Goch. . Vor fünf Jahren hat eine Hand voll Gocher das Goli-Theater zu neuem Leben erweckt. Und die Geschichte ist noch lange nicht zu Ende.
Fragt man ältere Gocher nach einer prägenden Jugenderinnerung, darf eines sicherlich nicht fehlen: Der erste Kinobesuch im Goli-Theater – sei es der Karl-May-Klassiker „Winnetou“ oder der Straßenfeger „Frühstück bei Tiffany“ in den 60er Jahren. Auch heute noch atmet das Goli (kurz für „Gocher Lichtspiele“) den Geist glanzvoller Kinozeiten. Zu verdanken ist dies einer Gruppe engagierter Bürger, die sich 2011 zu dem Verein Goli e. V. zusammenschlossen, um dem alt-ehrwürdigen Filmtheater neues Leben einzuhauchen. Ab 1995 lag das Kino bis zu diesem Zeitpunkt größtenteils im Dornröschenschlaf.
Kino ist nicht wirtschaftlich zu betreiben
Abgesehen von einem kurzen Intermezzo des zwischenzeitlichen Betreibers Peters Pickl: Zu besten Konditionen und mit viel ehrenamtlichem Engagement grundrenoviert hatte der Unternehmer das Goli Ende 2009 übernommen, musste etwa die ersten zwei Jahre keine Pacht zahlen. Genützt hat dies alles nichts. „Er hat mit großem Enthusiasmus angefangen und war dann eines Tages wie vom Erdboden verschluckt“, erinnert sich Vereinsmitglied Joachim Lück an die Causa Pickl. Heute findet er trotz allem versöhnliche Worte für den umstrittenen Geschäftsmann: „Dieses Kino ist einfach nicht wirtschaftlich zu betreiben. Das Projekt war von vornherein zum Scheitern verurteilt.“ Wie Pickl mit dem Misserfolg umgegangen ist, sei eine andere Sache. Als der Unternehmer wohl in einer Nacht-und-Nebel-Aktion plötzlich unbekannt verzogen war, gingen im Goli 2011 wieder die Lichter aus.
Über Generationen im Besitz der Familie Skötsch
Zuvor hatte sich das Kino über Generationen im Besitz der Familie Skötsch befunden. Otto Skötsch war 1911 von einer Amerikareise nach Goch zurückgekehrt und hatte von dort die Idee mitgebracht, zunächst Filme in Gocher Gaststätten vorzuführen. 1913 schließlich wurden die „Gocher Lichtspiele“, der Vorläufer des heutigen Goli, an der Brückenstraße erbaut. Bis Mitte der 90er Jahre war das atmosphärische Lichtspielhaus eine Institution in der Kulturlandschaft am Niederrhein. „Gerade nach dem Krieg sehnten sich die Menschen nach Zerstreuung. Und so viele Unterhaltungsmöglichkeiten gab es damals ja nicht“, berichtet Lück. „Die 90er waren dann eben die Zeit der großen Multiplexe. Da hatte das Goli kaum eine Chance, sich auf dem Markt zu behaupten.“
Die Geburt des Goli-Vereins
Die Gründe für das Aus im Jahr 1995 waren vielfältig. Zum einen verpflichten Filmverleiher die Betreiber beim Einkauf eines Titels, diesen über einen längeren Zeitraum zu spielen, zum anderen konnte das Goli mit seinem einzigen Vorführsaal mit dem breiten Angebot der Kinoketten nicht mithalten. Außerdem war der Videofilm auf dem Vormarsch und setzte den Kinos in Deutschland schwer zu. Als 2011 der Kinobetrieb nach dem Scheitern von Pickls Wiederbelebungsversuch erneut eingestellt wurde, hätten wohl auch glühende Cineasten das Goli getrost für tot erklären können. Stattdessen nahmen sie die Sache nun selbst in Hand. Der Goli-Verein war geboren.
Von den heute fast 90 Mitgliedern, die das Kino unterstützen, arbeiten 20 aktiv im Betrieb mit. „Es ist sicherlich kein einträgliches Geschäft, aber wir machen ein kleines Plus“, sagt Lück mit trotzigem Selbstbewusstsein. Eine wirtschaftliche Säule im Geschäftskonzept sind etwa Großveranstaltungen oder Kino-Vorführungen mit Event-Charakter. Da kommen die Herren mit Frack und Zylinder, wenn Hans Pfeiffer („Pfeiffer mit drei f!“) in der „Feuerzangenbowle“ die Oberprimaner in Babenberg aufmischt. Oder das Publikum verwandelt den Kinosaal an Halloween in einen Hexenkessel, wenn es in der „Rocky Horror Picture Show“ mit Konfetti und Toilettenpapier um sich wirft.
Entscheidungen fallen demokratisch
Entscheidungen im Kinobetrieb fällt der Verein auf demokratische Weise. „Alle haben ein Mitspracherecht und können ihre Ideen einbringen“, betont Lück. In der Filmauswahl setzen die Verantwortlichen vor allem auf Arthouse-Filme und Programmkino und schaffen damit einen wohltuenden Kontrast zum Einheitsbrei der Mainstream-Bluckbuster.
Einen freut dies alles ganz besonders: Wolfgang Skötsch, einer von zwei Brüdern aus der Kino-Familie, lebt mittlerweile im Taunus und beobachtet den Erfolg des Goli aufmerksam aus der Ferne. Als die NRZ ihn am Telefon erreicht, schlägt er einen emotionalen Ton an: „Wenn unsere Eltern das noch erlebt hätten, wären sie mit Sicherheit sehr stolz.“
Zum Jahresende gibt’s „Die Feuerzangenbowle“ – „Jeder nor einen winzigen Schlock!“ Am 30. Dezember um 20 Uhr zeigt das Goli den Komödien-Klassiker mit Heinz Rühmann. Einlass ist ab 19 Uhr. Um filmtypische Garderobe wird gebeten, ist aber keine Pflicht. Karten gibt es bei der KulTourbühne Goch unter 02823 / 320 202.