Hause zurückgekehrt und hatte von dort die Idee mitgebracht, Filme öffentlich vorzuführen. Zunächst ließ er die schwarz-weißen Bilder in umliegenden Gaststätten laufen. Zum Beispiel im Willemsen’schen Saal an der Mühlenstraße. Auf dem Programm stand etwa „O diese Schwiegermutter“. Der urkomische Trickfilm war auf dem dritten Platz für 30, auf dem zweiten Platz für 40 und auf dem ersten Platz für 50 Pfennig zu sehen, Kinder zahlten die Hälfte.
Ein Kinooriginal aus den 50ern
Schließlich wurde an der hiesigen Hindenburg- und heutigen Brückenstraße ein Kino gebaut und im Februar 1913 eröffnet – unter dem Namen: Gocher Lichtspiele. Täglich fanden zwei Vorstellungen statt, samstags und sonntags sogar drei.
Als einer der ersten Kino-Betreiber in Deutschland stellte Otto Skötsch seinen Betrieb im Oktober 1930 von Stumm- auf Tonfilm um. Nachdem die Stadt in der Nacht vom 7. auf den 8. Februar 1945 durch westalliierte Flugzeuge bombardiert wurde, war auch das Lichtspielhaus völlig zerstört.
Einrichtung im Originalzustand
Aus den Trümmern seines Vorgängers wurde das Goli Theater wiederaufgebaut und am 15. Januar 1954 wiedereröffnet. Es lief „Tagebuch einer Verliebten“ mit Maria Schell und O. W. Fischer, die Eintrittspreise lagen zwischen 90 Pfennig und 1,80 D-Mark. In der Lokalzeitung war von einer „einfachen aber geschmackvollen Ausstattung des Theatergebäudes“ zu lesen, von einem „prachtvollen Paradevorhang“ und einer „bequemem Polsterbestuhlung“.
Ob die gepolsterten Sperrsitze dem heutigen Wohlfühlambiente entsprechen, davon können sich Besucher noch immer überzeugen, die Inneneinrichtung ist weitgehend im Originalzustand erhalten geblieben. Die Zeitreise in die 50er Jahre beginnt bereits am Kassenhäuschen hinter Glas, mit der Eintrittskarte in der Hand geht es vorbei an Nierentischen und Schaufenstern mit Filmrollen und Spielszenen. Im Foyer hat der Künstler Martin Lersch alte Leinwandhelden wie Marlon Brando und Marlene Dietrich verewigt.
Das Goli soll anspruchsvoll bleiben
„Wir punkten mit unserem Ambiente“, so Joachim Lück mit Blick auf die moderne Kino-Konkurrenz. Die Blechrollen und Zelluloidstreifen im Vorführraum unterm Dach täuschen, auch im Goli werden die Filme seit zwei Jahren digital ausgestrahlt.
Und trotz der modernen Technik gilt das Versprechen von Uwe Taggruber, dem Vereinsvorsitzenden, der bei der Umstellung sagte: „Wir ändern nicht unser Programm. Wir wollen anspruchsvoll bleiben.“
>>> Hier geht es zum Kinoprogramm im Goli Theater
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