Aus der Grenzregion. In den Niederlanden nehmen Infektionen mit der britischen Coronavariante zu. Auch auf der deutschen Seite der Grenze ist die Mutation angekommen.

Die Corona-Lage spitzt sich zu: Zwar nehmen die Neuinfektionen nach Angaben des niederländischen Gesundheitsinstituts (RIVM) bereits die dritte Woche in Folge ab - doch bei unseren Nachbarn ist die sogenannte britische Virusmutation auf dem Vormarsch.

Sie ist ansteckender als die Ursprungsvariante und macht Schätzungen des RIVM zufolge bereits zehn Prozent der Neuinfektionen in den Niederlanden aus. Auch in NRW sind erste Fälle aufgetreten.

Test auf Mutation in Grenzregion

Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat am Mittwoch die Gesundheitsämter angewiesen, positive Corona-Tests auf der deutschen Seite der Grenze zu den Niederlanden auch auf das mutierte Virus zu untersuchen.

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Zwar seien die Niederlande vom Robert Koch-Institut anders als England nicht als Hochrisikogebiet eingestuft worden. Dennoch will Laumann wissen, was in den grenznahen Kreisen wie Kleve oder Borken los ist.

Corona-Mutation: Mann im Kreis Kleve infiziert

Am Mittwoch teilte der Kreis Kleve mit, dass bei einem Mann die Mutation B.1.1.7 nachgewiesen wurde. Die Ansteckung erfolgte wohl über ein Ehepaar aus Großbritannien.

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Landrätin Silke Gorißen warnt in diesem Zusammenhang vor Fahrten in die Niederlande: „Der Nachweis der englischen Corona-Mutation im Kreis Kleve führt uns in aller Deutlichkeit vor Augen, dass wir alle uns an die Hygiene- und Abstandsregeln halten müssen und dass jede Reise ein besonderes Ansteckungsrisiko mit sich bringt.“

Kreis Viersen: Deutschlandweit erste Infektion mit Mutation

Ein Sprecher des ebenfalls unmittelbar an der Grenze zu den Niederlanden gelegenen Kreises Viersen erklärte, man verfolge die Zahlen in den Nachbarregionen ebenso wie auf deutscher Seite. Ganz grundsätzlich appelliere man an Bürger, „sich bei jedem Pendelweg, jedem Ausflug und jedem Besuch von Bekannten die Frage zu stellen, ob es nötig und richtig ist“.

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Im Kreis Viersen selbst war im Dezember die deutschlandweit erste Infektion mit der britischen Corona-Variante entdeckt worden. Ein 58-Jähriger hatte sich bei Dienstreise bei einem Kollegen aus Tschechien angesteckt, ist mittlerweile aber genesen.

Derzeit gebe es noch keine verlässlichen Zahlen darüber, wie hoch die Anzahl der Infektionen mit der britischen Mutation in NRW sei, so Lungenspezialist Thomas Voshaar aus Moers. Nach „absolut groben Schätzungen“ liege der Anteil zwischen fünf und zehn Prozent.

Mutation: Fälle in Nimwegen bekannt geworden

Wie schnell die Mutation um sich greifen kann, hat sich jedoch in den Niederlanden gezeigt. Das niederländischen Gesundheitsinstitut RIVM geht davon aus, dass sich die Mutation bereits im gesamten Land verbreitet hat. Es seien auch Fälle in Richtung Nimwegen nahe der Grenze zu Nordrhein-Westfalen gemeldet worden.

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„Ende Dezember wurden zwei Cluster der britischen Variante in Amsterdam und Rotterdam entdeckt“, so ein Sprecher. „Wir erwarten, dass diese Variante im Laufe des Februars 50 Prozent der Infektionen ausmachen wird.“ Das spitzt die Lage in den Niederlanden weiter zu.

Erste Welle der Mutation in den Niederlanden

„Wir sind Zeuge der ersten Welle der britischen Variante, die sich noch unter dem Radar verbreitet“, sagt Professor Alexander Friedrich von der Fakultät für medizinische Mikrobiologie und Infektionsprävention der Universität Groningen.

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Eine Ausgangssperre, wie sie in den Niederlanden im Gespräch ist, sei eine angemessene Maßnahme, um die Verbreitung der britischen Variante vor allem unter Jüngeren einzudämmen.

Ausgangssperren: "Akt reiner Verzweiflung"

Lungenspezialist Voshaar aus Moers sieht das anders. Ausgangssperren seien ein Akt „reiner Verzweiflung“. „Wir müssen besser mit jungen Menschen kommunizieren, ihnen sagen: Ihr habt es selbst in der Hand und müsst euch an die Regeln halten.“ Die Antwort könne nicht sein, einen immer strengeren Lockdown zu verordnen.

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„Es wird weitere Mutationen geben. Wir müssen lernen, damit zu leben“, sagt Voshaar. Die Regeln zur Infektionsverhinderung seien die gleichen wie bisher, auch wenn eine ansteckungsfähigere Variante sich ausbreitet. Ziel müsse es sein, die Regeln im Alltag auch längerfristig konsequent zu befolgen und noch vorhandene Lücken zu schließen. (red/dpa)